FINANZPLATZ SCHWEIZ & EXPERTISE: Single Family Office & Ökosystem – Asset Management, „Investment Club“, Kunst & Blockchain (Interview – Markus Schwingshackl, Centro LAW)

Single Family Office, Knowhow, Netzwerke und die gemeinsame Klammer «Ökosystem» – Markus Hill sprach für FONDSBOUTIQUEN.DE mit Markus Schwingshackl, Centro LAW, über Themen wie Gedankenaustausch, Positionierung sowie Professionalisierung in den Bereichen Asset Allocation und Asset Management. Club Deal, «Investment Club», Private Equity, Immobilien und Family Office-Konferenzen waren ebenso Themen des Gespräches wie auch «Geben & Nehmen», Kunst und Blockchain.

Hill: Wie sehen Single Family Office Ökosysteme aus?

Schwingshackl: Single Family Offices sind Wealth Management Dienstleister für eine Familie, die in den seltensten Fällen sämtliche Dienstleistungen intern erbringen können. Das Family Office ist zwangsläufig Teil eines Ökosystems, in dem es mit Spezialisten, Beratern und anderen Marktteilnehmern zusammenarbeitet, ohne seine Unabhängigkeit zu verlieren. Es gib hierzu keine Plug and Play Plattformen, denen man sich einfach anschliessen kann. Vielmehr gilt es bereits in der Planungsphase zu verstehen und zu definieren, wie ein Single Family Office sich positionieren, die Ausrichtung umsetzen und mit anderen Teilnehmern eines Ökosystems interagieren kann. Das Family Office bezieht in einer solchen Umgebung nicht nur einseitig Dienstleistungen, sondern zielt insbesondere auch auf positive Netzwerkeffekte und Partnerschaften ab, die beispielsweise in den Bereichen Investitionen oder Administration entstehen können. Partnerschaften waren immer schon wichtig für Family Offices, haben aber durch die fortschreitende Professionalisierung der Industrie einen noch höheren Stellenwert erhalten. So öffnen sich Single Family Offices immer mehr, um ihr Dienstleistungsspektrum zu verfeinern und mit weiteren Marktteilnehmern zusammen zu arbeiten, sodass der Zweck und Nutzen eines Ökosystems weit über das herkömmliche Outsourcing hinaus geht.

Hill: Wie entstehen solche Ökosysteme in der Praxis?

Schwingshackl: Viele Familien erkennen den Mehrwert von Partnerschaften und Netzwerken in ihrer geschäftlichen Tätigkeit. Für ihr Family Office bleibt er Ihnen allerdings manchmal verborgen, da sie von einem intransparenten Umfeld ausgehen. Oft sind es dann die Führungspersonen des Single Family Offices, die informell Kontakte zu anderen Markteilnehmern knüpfen, um Erfahrungen auszutauschen. Auch können Berater hier den Anstoss geben, indem sie gleichgesinnte Family Offices in Kontakt bringen. Darüber hinaus kann die Positionierung der Anlagen, z.B. Impact Investing, den Zugang zu Ökosystemen ermöglichen, in denen unterschiedliche Akteure zum Erreichen übergeordneter Ziele zusammenarbeiten. Idealerweise werden Ökosysteme und ihr Nutzen schon in die Planung des Family Offices mit einbezogen. Am Beginn des Assessments steht die Entflechtung der gesamten Wertschöpfungskette in ihre einzelnen Komponenten (Unbundling), um dann mittels Technologie als Zentrum und Drehscheibe eine Neubündelung mit internen und externen Kapazitäten vorzunehmen (Rebundling). Intern ist es hilfreich, wenn der anfängliche Fokus auf den Hauptkapazitäten liegt und man erst dann zu einem nachfolgenden modularen Ausbau übergeht. Eine weitere Voraussetzung für die erfolgreiche Teilnahme an Ökosystemen ist ein klarer interner Governance Rahmen mit dazugehörigen Richtlinien und Prozessen, um Schnittstellen effizient gestalten zu können. Externe Agilität ermöglicht es zudem, neue und sich verändernde Bedürfnisse schnell und effektiv zu bedienen, ohne interne Abläufe jeweils neu definieren zu müssen. Die zentrale Steuerung aller Aktivitäten verhindert dabei einen allenfalls ausufernden Opportunismus oder Aktivismus, um der festgelegten Ausrichtung treu zu bleiben. Abgerundet wird der Rahmen mit der strategischen Vorgabe hinsichtlich Partnerschaften mit gleichgesinnten Marktteilnehmern, die sich an gemeinsamen Werten und Überzeugungen orientieren.

