Trend zu SRI-Investments (Kommentar – Markus Hill)

Friedrich August von Hayek (Nobelpreisträger, Ökonomie) hat einmal den Begriff der Katallaxie bemüht, als er eigentlich nur zum Ausdruck bringen wollte, dass moderne Ökonomien durch die zunehmende Arbeitsteilung bzw. „Optimierung der Wertschöpfungskette“ immer größere Möglichkeiten für die Beteiligten bieten.

Neben den positiven Aspekten von zusätzlichen Wahlmöglichkeiten (Verfahren, Produkten, Partnern, Prozessen) kann man im Asset Management-Bereich der Produktkommunikation und Produktvertrieb von Investorenseite aber auch häufig die neudeutsche Kapitulationsformel „Information-Overflow“ vernehmen – „die Mailbox ist voll – nichts geht mehr“. Können neue, informationsintensive und erklärungsbedürftige SRI-Produkte (Social Responsible Investments) in Zukunft trotzdem das Interesse des Investors gewinnen? Was sind mögliche Stolpersteine?

Geschlossene Fondsanbieter – eine Branche in turbulenten Zeiten

Viele geschlossene Beteiligungsfonds befinden sich in einer Absatzkrise. Mit Ausnahmen allerdings: Im Bereich von Fondskonzepten aus dem Bereich von SRI (Solar, Wasserkraft, Infrastruktur etc.) erkennt man, dass das Thema zunehmend attraktiv für institutionelle Investoren ist. Problematisch erscheint, dass der Bereich Geschlossene Fonds oft nicht unumschränkt eine hohe Reputation bei diesen Investoren genießt: Ein scheinbar wahrgenommenes „Weiße-Socken-Vertriebs-Image“ und weniger schlanke Gebührenstrukturen erscheinen hier als mögliche Kritikpunkte. Ob diese Punkte fundierte Urteile oder einfach oft nur Vorurteile darstellen, soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden: Fakt ist, dass das „Retail-Image“ den Vertrieb von SRI-Produkten in diesem Bereich nicht erleichtert.

Getrennte Welten – Anbieter und Investor finden oft schwer zueinander

In den Marktsegmenten Capital Markets und Asset Management beobachtet man den Trend, dass die Schnittstellen hier durchlässiger geworden sind. Ein Beispiel ist das UCITS-Format, das unter anderem vielen Hedgefonds-Konzepten den Weg in die klassische Publikumsfondsindustrie geebnet hat. Auch die ETF-Industrie besitzt eine interessante Mittlerrolle.

Der beschriebene Trend der Konvergenz von „Industriebereichen“ ist alt – warum sollte es im Bereich der geschlossene Fonds und SRI-Investments anders sein? Retail versus Institutional – mit  Unterschieden in der Produktgestaltung, Projektsteuerung, technischen Administration, Controlling, Prospektgestaltung, Reporting, Gebührenstrukturen – alles Kommunikationsbarrieren im Kleinen, die die Entscheidungsgrundlage für Institutionelle bei der Produktauswahl tendenziell eher diffizil machen. Kommunikativ bleibt dieser Bereich eine große Herausforderung für Fachleute in den Bereichen Produktmanagement, Marketing und Vertrieb.

Kapitalanlagegesellschaften – mögliche Brückenbauer zu institutionellen Investoren?

„Das Gras ist immer grüner in Nachbars Garten“ – Natürlich suchen auch Produktanbieter von SRI-Produkten intensiv nach verstärktem Zugang zu institutionellen Investoren. Regulierungsfragen, Anlagegrenzen bei Institutionellen, die passende Produkthüllle und Gebührenstruktur für den Fonds – Fragen, die vielleicht manchmal im Bereich Geschlossene Fonds (Retail) eher „eindimensional“ diskutiert werden.

Einige Fondsinitiatoren im Vermögensverwaltungsbereich und Family Offices mit Publikumsfondslösungen sowie die entsprechenden Anbieter von geschlossenen Vehikeln im Segment SRI diskutieren dieses Thema verstärkt: Was ist der passende Produktmantel um stärker bei Institutionellen auf „offene Türen“ zu treffen? Kapitalanlagegesellschaften im Private-Label-Fonds-Bereich machen sich Gedanken: Ob Universal-Investment, Hauck&Aufhäuser, IP Concept oder AmpegaGerling – alle diese Häuser erhalten zunehmend Anfragen aus diesen Bereichen. Auch Häuser wie DWS, Deka und Union Investment befinden sich hier im intensiven Dialog mit Anbietern und Investoren.

