„ETFs auf dem Vormarsch“, „Passive Mandate im Fokus der institutionellen Anleger“ – die Medienberichterstattung überschlägt sich fast mit Siegesmeldungen von nicht-aktiven Fondsmanagementansätzen. Die Mittelzuflüsse bei institutionellen Investoren erscheinen beeindruckend. In Medien wie auch auf vielen Fachveranstaltungen erhält man oft den Eindruck, dass die Tage des aktiven Managements gezählt sind. Wird so eine Betrachtungsweise der eigentlich der Realität gerecht?
Passive Ansätze und High Alpha
Komplexe Allokationsentscheidungen von institutionellen Investoren werden häufig Gegenstand von Untersuchungen. Die Fondsgesellschaft Universal Investment und die WHU – Otto Beisheim School of Management haben sich zum Beispiel dieses Jahr mit diesem Thema auseinandergesetzt. Neben anderen Studien kam man auch hier zu dem Schluss, dass 90% des Gesamtportfolios des institutionellen Investors entscheidend durch die grundsätzliche Asset-Allocation-Entscheidung erklärbar erscheint. Zusätzlich wurden auch die Bedeutung von High Alpha-Ansätzen (aktive Managementansätze), passiven Ansätzen, Tracking Error und Risikomanagement hervorgehoben. Eine entscheidende Erkenntnis aus der Studie erscheint auf den ersten Blick „trivial“, aber in der derzeitigen Diskussion wird vielleicht häufig die offensichtliche Erkenntnis, bewusst oder unbewusst, unterschlagen: Die schönsten Produktvarianten wie ETFs oder passive Mandate ersetzen am Schluss nicht den Entscheider auf Investorenebene, der das richtige Verhältnis dieser Instrumente abschätzen muss. Hat er zusätzlich die Aufgabe, für seine Klienten (z.B. Versicherungskunden beim Versicherungsunternehmen) einen Zusatzertrag zu erwirtschaften, kommt er kaum an der Betrachtung von aktiven Managementansätzen vorbei. Direkt oder indirekt ist und bleibt der institutionelle Investor immer in der Rolle des aktiven Managers gefangen – egal, ob er selbst ein überragender Asset Allocator ist oder lediglich die Rolle eines Auswählers für aktive Ansätze, in Kombination mit passiven Ansätzen, übernimmt. Wenn jeder bei den Anlageentscheidungen aus Risikoaversion das Marktportfolio halten würde, dann würde sich vielleicht ein Großteil der Industrie indirekt selber überflüssig machen, so zumindest das Urteil von diversen Fachleuten und Wissenschaft.
Folgen für die Asset-Mangement-Industrie
Die Diskussion über aktive und passive Managementansätze erscheint konstruktiv und fruchtbar. Natürlich sind legitime Marketinginteressen von Anbietern durchschaubar, ebenso das defensive Verhalten von institutionellen Investoren. Beide Gruppen stehen unter Erwartungs- und Rechtfertigungsdruck gegenüber den Investoren bzw. den Endkunden. Vielleicht wird die Diskussion in Zukunft ausgewogener geführt. Passive Investments haben ihren berechtigten Platz bei der Allokation gefunden. Aktive Ansätze, wie zum Beispiel durch hochspezialisierte Fondsboutiquen vertreten, werden mit erhöhtem Interesse betrachtet. Vielleicht gilt langfristig auch bei aktiven und passiven Ansätzen im Portfoliomanagement die alte Schweizer Bankenregel: „Geld ist wie Mist, man muss es streuen!“
Quelle: www.institutional-investment.de
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