„Wer anderen gar zu wenig traut, hat Angst an allen Ecken; wer gar zuviel auf andere baut, erwacht mit Schrecken“ (Wilhelm Busch). Viel Vertrauen ist verloren gegangen. Zum einen in die Märkte, zum anderen aber auch in das Know-how der Produktanbieter in der Asset Management-Industrie. Viele Investoren und Experten haben auch in früheren Zeiten oft vom vermeintlichen „Des-Kaisers-neue-Kleider-Effekt“ gesprochen. Komplizierte, selbst für Fachleute kaum noch nachvollziehbare Derivatekonstruktionen: Viel Rauch um nichts, selbst für jeden Banker ersichtliche Bonitätsrisiken (Lehman) wurden ungenügend berücksichtigt. Kreditvergabe und Subprime-Segment: Bei vielen Investoren und Anbietern erschienen viele Anlageentscheidungen stärker durch Glaube und Hoffnung als durch Analyse geprägt worden zu sein.
Viele Fragen bleiben
Investoren und Anbieter sind keine Computer. Wo Entscheidungen getroffen werden, fließen auch viele der so genannten „weichen“ Faktoren ein. Deshalb soll an dieser Stelle das Verhalten diskutiert werden, Schuldzuweisungen sind hier fehl am Platze. Wenn man die oben angeführten Ergebnisse betrachtet, wird der nach außen dargestellte Mythos von der rein sachorientierten Anlageentscheidung im institutionellen Geschäft etwas relativiert. Die derzeitigen Verhaltensmuster werden mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in zukünftigen Krisen praktiziert werden: Zurückhaltung bei Neuanlagen, Misstrauen, Abwarten. Investoren und Produktanbieter erscheinen zum einen derzeit etwas „ratlos“, zum anderen zeigen sich Aktivitäten, die für die Asset Management-Industrie als ermutigend erscheinen.
Zurück auf Start
Krise hin oder her – an der grundsätzlichen Suche nach attraktiven Renditen und der Berücksichtigung von Diversifikationsgedanken bei institutionellen Investoren hat sich nichts geändert. Die traditionelle Long-only-Industrie wird gegenwärtig abwartend bis kritisch beurteilt. Ein Phänomen, dass man derzeit auch an den starken Mittelzuflüssen von Exchange Traded Funds (ETF) gegenüber aktiv gemanagten Fonds festmachen kann. Hier zeigt sich hier die Dynamik des seit Jahre anhaltenden Trends zum verstärkten Einsatz von Publikumsfonds bei Institutionellen. Interessant erscheint, dass bei dieser ganzen Suche nach geeigneten Produkten auf Investorenseite eine verstärkt kritische Haltung eingenommen wird: Auch im ETF-Bereich werden die Produktvarianten genau analysiert, viele neue Produkte werden wohl nach genauer Kalkulation auf nicht allzu große Begeisterung stoßen. Die ETF-Industrie könnte im Bereich Produktpolitik hinzu lernen – Konzentration auf Kernkompetenzen statt verstärkte Produktkomplexität. Die Hoffnung besteht, dass über lange Sicht wohl das Kind nicht mit dem Bade ausgeschüttet wird: ETF-Industrie und traditionelles aktives Management werden sich konstruktiv ergänzen. Multi-Management, Core Satellite etc. – alle Bereiche und Strategien verfügen über größere Freiheitsgerade hinsichtlich Zweckmäßigkeit und Kosten.
Entscheidend bleibt die Allokation
Die Themen Asset Allocation und Risikomanagement bleiben im Vordergrund, auch in Zukunft. Die besten Produkte generieren keinen Mehrwert, wenn Sie in der falschen Gewichtung eingesetzt werden. Die Industrie hat auf dieses Kernproblem noch keine befriedigende Antwort gefunden. Die Publikumsfondsindustrie befindet sich hier zum Beispiel hinsichtlich Transparenz (UCITS III bzw. „Vermögensverwaltende Ansätze“) in einer interessanten Testphase. Alternative Investments erscheinen oft auf Grund von Strategienvielfalt und tatsächlichem Track Record interessant. Ähnlich wie die Asset Allocation-Problematik (Prognose und Timing) wird auch das Marktphasenverhalten von Produkten und Strategien intensiver analysiert. Diese Entwicklung erscheint in der aktuellen Krise als positiv und ermutigend: Know-how wird ausgebaut. Die Produktanbieter werden auf kritischere institutionelle Investoren treffen. Fazit der aktuellen Krisendiskussion: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!
Quelle: www.institutional-investment.de
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