FONDSBOUTIQUEN & PRIVATE LABEL FONDS: Family Offices und Fondsboutiquen – Seed Money, Inkubatoren und Goethe (Kommentar – Markus Hill)

Dicke Bretter bohren, einen langen Atem und viel Ahnung haben, das alles in Kombination mit tiefen Taschen – so, oder so ähnlich könnte man die Erfolgsfaktoren für einen Inkubator im Bereich Investmentfonds bezeichnen.
Ähnlich wie die Begriffe Family Office und Fondsboutique findet man im Bereich der langsamen, besonnenen „Brütern“ im Investmentbereich die unterschiedlichsten Ausprägungen. Warum sind Inkubatoren interessant und warum findet man so wenige im Markt?

Talent und Innovation

Lupus alpha ist als Fondsboutique bekannt. Zum einen aufgrund überzeugender Performance, zum anderen aufgrund mit der damaligen Einrichtung und später erfolgenden Schließung ihres Talenthotels für „Emerging Managers“. Die Besonderheit dieses Modells war, dass man sich hier bewusst auf weniger bekannte Manager (Track Record etc.) konzentriert hatte und hier Graswurzelarbeit im Segment Hedgefonds-Strategien für die Branche geleistet hatte. Unabhängig vom Ausgang des Experiments hat das Unternehmen hierdurch zusätzlich exzellentes Knowhow in der Bewertung komplexer, innovativer Strategien gewonnen.

Talent und Tradition

Im Gegensatz zum oben angesprochenen „Greenfield-Ansatz“ bei Lupus alpha gibt es seit Jahren durchaus eine kleine Industrie von Inkubatoren im Asset Management-Bereich. Diese werden kaum wahrgenommen. Alter Wein in neuen Schläuchen, es sind die typischen Adressen für Seed Money-Anfragen bei „klassischen“ Fondskonzepten im liquiden und nicht-liquidem Fondsbereich. Ähnlich wie im Bereich Family Offices und Club Deals läuft hier ein Großteil der Kommunikation innerhalb einer fast geschlossenen Community. Natürlich gibt es auch hier „Emerging Managers“, interessanterweise finden aber häufig eher traditionelle Konzepte mit oft geringerem Innovationsgrad Seed Money. Manager mit solidem Background, Asset Management-Vorgeschichte, eine besondere Ausprägung im Family Office-Bereich sind Manager, die man sich häufig selber entwickelt: Erst ein Fachmandat im Asset Management, später den eigenen Fonds unter Nutzung von Knowhow, Netzwerk und Infrastruktur des Family Offices. Natürlich gibt es Ausnahmen, wie zum Beispiel der Bereich Asset Management und KI (Künstliche Intelligenz) – viele Manager ohne klassischen Finanzhintergrund, aber genauso dem Druck unterliegend, neben zunächst überzeugenden Backtesting-Ergebnissen überzeugende reale Ergebnisse liefern zu müssen.

„Ambiguitätstoleranz“ und Sozialarbeit – Eigen- und Fremddefinition bei Inkubatoren

Klassische Seeder für Fondsprojekte findet man im Family Office-Bereich. Unternehmer reden gerne mit Unternehmern, verstehen Unternehmer und unterstützen gerne unternehmerisches Handeln. Man liebt Beständigkeit, ist Langfristdenker. Namen sind oft Schall und Rauch – Family Office, Investment Office, Private Office, Vermögensverwalter, klassische unabhängige Asset Manager, AIFM-Strukturen etc. werden oft und gerne in Bezug auf das Marketing verwendet: Interessant ist, dass viele dieser Organisationen sich nach außen hin nicht als Inkubatoren bezeichnen würden. In der klassischen Supervision (Sozialarbeit) gibt es den schönen Satz „Wer sich nicht selbst definiert, der wird definiert!“. Wenn man mit verschiedenen Häusern im Markt wie Paladin, Greiff capital management oder Lansdowne Partners Austria über diese Themen diskutieren würde, ergäbe sich ein interessanter Dialog. Wie im klassischen Family Office-Bereich werden Vor- und Nachteile von Visibilität im Markt unterschiedlich bewertet.

Rolle von Netzwerken für Inkubatoren und Fondsinitiatoren

Multiplikatoren, Kapitalverwaltungsgesellschaften wie Ampega, Hansainvest, Hauck & Aufhäuser sowie andere Dienstleister können in diesem Segment eine stärkere Rolle spielen. Die Häuser, die es neben reiner Administrationsleistung schaffen, langfristig überzeugende Antworten auf die Seed Money-Frage zu bieten, werden Wettbewerbsvorteile haben: Für Talente, die Inkubatoren auf Ihrer Seite haben, aber auch für Talente, die sozusagen als „Einzellösung“ ohne klassische Organisation operieren. Teile der Industrie entwickeln sich in kleinen Schritten in diese Richtung. Consultants, Multiplikatoren und Anbieter mit Mehrwert in Sachen Knowhow, Netzwerk und Services werden vom langfristigen Kapital geschätzt und auch langfristiges Kapital benötigt Branchen-Knowhow und Austausch von Wissen. Fonds sind Langfristprojekte, schon Goethe sagte: „Nicht Kunst und Wissenschaft allein, Geduld will bei dem Werke sein.“


Markus Hill ist unabhängiger Asset Management Consultant in Frankfurt. Seine Fachgebiete liegen in Marketing / Vertrieb / PR und in der Managerselektion. Hill beschäftigt sich intensiv mit Private Label Fonds, Fondsboutiquen und dem Einsatz von Publikumsfonds (Fondsselektion) bei Institutionellen.
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider.

Quelle: www.institutional-investment.de
Foto: www.pixabay.com

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