FINANZPLATZ FRANKFURT: Stiftungen, Asset Management, ESG – „Krimi, Rollski & Gin“ – Virtueller Tag für das Stiftungsvermögen – 12.5.2021 (Interview – Tobias Karow, STIFTUNGSMARKTPLATZ.EU)

Stiftungen, Asset Management, Fondsfibel & ESG, vom Portfoliomanager zum passiven „Portfoliokontrolleur“ – Markus Hill sprach für FONDSBOUTIQUEN.DE mit Tobias Karow, STIFTUNGSMARKTPLATZ.EU, über die aktuellen Herausforderungen für Stiftungsverantwortliche bei der Verwaltung des Stiftungsvermögens. Über die Bedeutung von Stifterwillen, Stiftungszweck und Anlagerichtlinie wurde ebenso gesprochen wie über Publikumsfonds, Krimi, Rollski und Gin (VERANSTALTUNGSHINWEIS: VIRTUELLER TAG FÜR DAS STIFTUNGSVERMÖGEN – 12.5.2021).

Hill: Warum ist das Stiftungsvermögen eine Baustelle?

Karow: Da kommen viele Dinge zusammen. Ich sage immer: „Das haben wir immer so gemacht meets Niedrigzins“, das erklärt dann eigentlich schon alles. Wir haben in Deutschland einfach eine lange Tradition, Stiftungsvermögen rein in Anleihen anzulegen, dank dieser Liebe zur Anleihe sind ja auch von den etwa 100.000 Stiftungen, die es anno 1914 hierzulande gab, etwa 90 % verschwunden bis nach dem Zweiten Weltkrieg. Das wird gerne vergessen, und in praktisch allen Ländern, in denen es Stiftungen gibt, wird anders angelegt, nämlich breit und global gestreut, mit dem Fokus auf den ordentlichen Ertrag und nicht nur auf den Kapitalerhalt. Die Angst vor dem Verlust eint viele Stiftungsverantwortliche, aber das ist keine Angst, die zielführend ist. Ich habe meine erste Aktie mit 13 Jahren gekauft, und bis heute gab es einige Crashs und Korrekturen, aber jeder dieser Rücksetzer war vorübergehend, man musste nur am Portfolio immer wieder mal arbeiten. Der ordentliche Ertrag ist das wichtigste Ziel der Verwaltung von Stiftungsvermögen, und wenn er das ist, dann muss die Anlagepolitik einer Stiftung bei 0,0% Zinsen in der nächsten Dekade anders ausschauen als noch vor 10 oder 15 Jahren. Aber es ändert sich etwas, das ist schon abzusehen.

Hill: Welche Möglichkeiten haben Stiftungen in Ihren Augen?

Karow: Naja, Stiftungen können es weiter selber machen, dafür müssen sie selbst, also ihre Verantwortlichen, ausreichende fachliche und zeitliche Ressourcen aufwenden, um eine sachgerechte Entscheidung zur Veranlagung des Stiftungsvermögens zu treffen. Dazu gehört auch, wie ein ordentlicher Kaufmann alle möglichen Informationen eingeholt zu haben, die diese Entscheidung unterfüttert. Schaffe ich das nicht, und bei der Kapitalanlage ist dies sehr wahrscheinlich, ist das Selbermachen nicht die erste Option, in meinen Augen jedenfalls. Stiftungen sollten daher den Weg der Delegation gehen, also die Aufgabe der Verwaltung des Stiftungsvermögens an Profis delegieren. Dadurch verändert sich die Rolle der Stiftungsverantwortlichen weg vom aktiven Portfoliomanager hin zum passiven Portfoliokontrolleur, und das passt für mich viel besser in die Zeit als das Herumdoktern mit ein paar Aktien hier und ein paar Anleihen dort. Bevor Stiftungsvorstände das machen, sollten sie lieber eine richtige und zeitgemäße Anlagerichtlinie schreiben, denn passt der Rahmen, ist der Handlungsspielraum dann maximal.

Hill: Sie sind ein Freund der Fondsanlage für Stiftungen, betreiben hier die Plattform www.fondsfibel.de. Warum das?

