„Family Office in a Box“, Stiftungen, Asset Allocation, Dachfonds, Fondsselektion und Fondsboutiquen – Markus Hill sprach für FONDSBOUTIQUEN.DE mit Martin Friedrich, Lansdowne Partners Austria GmbH, über diese Themen sowie über die Bedeutung von Kapitalmarktforschung für den eigenen Investmentprozess, 3-Jahres-Track Record sowie über die Freude am fachlichen Gedankenaustausch in Frankfurt am Main.
Hill: Was genau bedeutet der Begriff „Family Office in a Box“ im Zusammenhang mit Ihrem Hause?
Friedrich: Das ist eine wirklich interessante Frage. Ich verwende diesen Begriff manchmal, um den von mir initiierten Lansdowne Endowment Fund prägnant zu beschreiben. Die Bezeichnung passt gleich aus mehreren Gründen sehr gut: Erstens handelt es sich um ein klassisches Gesamtvermögenskonzept: Der Fonds ist in sich massiv diversifiziert, und dennoch über ein einziges Wertpapiergeschäft bequem investierbar. Zweitens implementieren viele hochvermögende Familien im Rahmen ihrer hauseigenen Vermögensverwaltung einen vergleichbaren Anlageprozess. Family Offices sind – genauso wie Endowments – institutionelle Anleger mit tiefen Taschen, und einem langfristig orientierten Anlageprozess. Wir teilen also ein und dieselbe Anlagephilosophie mit Family Offices, auch wenn in der konkreten Umsetzung regulatorisch bedingte Unterschiede existieren.
Hill: Was genau steckt hinter dem Begriff „Endowment-Ansatz“ und in welchem Sinne genau besteht ein Zusammenhang zum allgemein bekannten Stiftungs-Begriff im deutschen Sprachraum?
Friedrich: Nun, die wörtliche Übersetzung von Endowment ist wahrscheinlich sogar „Stiftung“. Endowments sind in England seit hunderten von Jahren bekannt. Die Idee ist recht einfach: gemeinnützige Institutionen wie Hochschulen oder Spitäler mit einem Vermögen auszustatten, welches den Bestand der Institution sichert und damit gleichzeitig auch ihre Unabhängigkeit sicherstellt. Endowments tun dies, indem sie den Betrieb der begünstigten Institutionen subventionieren – im Fall der Universität Yale machen diese Beiträge rund ein Drittel des gesamten Budgets aus! So gesehen ist der Zweck der Vermögensanlage oftmals vergleichbar. Freilich gibt es auch Unterschiede, insbesondere in der Regulatorik und der Ausgestaltung der Anlagepolitik. In Deutschland hat sich der Staat herausgenommen, die „Geschäfts-Gebahrung“ von Stiftungen sehr viel stärker zu beeinflussen, als dies bei US-amerikanischen Endowments der Fall ist.
Hill: Wie sieht Ihr Investmentprozess konkret aus?
Friedrich: Wir bieten unseren Anlegern einen Anlageprozess, wie er typisch für institutionelle Großanleger ist. Ich kann das mit Autorität sagen, weil ich im Laufe meiner schon fast 30-jährigen Karriere im Finanzmarkt mit vielen solchen Institutionen zu tun hatte. Ich habe dabei gelernt, dass natürlich jede Institution individuell ist. Trotzdem geben sich solche Vermögen eigentlich immer eine strategische Vermögensstruktur, welche dann natürlich implementiert werden muss. Im Fall von Endowments werden dafür fast immer Mandate an externe Manager vergeben. Somit sind strategische Allokation und Manager Selektion elementare Basis-Bausteine eines solches Investmentprozesses. Bei uns kommen dann noch taktische Allokation und Overlay-Strategien dazu. Auch diese Prozessschritte finden sich häufig bei institutionellen Akteuren, auch wenn Umfang und Ausgestaltung in der Praxis stark variieren; hier scheiden sich die Geister, ganz klar. Aber das Prinzip, seinen Investmentprozess in eine Wertekette mehrerer aufeinander folgender Schritte zu gliedern, steht außer Debatte.
