FONDSBOUTIQUEN & PRIVATE LABEL FONDS: Hidden Champions, FONDSTIQUE, „Full-Service-KVGen“, Golfplatz & Socializing (Interview – Andreas Hausladen, HANSAINVEST)

Webinare und digitale Messen stoßen derzeit bei Investoren im Fondsbereich auf ein zunehmendes Interesse. Markus Hill sprach für FONDSBOUTIQUEN.DE mit Andreas Hausladen, HANSAINVEST, über Erfolgsfaktoren für Fondsboutiquen, „Full-Service-KVGen“ und über die persönlichen Gründe seiner Faszination für dieses Marktsegment, für die Hidden Champions der Fondsindustrie. Zusätzliche Themen im Gespräch waren die Herausforderungen für die Asset Management-Branche im Bereich der digitalen Kommunikation, sowie Konzept und Inhalte des neuen Veranstaltungsformats FONDSTIQUE (Veranstaltung, 15.10.2020).

Hill: Sie beobachten die Branche intensiv und aufmerksam. Wie hat sich das Marktsegment Fondsboutiquen Ihrer Meinung nach im Laufe der Zeit entwickelt?

Hausladen: Der Markt der Fondsboutiquen entwickelt sich seit mehr als 30 Jahren in Deutschland in der nun dritten Generation. Starke Veränderungen wie stetig wachsende Regulierungsdichte und Verengung der Vertriebskanäle haben den Markt nicht wirklich bremsen können, sondern die Branche hat hierfür ihre Lösungen ständig intelligent weiterentwickelt. Die operationale Qualität muss sich mittlerweile nicht mehr hinter großen Fondshäusern verstecken. Im Gegenteil: Zumindest bei den bankenunabhängigen, neutralen Service-KVGen mit offener Architektur ist ein individuell optimiertes Set-up möglich. Es hat sich aus verschiedenen Anbietern ein eigenes Ökosystem herausgebildet mit starken Konzentrationstendenzen aufseiten der Serviceanbieter. Aber umgekehrt war es aufgrund der sich stetig weiterentwickelnden Servicetiefe nie einfacher als heute, einen „eigenen Fonds“ zu lancieren. Die organisatorische Professionalität kommt von der Service-KVG und ihren Partnern, der Asset-Manager legt seinen Fokus auf die Qualität des Konzeptes, sodass die Produkte in Qualität und Flexibilität oft „outstanding“ sind. Am Rande bemerkt: Aufgrund der vielfältigen Unterstützung der Fondsinitiatoren müssten diese Dienstleister mittlerweile eher „Full-Service-KVG“ genannt werden.

Andreas Hausladen, HANSAINVEST
Andreas Hausladen, HANSAINVEST

Hill: Wem wird hier die Zukunft gehören?

Hausladen: Die Fondsinitiatoren haben sich extrem professionalisiert und stellen immer öfter die richtigen Fragen: Die Erfolgsfaktoren sind ein klarer Kundenfokus, Innovationsstärke, eine gewisse Größe, die aber noch Flexibilität und Kundennähe zulässt, eine offene Architektur, eine State-of-the-Art IT-Plattform und Spezialisten-Know-how, auch bezüglich ESG. Neuerdings – nicht zuletzt getrieben durch die sich weiterhin krisenhaft entwickelnden systemischen Risiken – rücken aber auch ganz neue Aspekte in den Vordergrund. So zum Beispiel das Counterparty-Risk einer KVG, das vielen anscheinend bislang gar nicht richtig bewusst gewesen ist. Daher werden insbesondere von den professionelleren Fondsinitiatoren verstärkt Substanz- und Risikoaspekte einer akribischen Überprüfung unterzogen. Nachhaltigkeit und Glaubwürdigkeit sind auch auf der materiellen Ebene Trumpf. Dieses neue „kritische Denken“ ist allerdings noch nicht überall angekommen. Im Gegensatz zum Private-Label-Fondsmarkt schaut man im Spezialfondsbereich mit der von Consultants geprägten Landschaft nach unserer Beobachtung erst seit Kurzem nun auch genauer hin. Im Verhältnis zum Geschäftsumfang sind hier eigenkapitalstarke Häuser mit geringen Komplexitätsrisiken und einer stabilen und langfristigen Eigentümerstruktur, wie die HANSAINVEST mit der Signal Iduna als Mutter, in den Augen der Fondsinitiatoren deutlich im Vorteil als starker und verlässlicher Partner.