Produkthülle – ein möglicher „Hygienefaktor“ für Produkterfolg

Fairerweise muss man sagen, dass am Schluss die Projektqualität bei SRI-Investments den Ausschlag geben sollte. Spricht man mit vielen Produktanbietern oder Projektkonzeptionierern und vergleicht deren Vorstellungen mit den Bedürfnissen der institutionellen Investoren, tritt oftmals Erstaunliches zutage: Bestimmte Initiatoren geschlossener Fondsprodukte verfügen oft nur unzureichend über Kontakte und Erfahrung mit institutionellen Investoren.

Auf der anderen Seite tun sich auch viele institutionelle Investoren schwer, mit der Verkaufsprospektwelt und „Intransparenz“ im Bereich der geschlossenen Fonds. Hier durchaus eine Anregung für Ratingagenturen, ein neues Feld auf seriöse Weise zu bearbeiten. Eine Chance existiert, weil auch die klassischen Asset Management-Consultants zum Teil noch Know-how-Lücken im Feld SRI und SRI-Fondskonstruktionen haben. Wer kennt sich im Detail über die Unterschiede von Sondervermögen nach Teil II (Luxemburg), SICAR, SIF, Spezialfonds und Sonstiges Sondervermögen aus? Wer weiß genau, wann der Geschlossene Fonds vielleicht doch die passende Verpackung ist, oder ob eher die Anleihe die optimale Lösung darstellt? Vielleicht landet man am Schluss sogar wieder beim „klassischen“ offenen Publikumsfonds.

Vertrieb, „Investor Education“ und der Adlerblick

Die Produktverpackung ist das eine, das andere können Themenfelder wie Qualifikation von Vertrieb und das Know-how der institutionellen Investoren sein. Auch Diskussionen bei Roundtabels mit in- und ausländischen Family Offices haben gezeigt, dass Kritik nicht immer nur an die Vertriebsseite gerichtet sein sollte. Natürlich gibt es „Sprechende Fact-Sheets“ ohne Dialogmehrwert und natürlich gibt es eine durchaus wahrnehmbare Anzahl von (böse gesagt) „Dünnbrettbohrern“ mit fachlich überschaubarem Produkt-Know-how. Man kann jedoch einwenden, dass auch bei dem einen oder anderen Investoren noch Unsicherheit darüber herrscht, wie er manche SRI-Projekte zu beurteilen hat. Gerade im SRI-Projektumfeld kommen verstärkt technische Aspekte, neben den bekannten finanziellen, zum Tragen: Viele Schnittstellen, viel Technik, viele Produkthüllen – wer kann von sich behaupten, da immer den Adlerblick zu besitzen?

Häufig übersieht man, dass die Seed-Money-Suche kaum thematisiert wird. In der Fachliteratur und bei direkten Investorengesprächen findet man nur wenig Information darüber, wie viele ökonomisch solide konzipierte SRI-Projekte schon zu Beginn scheitern: Kein vorgeschalteter systematischer Produktcheck, falsch aufbereitete Materialien und keine zielgruppenadäquate Seed-Investoren-Ansprache gehen hier dann oft Hand in Hand.

Wo kann die Reise hingehen?

Ähnlich wie im Bereich der offenen Fonds beginnt die Optimierung bzw. Neugestaltung von Prozessen im Produktmanagement und Vertrieb von originär geschlossenen Fondskonstruktionen beim Fondsanbieter. Viele Geschlossene Fonds-Initiatoren stehen mit Ihrem Geschäftskonzept gegenwärtig auf dem Prüfstand, insbesondere in den Bereichen Alternative Energien bzw. Infrastruktur. „Schlecht“ konzipierte oder kalkulierte Produkte werden bei institutionellen Investoren auf keine große Resonanz stoßen. Werden diese Produkte zusätzlich von Vertrieblern betreut, die stärker die Sprache von Retail-Investoren sprechen, dann kann der Branchenreinigungsprozess noch an Dynamik gewinnen. Für erfolgreiche Anbieter mit Institutionellen-Qualitäten gilt: Konzipiere Gutes und sprich darüber!



*) Markus Hill ist unabhängiger Asset Management Consultant in Frankfurt/Main (www.markus-hill.com). Dieser Artikel ist auch im Asset Management Guide 2012 von IPE Institutional Investment erschienen.

Quelle: www.institutional-investment.de
Foto: www.pixabay.com

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