Hill: Welche Bedeutung hat hier die Kapitalmarktforschung für Sie?
Friedrich: Nun, wir haben noch nicht über die Investmenterfolge unserer Identitäts-Spender gesprochen. Tatsächlich aber sind speziell die Endowments US-amerikanischen Eliteuniversitäten wie Yale, Harvard oder Stanford wirklich interessante Vorbilder. Ein Grund dafür ist, dass diese Anstalten ab etwa der Mitte des 20. Jahrhunderts hochspezialisierte, mit Experten besetze Investmentbüros geschaffen haben. Diese Einheiten haben dann von der Nähe zur Kapitalmarktforschung profitiert, welche an ebendiesen Universitäten betrieben wurde und wird. Im Ergebnis hat das Endowment von Yale seit 1998 jährliche Erträge von über 12% abgeliefert – in einem Zeiraum, in dem Aktien 4,5% und Anleihen 4,7% geliefert haben. Der Lansdowne Endowment Fund macht sich diese Beobachtung zunutze, indem wir in der Konzeptionierung und bei unseren Optimierungsprozessen immer wieder auf wissenschaftlich abgesicherte Methoden zurückgreifen. Ebenso arbeiten wir laufend mit wissenschaftlichen Methoden an der Weiterentwicklung unserer Modelle.
Hill: Sie sind Dachfondsmanager. Wie identifizieren Sie exzellente Fondsmanager?
Friedrich: Genauso wie andere institutionelle Anleger auch: durch Datenbanken, Suchaufträge und durch persönliche Gespräche. Die Kriterien bei der Auswahl sind immer dieselben: erstens, die Qualität der Menschen hinter den Fonds. Zweitens, die Qualifikation der Akteure. Drittens versuchen wir ihre Motivation zu verstehen: welche Anreize werden den Entscheidungsträgern durch die sie umgebende Organisation gesetzt. Im Investment-Management existieren immer so genannte Prinzipal-Agenten Konflikte; je nach Ausgestaltung der Anreiz-Systeme können diese weitgehend mitigiert oder aber verstärkt werden. Zuletzt müssen wir den Investmentprozess unserer Zielfonds natürlich so gut wie möglich verstehen. Wir haben dabei vielleicht einen kleinen Vorteil, weil wir selbst taktische Modelle für die Anlageklassen des Endowment Funds betreiben. Das zwingt uns, die Ertragstreiber und Risiken der einzelnen Kapitalmarktsegmente wirklich sehr gut zu verstehen. Mit diesem Wissen ausgestattet, können wir mit unseren Managern auf Augenhöhe diskutieren. Ich hoffe, dass wir so gute Entscheidungen bei der Auswahl treffen.
Hill: Welche Rolle spielen Fondsboutiquen in diesem Prozess?
Friedrich: Boutiquen spielen eine wichtige Rolle in unserem Fonds. Im Asset Management ist ein größeres Team nicht immer besser. Kleine Einheiten die effizient geführt sind und kurze Entscheidungswege haben, können oft sehr erfolgreich agieren. Ihre Unabhängigkeit hilft ihnen dabei, stil-treu zu bleiben. Allerdings müssen wir von Fall zu Fall abschätzen, ob das Team für seine Aufgabe auch alle nötigen Ressourcen verfügbar hat.
Hill: Sie weisen ja mittlerweile einen 3-jährigen Track Record für Ihren Fonds aus. Wie hat sich der Fonds in dieser Zeit entwickelt?
Friedrich: Ich habe mir unlängst eine alte Präsentation aus dem Jahr 2019 herausgesucht. Zum Zeitpunkt der Lancierung des Fonds hatten wir die Erwartung formuliert, mit unseren speziellen Vermögensstruktur einen Ertrag von durchschnittlich 3,91% über sieben Jahre erwirtschaften zu können. Mir wurde damals gesagt, das sei zu wenig. Heute liegen wir mit einem Gesamtertrag von 13,1% bei exakt 4,1% jährlicher Rendite, und damit erstaunlich nahe an unserer damaligen Modellrechnung.