Markus Schwingshackl, Centro LAW
Markus Schwingshackl, Centro LAW

Hill: Gibt es hierbei Grundsätze, die man befolgen sollte?

Schwingshackl: Die Bedürfnisse der Familie stehen im Vordergrund, um die Ausrichtung zu definieren. Zudem ist Klarheit in der Planung und Umsetzung erforderlich. Familien wollen ihr Family Office optimal einsetzen und nutzen, wobei jede Familie und Situation ihre eigenen Herausforderungen mit sich bringen. Einen Grundsatz würde ich bei Family Offices generell beachten: Investment Management und Kontrolle sollten nicht unter demselben Dach erfolgen. Natürlich sind Ausnahmen möglich, erfordern dann aber sehr strikte Kontrollmechanismen mit allenfalls externer Unterstützung, um eine aktive und effektive Steuerung und Überwachung sicherzustellen. Die Abstimmung der Werte und Überzeugungen ist ein weiterer entscheidender Erfolgsfaktor, der mit jedem Teil des Ökosystems gegeben sein muss. Zudem sollten Abhängigkeiten durch eine klare Definition der extern bezogenen Dienstleistungen und entsprechende Nachfolgeregelungen vermieden werden. Je stärker die Familie und das Family Office nach innen blicken, um ihre Werte und Motivationen zu erfassen, desto einfacher werden sie die Aussenwirkung steuern können, die letztendlich die Qualität des jeweiligen Ökosystems beeinflussen wird.

Hill: Welche weiteren Optionen haben Single Family Offices, um ihr Ökosystem zu erweitern?

Schwingshackl: Ideal sind der Austausch und die Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Single Family Offices, sowohl regional und als auch international. Es erstaunt mich manchmal, wie einsam Family Offices Herausforderungen gegenüberstehen, die man in Zusammenarbeit mit anderen Akteuren effizient lösen könnte. Dabei sind Co-Investments mit anderen Family Offices ein guter erster Schritt, der von spezialisierten Investment Boutiquen und Brokern begleitet werden kann. Für grössere Family Offices können sich auch Club Deal Strukturen anbieten, die von anderen Family Offices oder Private Equity Firmen geführt werden. Ausschlaggebend für die Qualität solcher Ökosysteme ist stets der partnerschaftliche Gedanke, d.h. wer nur einen Investitionsvorteil für sich selbst sucht, wird lediglich oberflächlich vom positiven Netzwerkeffekt profitieren. Man muss sich bewusst sein, dass ein aktiver Beitrag zum Ökosystem notwendig ist und auch von den anderen Teilnehmern gefordert wird. Dem Sweetspot nähert man sich an, wenn die Bereitschaft zur Partnerschaft und die Beitragskapazität in grösstmöglichem Umfang gegeben sind. Für den Markteintritt in neue Regionen sind ein entsprechendes Netzwerk und Partnerschaften ebenfalls essenziell. Dabei kann das Ökosystem organisch wachsen oder gezielt ausgebaut werden, um Gemeinschaft, Vertrauen und nachhaltige Beziehungen zu fördern. In der Praxis sehe ich aktuell eine erhöhte Nachfrage nach Veranstaltungen, die einen vertrauten Rahmen zum Austausch, Teilen von Erfahrungen und zur Anbahnung von Partnerschaften bieten. Als Konferenz getarnte Sales Events ziehen immer weniger Single Family Offices an. Mittlerweile gibt es auch weltweit Family Office Vereinigungen und Zusammenschlüsse, in denen Mitglieder bewährte Vorgangsweisen teilen und gemeinsam Investitionen tätigen.

Hill: In welchen Bereichen sehen Sie für Single Family Offices noch Nachholbedarf?

