Asset Allocation und Fondsselektion stellen auch für Entscheider aus Family Offices in Corona-Zeiten eine besondere Herausforderung dar. Markus Hill sprach im Vorfeld eines gemeinsamen Family Offices-Panels mit Martin Friedrich, Lansdowne Partners Austria, über Auswahlkriterien für Fondsboutiquen und „traditionelle“ Asset Manager sowie über die aktuelle Einschätzung zum Themenkreis „Investment in illiquide Asset-Klassen“. Thematisiert im Gespräch wurden auch die unterschiedlichen Sichtweisen auf das Thema „Einsatz von Emerging Managers“ in Abgrenzung zum Portfolio Management beim Endowment-Fund-Konzept bei einer Organisation, die sich schon seit längerer Zeit als Inkubator im Asset Management-Bereich positioniert hat. Die differenzierte Sichtweise zur Managerauswahl wird ergänzt um Gedanken zum Thema Knowhow-Ausbau im eigenen Hause. (Veranstaltungshinweis: Wien, 15.10.2020, „Das Aktien-Rätsel in 2020“).
Hill: Nach welchen Kriterien wählen Sie Asset Manager aus?
Friedrich: Bei der Selektion gehen wir genauso systematisch vor wie bei allen anderen Investment-Entscheidungen. Zunächst bezieht sich jede Suche auf einen ganz spezifischen Bereich des Portfolios. Manager kommen für uns nur in Frage, wenn sie die Assetklasse, die wir investieren wollen, stiltreu und entsprechend unseren Top-Down Vorgaben abbilden. Wenn es viele Manager in einem Bereich gibt, engen wir die Auswahl zunächst über quantitative Filter ein. Die Filter sind dabei bewusst einfach gehalten. Kriterien wie Investierbarkeit im Rahmen unserer Strategie oder niedrige Kosten sind vorrangig. Danach erfolgt eine qualitative Beurteilung der aussichtsreichsten Kandidaten. Hierzu nehmen wir uns die Zeit, jede einzelne Strategie zu verstehen, zunächst auf Basis eines Studiums von schriftlichen Unterlagen und danach in persönlichen Gesprächen. Manchmal führen wir auch Querchecks mit externen Beratern durch. Zuletzt fragen wir uns, wie gut passt der Manager ins Portfolio? Wir stellen für jedes unserer Anlage-Segmente im Fonds ein Team von Managern zusammen. Und in einem guten Team ergänzen sich die Mitglieder untereinander. Die Stärken und Schwächen der verschiedenen Strategien sollten sich dabei ergänzen, idealerweise so, dass am Ende eins plus eins mehr als zwei ergibt.
Hill: Welche Asset-Klassen sind in Corona-Zeiten von besonderem Interesse? Hat sich eine Änderung im Anlageverhalten ergeben?
Friedrich: Die Asset-Klassen Struktur hat sich durch Corona teilweise verändert. Unsere Strategie ist zwar langfristig orientiert und lebt nicht davon, im Stakkato die Positionen zu verändern. Dennoch haben wir aufgrund der veränderten Datenlage im Juni die Gewichtung in Rohstoffen, Schwellenländern und inflationsgeschützten Anleihen erhöht. Zusätzlich sind wir aktuell übergewichtet in Absolute Return Strategien und Katastrophenanleihen.
Hill: Wie sehen Sie die Bedeutung von Investments in illiquide Asset-Klassen? Welche Art von Asset Managern ist für Sie von besonderem Interesse?
Friedrich: Illiquide Assetklassen sind traditionell wichtig für Endowment-Strategien, in unserem Fall kommen allerdings nur liquide Positionen in Frage, denn wir unterwerfen uns dem UCITS Regularium. Zum Glück kann man auch über börsennotierte Investitionen die Risikoeigenschaften von realen Anlagen wie Private Equity, Immobilien oder Infrastruktur sehr gut abbilden, insbesondere, wenn man einen langen Anlagehorizont hat. Der zusätzliche Vorteil, den wir hierbei sehen, sind generell niedrigere Bewertungen als im privaten Kapitalmarkt. Bei der Auswahl legen wir wiederum Wert auf einen hohen Spezialisierungsgrad der investierten Strategien in dem jeweiligen Universum. Auch ist es uns willkommen, wenn Manager unsere langfristige Philosohie teilen.
Hill: Sie arbeiten in einem Haus, dass selber „Inkubator“ neuer Fonds ist. Wie sehen Sie die Rolle von Emerging Managers bei der Asset Allocation im Allgemeinen?
