Kommentar: Fondsboutiquen, Family Offices und Vermögensverwaltung: Aktives Management – Auslaufmodell versus Konfuzius-Ansatz?

„Totgesagte leben länger“, der aktuellen Presse zufolge wird häufig der Tod des aktiven Fondsmanagement postuliert. Robo Advisor ante portas, die Popularität von passiven Fonds, sowie die oft kontrovers diskutierten Ergebnisse bei aktiv gemanagten Fonds, ergeben Diskussionsbedarf. Zusätzliche Irritation verursachen „pseudo-passive“ Ansätze wie das sogenannte Enhanced Indexing. Wenn alle auf die Kosten schauen und die Meinung besteht, dass Maschinen, Regeln und Top-Performance in der Vermögensverwaltung in Zukunft den Ton angeben: Wo bleibt die Nische für den Vermögensverwalter, der dieses Rennen nicht mitmachen möchte oder kann?

Family Offices und Vermögensverwaltung

Privatkunden wollen sich bei ihrem Vermögensverwalter gut aufgehoben fühlen. Dieser Allgemeinplatz lässt sich mit Bedeutung füllen: Einfach ausgedrückt, es soll eine saubere Bestandsaufnahme erfolgen, es sollen Lösungsansätze diskutiert und skizziert werden bei Anlagepolitik und Produkten und es sollen Entscheidungen gefällt und umgesetzt werden – ein Mandat wird vom Kunden vergeben. Es soll Risikomanagement betrieben werden, es sollen Ergebnisse dokumentiert werden. Zusätzlich sollte Flexibilität vom Vermögensverwalter eingefordert werden können, wenn sich Lebensumstände bzw. persönliche Finanzhistorie des Kunden ändern. Diese Dienstleistungen werden in der Regel mit den Fähigkeiten eines guten Steuer- und Rechtsberaters kombiniert. Die Übergänge in den Bereichen Family Office-Dienstleistungen und Vermögensverwaltung sind oft fließend.

Man wundert sich bei der öffentlichen Diskussion häufig, aber die Mehrzahl der Kunden – ob HNWIs oder durchschnittlich Vermögender mit Anlageberatungsbedarf – erwartet wohl keinen Investmentguru bzw. keinen Performance-Sieger für drei, fünf und zehn Jahre. Nicht zuletzt die Existenz des klassischen Private Banking zeigt, dass langfristige Kundenbindung sozusagen „multi-faktoriell“ begründet ist. Die Leistung der Beratung bei Family Offices und Vermögensverwaltern lässt sich vielleicht manchmal an der Scheidelinie von reiner Beratung bis zum Eigen-Produktangebot ziehen, diese Fachdiskussion wird derzeit noch kontrovers und engagiert geführt – insbesondere auf der Family Office-Seite. Vergessen wird häufig, dass neben den Vermögensverwaltern auch viele Multi Family Offices darauf angewiesen sind, ebenso Akquise zu betreiben, wenn die Dynamik im Bereich „Kundenempfehlung“ abnimmt.

Aktives Management und Transparenz

„Pseudo-passive“ Ansätze lassen für viele Anleger oft nicht klar erkennen, dass passive Investments doch wieder den aktiven Steuermann brauchen. Es stellt bereits eine aktive Entscheidung dar, vom reinen Pfad des ausschließlich passiven Investments abzuweichen, man geht wie beim Overlay-Management im Grunde eine zusätzliche Wette ein. Auch beim Kauf von Exchange Traded Funds (ETFs) wird oft vergessen, dass diese auch aktiv als Produktbausteine allokiert werden müssen. Ebenso ein aktives Element in der Welt des scheinbar passiven Investments, oft in der Diskussion wenig berücksichtigt: Ein Computer bzw. Regeln werden zur Steuerung der Quoten eingesetzt oder Makroökonomen ändern Meinungen aufgrund von Daten. Bei der Programmierung oder Einschätzung wird sozusagen „derivativ“ wieder auf Köpfe, Talente, Meinungen gesetzt. Je mehr diese Erkenntnis den Investoren klar wird, desto mehr spielt sich wieder das Serviceelement Beratung und Aufklärung bei der Verwaltung von Vermögen in den Vordergrund. Dieser Punkt geht manchmal in der Diskussion unter: Kein aktiver Manager kann eine Performance-Garantie abgeben, aber auch keine Regel bzw. kein Computer-Programm. Und rein passives Investieren in eine Kombination von Märkten scheint nicht für jeden Anleger eine akzeptierte Lösung zu sein. Wie so oft, die Wahrheit kann in der Mitte liegen, vielleicht macht es der gesunde Mix von Ansätzen – Diversifikation ist Trumpf.