Spannend wird es allerdings, wenn wir den Endowment Fund gegen die investierbaren Alternativen stellen: denn da stellen Sie fest, dass sich der Fonds in den Top 10% der Peergruppe wiederfindet. Wir konnten einige großen Namen hinter uns lassen.
Hill: Wenn Sie das gegenwärtige makroökonomische Umfeld betrachten, wie sieht hier Ihr „Weltbild“ für die nächsten Jahre aus?
Friedrich: Bevor ich diese Frage beantworte, möchte ich vorausschicken, dass wir im Rahmen unserer Investmentaktivitäten keine Prognosen für makroökonomische Variablen wie Wirtschaftswachstum, Inflation oder ähnliches erstellen. Unsere Positionen sind daher auch nicht von einem bestimmten „Weltbild“ oder ähnlichem abhängig.
Trotzdem beobachten wir aber natürlich die volkswirtschaftlichen Begleitumstände auf das Genaueste, und müssen auch ihre Interaktion mit der Kursentwicklung aller Kapitalmarktsegmente verstehen. Unsere Interpretation der heutigen Situation lässt auf dieser Basis wie folgt zusammen fassen: die globale Konjunktur befindet sind in einer mehr oder minder synchronen Abschwächung. Manche Volkswirtschaften sind wahrscheinlich heute schon in einer Rezession, andere laufen darauf zu. Die Größe und Anzahl der verschiedenen Schocks – Coronabedingte Lieferkettenausfälle, De-Globalisierung, Krieg, überschießende Rohstoffpreise und die höchste Inflation seit fast 50 Jahren – lassen kaum einen andere Schlussfolgerung zu. Allerdings – und das wird von den meisten Kommentatoren geflissentlich übersehen – ist es in einem klassischen Wirtschaftszyklus eigentlich immer so, dass die Inflation ein nachlaufender Indikator ist. Das bedeutet: man sollte erwarten dürfen, dass eine sich konjunkturbedingt abschwächende Nachfrage mittelfristig auch in der Entwicklung der Konsumentenpreise ankommt. Von daher bin ich recht zuversichtlich, dass wir in 12 Monaten wieder deutlich niedrigere Inflationsraten sehen werden. Allerdings werden die Zinserhöhungen auf dem Weg dorthin im Kapitalmarkt nicht unbemerkt bleiben. Investoren sind gut beraten, ihre Portfolios breit zu diversifizieren und der – zwischenzeitlich aus der Mode geratenen – Komponente Bewertung wieder mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
Hill: Sie sind in Wien tätig. Sind Sie häufiger auch in Deutschland unterwegs?
Friedrich: Klar, ich bin in der dritten Juliwoche bereits wieder in Frankfurt, und plane dann zusätzlich für den Herbst eine Reihe von weiteren Terminen. Vielleicht sieht man sich dann sogar persönlich, bei einem spannenden Vortrag und beim fachlichen Gedankenaustausch vor Ort, ich schätze diese Gespräche sehr.
Hill: Ich wünsche Ihnen vorab schon interessante Termine in Frankfurt. Vielen Dank für das Gespräch.
Martin Friedrich ist Portfoliomanager des Lansdowne Endowment Fonds und Head of Research. Er kam im Januar 2019 zu Lansdowne Partners Austria von HQ Trust, einem der größten unabhängigen Multi-Family Offices in Deutschland. Herr Friedrich war dort seit 2009 beschäftigt, zuletzt als Leiter der Kapitalmarktanalyse und Co-Chief Investment Officer. Zusätzlich betreute er Kundenportfolios und war zuständig für den Investmentprozess von LIQID, einem Fintech Unternehmen in Berlin.
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