Kommentar: Großes Interesse an Kleinen

Institutionelle, Fondsboutiquen und UCITS III in Deutschland – Beobachtungen über Markteintritt und Managerselektion.

„Klein aber fein“, „hochspezialisiert“ und oft „überdurchschnittlich in der Generierung von Alpha“: Dies sind meist die Zuschreibungen von Seiten institutioneller Investoren in Deutschland, wenn es um den Themenbereich der so genannten Fondsboutiquen geht. Seit Jahren gewinnen diese hochspezialisierten, unabhängigen Asset Manager zunehmend an Bedeutung bei den Investmententscheidern von Corporates, Stiftungen, Versorgungswerken und Versicherungen. Ein Grund für den Siegeszug der unabhängigen Asset Manager liegt in den oft überdurchschnittlichen Ergebnissen dieser spezialisierten Anbieter.

In Deutschland sind mittlerweile verschiedene inländische und ausländische Adressen aus dem Alternative-Investment-Bereich mit UCITS-III-konformen Publikumsfonds auf dem Markt. Das einfache Verfahren, diese und andere erfolgreichen Anbieter durch die Produkthülle „Publikumsfonds“ erwerben zu können, hat zu dem positiven Trend beigetragen. Außerdem stellt der Publikumsfonds ein Marketing-Instrument dar, da er für eine hohe Publizität in den Medien sorgt. Viele Hedgefonds-Firmen bevorzugen die Vorteile dieser „Hedgefonds light“. Auch im Private Placement werden die Vorteile der Publikumsfonds wegen des schnellen, unkomplizierten Kaufs und Verkaufs von Institutionellen sehr geschätzt. In Deutschland werden diese Fonds von so genannten Kapitalanlagegesellschaften aufgelegt. Häuser wie Universal Investment, Hauck & Aufhäuser und AmpegaGerling haben sich auf die kleinen Adressen durch die Auflage so genannter Private Label Fonds spezialisiert. Institutionelle Investoren schätzen hier die Transparenz und Regulierungsvorschriften. Andere Regulierungsvorschriften wie die IFRS haben auch als Promotor für den Trend zum Publikumsfondsbereich gewirkt.

Besonderheiten: Zielgruppenverhalten und Managerselektion
Viele institutionelle Investoren beobachten den Markt der UCITS -III-Produkte sehr genau. Im Raum Frankfurt findet eine ganze Reihe von Events, Roadshows und Roundtables etlicher unabhängiger Häuser statt. Bei Einladungen zu solchen Veranstaltungen stellt man fest, dass der Institutional- und der Retailbereich schon seit Jahren zusammenwächst. Capital Markets und Asset Management bilden gemeinsame Schnittmengen durch den Einsatz von Handelsprodukten in Hedgefonds, die nun wiederum in der Hülle von regulierten Publikumsfonds auf verstärkte Aufmerksamkeit bei Vertretern der klassischen Asset-Management-Industrie treffen. Der Fondsanalyst des Dachfonds sitzt hier in der Regel oft neben dem Geschäftsführer des Versorgungswerks oder der Stiftung.

Die Managerselektion bei beiden Segmenten findet zunehmend Gemeinsamkeiten. Die qualitative Analyse erhält bei kleinen Häusern im Prozess der Due-Dilligence, der Sorgfaltspflicht, und im Rahmen der Qualitätssicherung eine Aufwertung. Datenbanken erleichtern die Arbeit in Ergänzung – oder manchmal als Ersatz – zum klassischen Asset Management Consultant.

In institutionellen Fachpublikationen werden diese Häuser nicht mehr als reine Exoten betrachtet. Auch bekannte Ratingagenturen wie Standard & Poor’s und Feri werden zu Rate gezogen. Die „Peitsche der Transparenz“ bei Publikumsfonds schafft auch neue Profile für die Managerselektion. Die Firma EnBW hatte vor einiger Zeit für einen Master-Segmentfonds einen Consultant mit mehr Expertise aus der Publikumsfondsbranche eingesetzt. Der eine oder andere Investor überlegt sich, ob nicht anstelle des Einsatzes von klassischen Verfahren der Managerauswahl beziehungsweise in Ergänzung zu Ausschreibung, Request for Proposal und Beautycontest, verstärkt auf die Analysetools der Publikumsfondsindustrie zurückgegriffen werden kann. Dienstleister der Fondsindustrie wie FWW bilden eigene Gruppierungen, um UCITS-III im Rahmen der Alternative Investments abbilden zu können. Klassische Ratingagenturen arbeiten verstärkt an dieser Eingruppierungsthematik. Transparenz ist bei den Investoren gefragt. Klassische Consultants wie Mercer oder Feri analysieren den Markt. Servicedienstleister wie Kommalpha beobachten den Markt für Publikumsfonds in Studien (Strukturen, Produkte, Volumen etc.). Diese Informationen, wie auch die Öffentlichkeitsarbeit des Bundesverbandes der deutschen Investmentindustrie (BVI), unterstützen diesen Trend. Alle diese Entwicklungen führen zu einer Popularität von Fondsboutiquen und der Produkthülle UCITS III.