Karow: Wenn ich die Verwaltung des Stiftungsvermögen delegiere, dann ist die Fondsanlage bzw. das Zusammenstellen eines Fondsportfolios in meinen Augen aus vielen Punkten heraus vorteilhaft. Stiftungen müssen dem Diversifikationsgebot folgen, das können sie über Fonds wunderbar machen, indem sie in verschiedene Konzepte, Stile und Assetklassen investieren. Stiftungen müssen aber auch dem Stifterwillen folgen, das bedeutet, dass vor allem der Zweck verwirklicht werden muss. Entsprechend suche ich mir Fonds, die eine längere Ausschüttungshistorie haben bzw. bei denen Income im Fokus steht. Da zu Fonds zudem viele Informationen transparent vorhanden sind, ist eine sachgerechte Entscheidung auch gut zu treffen, und das Controlling auf Basis dieser Informationen lässt sich institutionalisieren. Außerdem sind fünf Fondsanteile und fünf Ausschüttungen buchhalterisch einfacher zu fassen als unzählige einzelne Aktien- und Anleihepositionen. Für mich ist die Fondsanlage aus diesen Gründen der für Stiftungen geeignetste Weg, vor allem aber lassen sich die individuellen Ziele der Stiftung mit Fonds für mich viel granularer abbilden. Hier gehört auch Nachhaltigkeit dazu, zu der jede Stiftung eine eigene Meinung hat, das muss ja dann auch im Portfolio abgebildet werden, was mit Fonds gut machbar ist. In der Anlagerichtlinie kann ja stehen, dass die Stiftung nur Artikel-9-Fonds kauft, das wird das Stiftungsportfolio anders aussehen lassen, definitiv. ESG selber zu machen, das halte ich für die allermeisten Stiftungen für nicht machbar.

Hill: Wenn Sie nicht gerade virtuelle Tage für Stiftungen organisieren, was treibt Sie dann um?

Karow: Als junger Vater ist mir Sport ziemlich wichtig, einfach als Ausgleich, ich fahre sehr gerne Rollski, ist eine schöne Alternative zum Laufen, wenn es schon mit dem richtigen Skilaufen derzeit nicht klappt. Und es wäre wieder mal Zeit für einen Krimi, das Schreiben fehlt, aber andererseits ist Unternehmer sein auch eine schöne Sache, wir bloggen jetzt halt. Und wir basteln gerade an einem stiftungsmarktplatz-Gin, den Namen haben wir schon.

Hill: Vielen Dank für das Gespräch.


Quelle: www.finanzplatz-frankfurt-main.de

1. FRANKFURT & STIFTUNGEN (VERANSTALTUNGSHINWEIS – 12.5.2021 – PANEL / INFORMATION – AUSWAHL):

Stiftungsvermögen 2030: Eine Diskussion mit Hans-Dieter Meisberger (DZ Privatbank), Thomas Meissner (Stiftung Polytechnische Gesellschaft), Arndt Funken (Aquila Capital)

Öko und Grün ist nicht alles… Abschlussimpulse auf der Couch zur zeitgemäßen Verwaltung des Stiftungsvermögens von Harald Brockmann (Missionszentrale der Franziskaner), Immo Gatzweiler (AXA Investment Managers), Markus Hill (fondsboutiquen.de)

ZUSATZINFORMATION / ANMELDUNGVIRTUELLER TAG FÜR DAS STIFTUNGSVERMÖGEN: www.vtfds2021.de

2. FRANKFURT & STIFTUNGEN (INFORMATION – AUSWAHL):

a) Frankfurter Stiftungsdatenbank (Zitat): „In Frankfurt am Main sind über 600 Stiftungen mit ihrem Sitz registriert. Stiftungen engagieren sich in unserer Stadt in vielen wichtigen gesellschaftlichen Bereichen: in Bildung und Ausbildung, in Wissenschaft und Technik, in Kunst und Kultur, in sozialen Fragen bis hin zur Altenhilfe sowie im Natur- und Umweltschutz.“ – ZUSATZINFORMATION: Stiftungsdatenbank | Stadt Frankfurt am Main

b) Initiative Frankfurter Stiftungen (Zitat): Die Initiative Frankfurter Stiftung versteht sich als Netzwerk von Menschen, die Verantwortung für die Gestaltung des Stiftungswesens in und um Frankfurt tragen. Sie besteht seit 1993, seit 1997 schließlich als eingetragener Verein. Ihre Mitglieder stehen für die gesamte Bandbreite des Stiftungswesens und repräsentieren junge und alte, große und kleine, gemeinnützige Stiftungen bürgerlichen Rechts sowie Anstaltsträgerstiftungen. Die Mitglieder werden kooptiert. Die Mitgliedschaft ist namentlich.“ – ZUSATZINFORMATION: www.frankfurter-stiftungen.de

VIRTUELLER TAG FÜR DAS STIFTUNGSVERMÖGEN (12.05.2021 – www.vtfds2021.de)

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