Friedrich: Es stimmt, dass gerade das Wiener Büro von Lansdowne Partners immer wieder eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung neuer Ansätze im Fondsbereich gespielt hat. Es ist ein sehr hochkarätiges und schlagkräftiges Team, welches ich um mich habe. Zur Flexibilität eines solchen Umfelds kommt noch der Rückhalt einer hochprofessionellen Asset-Management Organisation. Diese Kombination bietet natürlich ein Riesen-Vorteil bei der Implementierung von innovativen Ideen. Die Situation ist etwas anders, wenn wir über den von mir gesteuerten Endowment Fund sprechen. Der Investmentprozess dieser Strategie benötigt in der Regel 3 Jahre Track Record. Allerdings gibt es in begründeten Fällen Ausnahmen: Zum Beispiel, wenn bekannte Strategien in einer neuen Form erscheinen. Dies kann der Fall sein, wenn Teams die Firma wechseln, oder wenn eine Strategie in einem anderen regulatorischen Umfeld bereits seit längerem existiert und dann neu im UCITS-Mantel bereitgestellt wird. Hier kann ich relativ flexibel agieren, muss aber natürlich auch die Verantwortung für solche Entscheidungen übernehmen.
Hill: Welche Bedeutung haben Fondsboutiquen bei der Asset Manager-Auswahl bei Ihnen?
Friedrich: Boutiquen haben den eben gerade dargestellten Vorteil, dass sie unbürokratisch auf Änderungen im Marktumfeld reagieren können und wir schätzen diese Anpassungsfähigkeit. Wir stehen deshalb mit etlichen kleineren Anbietern in stetem Austausch und sind bei einigen auch schon investiert. Aber es gibt auch Bereiche des Kapitalmarktes, wo ein großes Haus, wenn es gut organisiert ist, deutliche Vorteile genießt. Wenn Sie zum Beispiel zur Bewirtschaftung einer Assetklasse Zins, Währungs- und Kreditrisiken in 80 Ländern gleichzeitig im Blick haben müssen, sind die Ressourcen eines großen, international aufgestellten Hauses schon ein wesentlicher Vorteil. Am Ende kommt es auf die Mischung an. Wir sind eben gern diversifiziert, und das trifft auch auf die Managerauswahl zu.
Hill: Hat sich aufgrund von Corona Ihr Informationsverhalten bei der Manager-Selektion verändert?
Friedrich: Natürlich machen wir – so wie wahrscheinlich alle Investoren – heute mehr Videokonferenzen als 1-on-1 Meetings. Die Frequenz hat sich dadurch eher erhöht. Auch waren viele unserer Manager sehr proaktiv und haben im März und April von sich aus Konferenzschaltungen angeboten. Wir haben dieses Angebot gerne angenommen. Im Ergebnis habe ich extrem lange Stunden gearbeitet, was sich aber ausgezahlt hat – denn ich konnte viele der Manager dadurch noch besser kennenlernen.
Hill: Mit welchen Themenfeldern beschäftigen sich derzeit intensiver?
Friedrich: Am meisten mit der Vergrößerung des Teams! Wir möchten das Team vergrößern und führen gerade Vorgespräche. Zweitens wird das Manager-Portfolio laufend analysiert und wir finden gerade im heutigen Umfeld immer wieder großartige Möglichkeiten. Wenn alles stimmt, tauschen wir auch Positionen aus und führen damit selektive Verbesserungen durch. Das Motto dabei heißt allerdings „Evolution statt Revolution“.
Martin Friedrich ist Head of Economic & Market Research und Portfoliomanager des Lansdowne Endowment Fonds. Er kam im Januar 2019 zu Lansdowne Partners Austria von HQ Trust, einem der größten unabhängigen Multi-Family Offices in Deutschland. Herr Friedrich war dort seit 2009 beschäftigt, zuletzt als Leiter der Kapitalmarktanalyse und Co-Chief Investment Officer. Zusätzlich betreute er Kundenportfolios und war zuständig für den Investmentprozess von LIQID, einem Fintech Unternehmen in Berlin. Ebenso war er in der Wigmore Association aktiv.
Wigmore ist eine innovative globale Kooperation acht verschiedener Single-und Multi Family Offices.
LINK zu Lansdowne Partners Austria GmbH: https://www.lansdownepartners.com/austria
VERANSTALTUNGSHINWEIS: 15. Oktober 2020: ACG-Lunch im Wiener Lusthaus mit DI Martin Friedrich (Lansdowne Partners) als Gastredner (https://www.cdiconsult.com/neuigkeiten/), „Das Aktien-Rätsel von 2020“
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Ein Gedanke zu “FONDSBOUTIQUEN & PRIVATE LABEL FONDS: Family Offices, Managerauswahl, Inkubatoren & „Evolution statt Revolution“ (Interview – Martin Friedrich, Lansdowne Partners Austria GmbH)”