Auch die Trends im Bereich Exchange Traded Funds (ETF) wirken hier wie ein Business-Katalysator für Boutiquenmanager aus dem Hedgefondsbereich. Gerade beim so genannten Core-Satellite-Ansatz können breite Märkte durch ETFs abgedeckt werden, für Spezialmärkte setzt man Unabhängige ein, die sich in der Vergangenheit durch ein hohes Alpha hervorgetan haben. Verschiedene Asset-Klassen, Segement-Spezialisierung oder Investmentstile – der Institutionelle kann hier auf eine Vielzahl von Managern zurückgreifen, gerade im Bereich der Alternative Investments. Natürlich sind aufgrund von überdurchschnittlichen Ergebnissen viele kleine Häuser auf das Radar der Consultants geraten. Selbstverständlich korrespondiert das auch mit den Entwicklungen auf pan-europäischer Ebene.

Marketing und Vertrieb – Mythos und Realität
Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Viele ausländische Manager sind in der Vergangenheit in den deutschen Markt eingetreten, aber auch wieder „ausgetreten“. Für Fondsboutiquen gelten natürlich auch keine anderen Gesetze, als für größere Häuser. Für strategische Kooperationen muss zunächst eine gewisse Größe vorhanden sein. Unabhängige Anbieter mit einer speziellen Expertise sollten beherzigen, dass Push-Marketing (aggressiver Sales-Stil) bei deutschen Institutionellen unbeliebt ist. Auch missfällt vielen Investoren, dass ausländische Häuser bei Ihrem Markteintritt der lokalen Präsenz zu wenig Bedeutung beimessen. Ein Allgemeinplatz, aber trotzdem für alle ausländischen Manager nicht weniger bedeutsam: Die reine Anzahl von Telefonaten und von Terminen ist nicht allein ausschlaggebend für den Erfolg. Viele Manager messen der Langfristigkeit und der Nachhaltigkeit beim Markteintritt möglicherweise zu wenig Bedeutung bei. Hit-and-run-Strategien sind zum Scheitern verurteilt, weil der durchschnittliche institutionelle Investor in Deutschland langfristige Geschäftsbeziehungen schätzt, der Risikoaversionsgrad ist eher als sehr hoch einzustufen.

Eine Erfolgsformel für den Einstieg in den deutschen Markt
„Kiss – keep it simple and stupid“ – mit dieser Maxime kann man es auf den Punkte bringen. Es wird oft nicht gerne gehört, weil es wohl zu einfach klingt: Gutes Research über den deutschen Markt vorzuschalten ist essentiell. Und ein absolutes Muss ist eine überdurchschnittlich gute Performance. Zusätzlich sollten im Sales-Bereich der „Solution Provider“ gegenüber dem „Hard-Seller“ bevorzugt werden – jeder Ausländer sollte einen langen Atem beim Markeintritt mitbringen. Im Gegensatz zu traditionellen Long-only-Häusern findet man den lösungsorientierten Verkäufertyp aufgrund der Produktkomplexität in Fondsboutiquen allerdings recht häufig.

Nicht nur für diese Häuser gilt bei Institutionellen in Deutschland die Maxime: Klasse geht eindeutig vor Masse. Perspektivisch kann man sagen, dass der deutsche institutionelle Investor auch weiterhin ein verhaltenes Interesse an exzellenten Hedgefonds-Managern haben wird. Auch bei diesen spezialisierten Managern hat in den vergangenen Jahren ein qualitativer Ausleseprozess stattgefunden. Die Top-Performer aus dem Ausland werden auch in Zukunft bei deutschen Investoren langfristig offene Türen einrennen, unter anderem auch wegen des Regulationskorsetts von UCITS III. Institutionelle Anleger in Deutschland setzen auch weiterhin auf Qualität, Expertise und Risikomanagement.


Der Beitrag erschien auch in der Ausgabe 2/2010 der „Alternative News“ von Hedgework.

Quelle: www.institutional-investment.de
Foto: www.pixabay.com

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