Kommentar: Vermögensverwalter, Family Offices und Stiftungen – Vertrauen und Know-how schlagen „Performance-Mythos“?

„Wenn Asset Manager langfristig zum Durchschnitt tendieren, dann kann ich direkt den Index kaufen“: Diese Meinung findet man immer wieder, wenn man mit bestimmten Investoren, auch Stiftungen, spricht. Unter vorgehaltener Hand wird dieser Kritikpunkt oft auch von Vertretern von Fondsgesellschaften von aktiv gemanagten Fonds mit einem Achselzucken in Kombination mit Ratlosigkeit („Resignation“) zur Kenntnis genommen. Natürlich ist diese Diskussion nicht abgeschlossen, aktive und passive Produktwelt ringen noch um Deutungshoheit. Der Tod der temporären Marktineffizienz (aktive Investmentchancen) ist keineswegs beschlossene Sache, fachliche Expertise in Niedrigzinsphasen ist gefragt: Aktives Fondsmanagement bleibt eine Konstante im Investmentbereich, kurz kommentiert: Was können Vermögensverwalter und Family Offices leisten? Wo könnten Missverständnisse entstehen? Warum wachsen die Bäume nicht zum Himmel?

Erfolgsfaktoren für Zusammenarbeit

Stiftungen sehen sich einem umfangreichen Universum an Produktvarianten gegenüber: Direktanlage, Stiftungsfonds, Mischfonds, Vermögensverwaltende Fonds etc. Stellt man einmal die Diskussion um Marketing-Konzepte der Asset Manager beiseite und geht von einer ausreichenden Datenbank-Versorgung aus (Ratings, Rankings, „Hitlisten“): Sollte ein Großteil der Asset Manager in langer Frist zum Durchschnitt (Performance) tendieren, können vielleicht andere Faktoren bei der Auswahl von Dienstleistern eine Rolle spielen und zusätzlich an Gewicht gewinnen:

*Vertrauen
*Interessen
*Know-how

Interessant erscheint, dass diese Aspekte oft bei der reinen Berücksichtigung von gängigen Managerauswahlverfahren („Beauty Contest“) aufgrund der mangelnden Quantifizierbarkeit stark in den Hintergrund rücken. Natürlich ist der Consultant auf der sicheren Seite, wenn er sich stark auf das Zahlenwerk stützen muss: Performance, Volatilität, Drawdowns und viele andere Punkte. Natürlich werden Prozesse, Team, Risikomanagement etc. ebenso betrachtet. Vergessen wird häufig, dass gerade „kleine“ Stiftungen sich diese aufwändigen Verfahren nicht leisten können – die übliche Verfahrens-„Heuristik“ besteht dann häufig im Verfolgen der Hausbank-Philosophie. (Kernfrage kann sein: Ist die Hausbank-Lösung die einzige zielführende Lösung für „kleine“ Stiftungen oder gibt es noch weitere Ansätze, die man einsetzen oder in Ergänzung einsetzen kann?).

Vertrauen

Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer leben vom Vertrauen ihrer Mandanten („Trusted Advisor-Gedanke“). Aufgrund der Vielfalt der Anbieter in diesen Segmenten ist, wie im Vermögensverwaltungs-Bereich, der Wettbewerb sehr hart. Die Dienstleistungen werden von Mandanten oft als „Commodity“ betrachtet. Aufgrund der Komplexität der Dienstleistung (Woran erkenne ich einen guten Rechtsanwalt? Was macht einen guten Vermögensverwalter aus?) erscheint die endgültige Bewertung der Leistung vielen Kunden als schwierig. In diesen Bereichen besitzt das Vertrauensverhältnis, neben Sympathie, einen sehr hohen Stellenwert. Fachkenntnisse werden als „Hygienefaktor“ betrachtet.

Interessant erscheint, dass beispielsweise Vermögensverwalter und Family Offices Schwierigkeiten haben können, die Qualität von Anwälten zu „messen“. Stiftungen stehen oft vor einem ähnlichen Thema: Woran erkenne ich, dass ich rechtlich gut beraten werde oder woran erkenne ich, ob meine Hausbank immer die optimale Beratung bietet? Entweder die genannten Spezialisten betreuen Ihre Mandate aufgrund von Tradition (Wechselwilligkeit oft geringer ausgeprägt bei Kunden) oder Empfehlung durch Dritte. Zusätzlich betreiben einige Anbieter aktiv Öffentlichkeitsarbeit – „dezente“ fachliche Visibilität erleichert sehr häufig den Erstkontakt und weckt Interesse. (Am Rande bemerkt: Auch Rechtsanwälte fällt es umgekehrt nicht leicht, die Qualität von Family Offices und Vermögensverwaltern zu „messen“ – durch Empfehlung kann hier ein Reputationsrisiko entstehen).