Publikumsfonds und unabhängige Vermögensverwalter

Wie oben angeführt, hier soll weder einseitig für aktive oder passive Anlagekonzepte Stellung bezogen werden. Dieses ist Aufgabe der wissenschaftlichen Diskussion. Möchte man aber die Existenzberechtigung von Vermögensverwaltung ausgewogener diskutieren, kann man zu dem Schluss kommen, dass sich viel Vermögensverwalter und Family Offices in einigen Fällen vielleicht nachteilig positioniert haben oder sich heute vielleicht optimaler positionieren könnten. In diesem Falle sind insbesondere die Adressen gemeint, die eigene Publikumsfonds bei spezialisierten Kapitalverwaltungsgesellschaften wie Universal-Investment, Ampega, Hauck & Aufhäuser und bei anderen Anbietern in diese Segment verwalten lassen.

Das jährliche „Windhund-Rennen“ um die vorderen Rängen in den Performance-Hitlisten kontinuierlich zu gewinnen ist oft kaum möglich. Nur sehr wenige Asset Manager überzeugen über viele Jahre. Diese sind in der Regel dann auch bei Institutionellen erfolgreich und müssen sich um die Positionierung häufig kaum Sorgen machen. Vergessen wird oft der Großteil der Fonds, die verhältnismäßig klein oder unbekannt sind, durchschnittliche Performance aufweisen und trotzdem für den Anleger eine interessante Ergänzung zum Portfolio darstellen können – bei Family Offices wie bei Vermögensverwaltern.

Ein durchaus kontrovers diskutierbarer Aspekt der Beratung kann darin bestehen, dass der Kunde erkennt, dass eigene Produkte des Berater bedeuten können, dass der Verwalter sich transparent und angreifbar macht und sich dem Dialog mit dem Kunden stellt. Keinesfalls muss es bedeuten, dass diese Produkte massiv in den Kundenportfolios eingesetzt werden. Neben Fremdprodukteinsatz kann ein Diversifikationsprinzip bedeuten, dass der Kunde mit dem Einkauf einer kleinen, angemessenen Quote des Eigenprodukts den Vermögensverwalter bzw. das Family Office zu erhöhter „Achtsamkeit“ verpflichtet.

Vermögensverwaltung, Kommunikation und Konfuzius

Viele der oben angesprochenen Teilen findet man in der Beratung von Privatkunden und vermögenden Privatkunden wieder und sind nicht ohne weiteres auf institutionelle Kunden zu übertragen. Sollten unabhängige Vermögensverwalter und Family Offices sich verstärkt über ihre Kernfähigkeiten Beratung, Knowhow und Netzwerk definieren, ist der Bedarf auf Kundenseite gegeben. Auch viele große Familienvermögen und Stiftungen leben über lange Jahre mit einer moderaten, angemessenen Performance. Die Chance für den Vermögensverwalterbereich liegt in der Schaffung verstärkter Visibilität der eigenen, ursprünglichen Leistung als Berater, Coach und Risikomanager für den Kunden. Dieser muss sich verstanden fühlen, Performance ist nur einer von vielen Faktoren für die langfristig erfolgreiche Kundenbeziehung. Es gilt: „Wenn man in den Grundsätzen nicht übereinstimmt, kann man einander keine Ratschläge geben“ (Konfuzius).


Quelle: www.institutional-investment.de
Foto: www.pixabay.com

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