Hill: Sie sind schon seit circa 20 Jahren im Service-KVG-Bereich tätig. Wie sehen Sie persönlich Ihre Rolle in diesem Bereich? Woher kommt Ihre Begeisterung für die „kleinen Häuser“?

Hausladen: Schon vor meiner Zeit bei Service-KVGen konnte ich als Pionier mehr als zehn Jahre lang im Bankenbereich den ersten Boutiquenfonds am Markt in der Fondsselektion und durch Öffnung der konventionellen Vertriebswege ihre verdiente Geltung verschaffen. Insofern habe ich seit mehr als 30 Jahren eine große Leidenschaft für unabhängige Denker und kreatives Unternehmertum. Und es sieht nicht so aus, als ob es in den nächsten Jahren langweiliger werden würde: Der Private-Label-Fondsmarkt ist in Gründerzeitstimmung. In Phasen von Finanz- und Wirtschaftskrisen, wie auch jetzt wieder, entstehen sogar verstärkt ständig neue innovative Ansätze, die in der konventionellen Fondswelt in keine herkömmliche Produktpalette passen oder als Nischenstrategie bestimmten Profitabilitätsvorstellungen der großen Häuser einfach nicht genügen. Da sind wir gerne Geburtshelfer. Viele besondere und erfolgreiche Konzepte haben sich mittlerweile zu einer großen und unverzichtbaren Bereicherung der Investmentwelt addiert.

Hill: Wie kommt man auf die Idee für eine digitale Messe? Reichen die analogen Formate nicht mehr, um die Fondsinitiatoren im Markt sichtbar zu machen?

Hausladen: Mein langjähriges Wirken bei Banken und KVGen stand immer schon unter dem Vorzeichen, eine starke Stimme und Plattform für die Unabhängigen zu sein sowie die Kräfte zu einen und zu bündeln. KVGen wie die HANSAINVEST können durch Unterstützung bei Vertrieb und Marketing dabei helfen, dass die kleinen Häuser schneller eine kritische Masse beim Fondsvolumen erreichen können. Auch auf Investorenseite werden diese Vorzüge erkannt. Darüber hinaus wächst ein großes Feld der Selbstentscheider in einer Welt heran, in der professionelle Infos quasi gratis online verfügbar sind. Wie finden nun beide Seiten in dem digitalen Paralleluniversum zusammen? Die alte Welt hat gut funktioniert, aber wird das auch in der digitalen Welt möglich sein? Die Investorenmatrix verschiebt sich durch die digitalen Möglichkeiten neuer Reichweiten nicht nur horizontal, sondern es tun sich auch vertikal im B2C-Markt ganz neue Möglichkeiten auf. Die Geschichtsschreibung wird wohl Covid-19 posthum die Turbodigitalisierung als großen Verdienst ins Stammbuch bei Wikipedia schreiben. Natürlich ersetzen neue digitale Formate nicht den persönlichen Kontakt. Sie bilden aber eine mehr als sinnvolle Ergänzung, sozusagen das digitale Format als „Anwärmphase“ für den eventuell später dann folgenden Direktkontakt von Investor und Fondsinitiator. Bei bestehenden Kontakten sind diese Formate eine willkommene Abwechslung in der Kommunikation. Falls keine Zeit für ein persönliches Wiedersehen besteht, dann bietet unsere digitale Fondsmesse www.FONDSTIQUE.de eine angenehme, unkomplizierte Möglichkeit, um in Kontakt zu bleiben und diesen zu vertiefen.

Hill: Was ist das Besondere an Ihrer FONDSTIQUE?

Hausladen: Die FONDSTIQUE ist ein weiterer Schritt, das Feld der Möglichkeiten auf spannende Weise zu erweitern, eine weitere Experimentierwiese mit hohen Lernkurven. Es ermöglicht Investoren und Anbietern, mit hoher Effizienz in Kontakt zu treten und sich zu informieren. Wegfallende Reisezeiten, punktgenaue Informationen und die starke Kostenersparnis sind für beide Seiten unschlagbare und einleuchtende Argumente. Der Weg ist klar vorgezeichnet: Die bisherige Vertriebswelt verändert sich gerade disruptiv und wird uns noch überraschen. Die HANSAINVEST wird auch hier eine der führenden Plattformen der Digitalisierung sein. Ein wesentlicher Punkt ist sicher auch, dass viele, teilweise noch eher unbekannte Fondsboutiquen auf der Veranstaltung wertvolle fachliche Anregungen in Vorträgen und bei Paneldiskussionen geben werden. Dieser Input wird sicher sehr spannend, leben Fondsboutiquen ja gerade von ihren unabhängigen Vordenkern, die diese so erfolgreich machen. Es wird zudem einen interessanten Eröffnungsvortrag geben von Kai Diekmann zur Zukunftsfähigkeit Deutschlands auf dem Feld der Digitalisierung. Auch die Paneldiskussionen sind hochkarätig besetzt mit meinungsstarken Marktteilnehmern wie Lenny Fischer, Marc Friedrich, Dimitri Speck, Robert Halver und anderen renommierten Anlageexperten.