Schwingshackl: Im Bereich Vermögensverwaltung hat man mittlerweile ein sehr hohes Niveau erreicht und insbesondere in der Governance umfassende Richtlinien zur Asset Allocation, der Kontrolle und dem Investmentprozess implementiert. Damit ist man langfristig auf den Erhalt des Familienvermögens ausgerichtet. Viele Single Family Offices vernachlässigen allerdings die Einbindung der nächsten Generation sowie das Estate Planning und die Nachfolgeregelung. Diese Bereiche sind meines Erachtens mindestens genauso wichtig, um Vermögen über Generationen zu erhalten. Es gibt viele Gründe für diesen Umstand. Die aktuelle Generation kann von Unbehagen dem Thema gegenüber geleitet sein, keine Kontrolle abgeben wollen oder die nächste Generation als noch zu jung ansehen. Die nächste Generation verlangt demgegenüber mehr Transparenz sowie Mitbestimmung. Sie sieht sich als vorübergehende Vermögensinhaber für nachfolgende Generationen und will Vermögen entsprechend gestalten. Diese Themen gehen oft am Single Family Office vorbei, obwohl gerade der Zugang zur nächsten Generation wichtig wäre, um eine langfristige Beziehung aufbauen und individuelle Bedürfnisse frühzeitig erkennen zu können.

Hill: Wenn Sie sich Ihr nächstes Family Office Projekt aussuchen könnten, wie würde es aussehen?

Schwingshackl: Mich reizt jedes meiner Family Office Projekte, weil alle einzigartig sind und jedes Mal neue individuelle Lösungen erfordern. Besonders spannend würde ich allerdings einen geschlossenen Investment Club von Single Family Offices finden, die sich Research, Due Diligence und Deal Structuring Kapazitäten teilen. Dies im Gegensatz zu Club Deals, in denen ein Family Office oder eine Private Equity Firma den Lead haben, oder ähnlichen Strukturen, die auf Betragsverpflichtungen in Investionsvehikel beruhen. Ein zentrales Team entwickelt basierend auf der Einschätzung der globalen Wirtschaft und Finanzmärkte die House View, aus der die teilnehmenden Family Offices ihre strategische und taktische Asset Allocation ableiten. Die einzelnen Single Family Offices stellen Spezialisten je nach Bedarf für bestimmte Industrien, Themen und Regionen ab. Insbesondere Unternehmerfamilien haben in ihrer Industrie eine herausragende Fachkompetenz und ein feines Gespür für wirtschaftliche Trends, die interessante makroökonomische Einblicke ergeben können, die wiederum in die House View einfliessen. Insbesondere für Venture Capital und Private Equity liessen sich somit einzigartige Family Office Investitionsthesen entwickeln, die einzeln oder im Verbund umgesetzt werden. Das zentrale Team koordiniert und unterstützt darüber hinaus die Investitionsaktivitäten, allenfalls auch mit einer gemeinsamen Fondsstruktur, die zusätzlich noch direkte Co-Investments ermöglicht, um mit individuellen Laufzeiten zu investieren. Für alternative Anlagen und direkte Investitionen würde man so ein noch höheres Level erreichen und einen stärkeren Gegenpol zu institutionellen Investoren darstellen können.   

Hill: Neben dem Bereich Single Family Offices beschäftigen Sie sich auch mit Kunst und Blockchain. Wie sind Sie auf dieses Thema gestossen?

Schwingshackl: Kunst spielt für Vermögensinhaber und Family Offices regelmässig eine bedeutende Rolle und stellt einen beträchtlichen Teil ihres Gesamtvermögens dar. Damit ergeben sich zwangsläufig rechtliche Fragen zu Transaktionen, Stiftungen und Estate Planning. Mit der Blockchain Technologie beschäftige ich mich seit mehreren Jahren, da ich Investitionen meiner Kunden begleite und sie in regulatorischen Belangen berate. Durch den NFT (Non-Fungible Token) Boom haben sich die Bereiche Kunst und Blockchain für mich vereint und zu einem weiteren Tätigkeitsfeld geführt, das mich fasziniert und fachlich herausfordert. Die Tokenisierung von Kunstwerken eröffnet neue Perspektiven im Markt und wird bereits von einigen Banken angeboten, um Token in Kundenportfolios einzubuchen.


Markus Schwingshackl ist Rechtsanwalt und Gründer der Boutique Rechtsanwaltskanzlei Centro LAW in Zürich und unterstützt internationale VermögensinhaberInnen, UnternehmerInnen und ihre Familien bei der Navigation durch die Komplexität von Family Offices, Wealth Planning, Estate Planning und Wealth Management.

Rechtsanwaltskanzlei Centro LAWwww.centrolaw.ch

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