Exkurs: Vertrauen – Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) und Fondsboutiquen

Viele Vermögensverwalter haben Fonds bei KVGen wie Universal-Investment, Alceda, Ampega und anderen Häusern aufgelegt. Der Preiswettbewerb in diesem Bereich ist intensiv – wobei sich durch Vergleiche am Schluss oft die Erkenntnis ergibt, das Preis nicht das einzige Kriterium sein kann. Bei ungefähr gleichen „Kernleistungen“ (Preisfeststellung, Reporting etc.) sind oft am Schluss auch hier wieder die Betreuung und der jeweilige Kundenbetreuer die zentrale Mehrwertkomponente. Da für viele Vermögensverwalter und auch Family Offices der Publikumsfonds als eine Art „Schaufenster“ für die Neukundengewinnung dient, können die KVGen bei entsprechender Qualität der Mitarbeiter gezielt Hilfestellung leisten, ein Beispiel: Im Zweifelsfalle kann dies auch bedeuten – sehr vertrauensfördernd – dass man dem potenziellen Kunden einmal von einer Fondausauflage abrät!

Interessen

Interessen von Banken, Vermögensverwaltern und Family Offices bei der Betreuung von „kleinen“ Stiftungen kann man vielleicht einmal kurz anhand der Pole „Umsatzorientierung“ und „Bestandorientierung“ (Mischverhältnisse ebenso existent) diskutieren:

*Ist meine Bank, mein unabhängiger Vermögensverwalter oder mein Family Office – Beispiel: Manager von FO-Publikumsfonds – stark davon abhängig, möglichst häufig „Produkte an den Mann zu bringen“ oder gibt es Vergütungsformen, die eine Fokussierung auf diese „Betreuungsstrategie“ verhindern?
*Habe ich als Stiftung das Gefühl, dass mein Gegenüber – über den reinen Verkauf von Produkten oder Dienstleistung hinaus – Freude und Interesse an Stiftungsthemen hat („Affinität“)?
*Gibt mein Betreuer mir das Gefühl, dass ich auch als „kleine“ Stiftung ein interessanter Kunde bin?

Know-how

Bei langjährig erfolgreichen Vermögensverwaltern sollte man davon ausgehen können, dass Know-how im Fachbereich vorliegt. Beim Kauf von Publikumsfonds bei Vermögensverwaltern (Banken, Family Offices etc.) kann man entsprechende Informationen – Datenbanken, Ratings, Rankings – nutzen. In vielen Fällen kann eine „kleine“ Stiftung hiermit ein effizientes Mittel nutzen um auch ohne Beratung eine Auswahl zu treffen. Vorausgesetzt natürlich, dass der Entscheider bei der Stiftung ein gewisses Maß an Investmentkenntnissen besitzt. In der derzeitigen Niedrigzinsphase werden natürlich nach wie vor bei „kleinen“ Beträgen viele Publikumsfonds mit gemischten Ansätzen (Diversifizierung) ein Standardanlage-Instrument darstellen. Wohl wissend: „Hitlisten“ zeigen lediglich die Vergangenheit, Manager 1 aus 2014 kann Manager 25 in 2015 sein. Geht man davon aus, dass gerade bei vielen „kleinen“ Stiftungen keine hauptamtlichen Investmentspezialisten tätig sind, so ergibt sich ein interessantes Beratungsfeld für viele unabhängigen Vermögensverwalter.

Die aktuelle Niedrigzinsphase kann mittel- bis langfristig das Aus für viele Stiftungen bedeuten, deren finanzielle Ausstattung bereits in der Vergangenheit von Experten eher als unzureichend empfunden wurde. Banken betreuen viele Stiftungen, bei Banken ist viel Fachexpertise vorhanden – in Kombination mit der Marktkenntnis von konzernunabhängigen Vermögensverwaltern und Family Offices könnten alle Parteien Know-how-mäßig nur gewinnen. Vielleicht ergeben sich neue Kooperationsmodelle in der Vermögensverwaltungsindustrie, volkswirtschaftlich gesehen ist eine fortwährende Diffusion von Fachwissen nur von Vorteil.

Investor Education ist oft ein langwieriger Prozess, der sich zunächst oft nicht direkt mit Umsätzen, die dann zu Beständen führen, in Verbindung bringen lässt – Überzeugungstäter („Ich liebe den Stiftungsgedanken!“) profitieren langfristig hiervon: Der Gedankenaustausch und Charity-Gedanke, das Gefühl, etwas Gutes zu tun, stellt auch bei vielen Vermögensverwaltern ein Motivationsinstrument dar!

Fazit

Betrachtet man die Vermögensverwaltung für „kleine“ Stiftungen nicht nur unter dem Aspekt, dass Stiftungsverantwortliche ihre Vermögensverwaltung ausschließlich unter Zuhilfenahme von Datenbanken für die Publikumsfondsauswahl betreiben, dann ergibt sich in der aktuellen Marktlage der willkommen Anlass, verstärkt in den Dialog mit Vermögensverwaltern zu treten. Entscheidend erscheint, ob die Stiftungsverantwortlichen bei der gegenwärtigen Marktlage genügend „Leidensdruck“ empfinden, um ausgetretene Pfade ab und an zu veranlassen.

Mit Produktanbietern beziehungsweise mit Dienstleistern außerhalb konzerngebundener Strukturen lassen sich oft zusätzlichen Kenntnisse über das mögliche Investmentuniversum entdecken. Dies muss keinesfalls im Widerspruch zum traditionellen Hausbank-Konzept stehen – neue Expertise-Felder erschließen, aktiven Kontakt mit Unabhängigen zu suchen, bewährte Kontakt zu pflegen, das Motto gilt: Das eine tun, das andere nicht lassen!


Quelle: www.institutional-investment.de
Foto: www.pixabay.com

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