Hill: Ich habe schon häufiger an ähnlichen Formaten teilnehmen dürfen. Einloggen, Daten hinterlegen und starten – schon ist man bereit. Die Technik ist eine Sache, hat aber auch ihre Tücken. Wo sehen Sie in Zukunft die Chancen und Risiken dieser Formate?

Hausladen: Es wird sich zeigen, ob die Akzeptanz für die digitalen Formate steigen und ob es eine Konstanz bei der Aufmerksamkeit des Publikums geben wird. Ich beobachte schon länger auch die „hybriden“ Formate in diesem Bereich. Sicher ist auch zu beachten, dass sich hier die Generationen im Informationsverhalten unterscheiden. Den „Jungen“ wird oft zugeschrieben, dass alles möglichst digital zu erfolgen hat, den „Alten“ wird teilweise Technikverweigerung unterstellt. Meiner Ansicht nach muss das keineswegs zutreffen. Wird die Akzeptanz für neue Wege durch die Corona-Situation nun sprunghaft und nachhaltig auf ein neues Level steigen? Werden sich Hybrid-Formate etablieren oder weiter schwer tun? Was man zumindest so feststellen kann: Man findet eben häufig nicht mehr über Golfplatz und Fußball als Socializer zusammen. Diese Kontaktschienen prägt das Geschäftsleben immer weniger. Digitale Formate kranken wiederum aber immer noch an der mangelnden Reichweite und Vermittelbarkeit. Funktioniert womöglich nach Covid-19 weder das eine noch das andere plötzlich nicht mehr richtig, weil hier lieb gewonnene Gewohnheiten der Branche einen so massiven „Dämpfer“ erlebten? Das wäre fatal. Ungeklärt ist auch, inwieweit institutionelle Investoren verstärkt die digitalen Möglichkeiten – nicht zuletzt durch eingeschränkte Reisebudgets und den enormen Effizienzgewinn – für sich entdecken. Diesen zahlreichen Fragen stehen die beeindruckenden Chancen und Vorteile gegenüber. Gegenwärtig werden vielen digitale Formate getestet, auch wir wollen damit das Segment der unabhängigen Fondsboutiquen zusätzlich unterstützen. Aber eins ist klar: Wir alle in unserer Branche sind hier aktuell noch demütig Lernende.

Hill: Vielen Dank für das Gespräch.


Andreas Hausladen ist Geschäftsführer bei der Service-KVG HANSAINVEST. Mit über 30 Jahren Branchenerfahrung verantwortet er die Abteilungen Sales & Relationship Management sowie Administration für den Bereich Financial Assets.

VERANSTALTUNGSHINWEIS (15.10.2020). „Die FONDSTIQUE ist eine der ersten virtuellen Messen im Fondsbereich für die gesamte Investmentbranche, die jeder ohne großen zeitlichen Aufwand besuchen kann. Fondsboutiquen und ihre Dienstleister präsentieren ihre individuellen Produkte. Egal ob Privatanleger oder institutioneller Investor, nutzen Sie die Chance und informieren Sie sich als Besucher über interessante Konzepte. Neben einem Keynote Speaker und drei Expertenrunden erwarten Sie eine Messerallye sowie knapp 50 Vorträge von 36 verschiedenen Ausstellern. Die Vorträge können über den Tag hin besucht werden und sind im Nachhinein noch ca. 4 Wochen abrufbar.“ Weitere Informationen und Anmeldung zur FONDSTIQUE: https://fondstique.de
„FRANKFURT – Am 15. Oktober organisiert die HANSAINVEST eine virtuelle Fondsmesse mit Namen FONDSTIQUE. Ziel ist es, wie bei Präsenzmessen, Fondsboutiquen, Asset-Manager, Vermögensverwalter und institutionelle wie private Anleger zusammenbringen – „nur ohne Händeschütteln und Corona“, so Andreas Hausladen im Gespräch mit HEDGEWORK.“

LINK ZUM INTERVIEW: https://www.hedgework.de/archiv_beitrag/fondstique-die-virtuelle-fondsmesse-im-september.html

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