Kommentar: Asset Management und Markteintritt in D – Gedanken zu Erfolgsfaktoren und Stolpersteinen

„Nach dem ersten Schuss ist alle Planung zunächst einmal Makulatur“, so oder ähnlich lassen sich in Anlehnung an den Strategen Clausewitz einige Phänomene beschreiben, die den Markteintritt von Ausländern im Bereich Asset Management betrifft. Deutschland ist neben den anderen deutschsprachigen Ländern einer der begehrtesten Märkt in Europa und steht bei vielen ausländischen Anbietern von Fondsprodukten im Fokus. Scheinbar haben einige Gesellschaften ihre Hausaufgaben gemacht und sich positioniert. Ob gegenwärtig profitabel, sei erst einmal dahingestellt. Das Verhalten von bestimmten Fondsgesellschaften erstaunt immer wieder. Dezent betrachtet: Manchmal entsteht der Eindruck, als ob das Rad ständig neu erfunden wird.

Seit 2001 pflege ich von Frankfurt aus den Kontakt und Gedankenaustausch mit verschiedenen Vertretern von ausländischen Fondsgesellschaften mit Fokus auf Sales und Business Development – abhängige und unabhängige Anbieter (Fondsboutiquen). Immer wieder kommen Fragen zum Markteintritt, Produkte, Zielgruppen und sonstige Regularien. Aufgrund eigener praktischer Vertriebserfahrung bei einem Ausländer und der Branchenkenntnis haben wir uns da oft gegenseitig „unterstützen“ können. Da hilft es auch, wenn man für eigene Artikel häufig mit der Investorenseite spricht, da diese einen solchen Dialog häufig schätzt. Immer wieder sind mir jedoch einige Punkte aufgefallen, die durchaus erwähnenswert erscheinen. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit gibt es Themengebiete beim Markteintritt, die Chancen oder Stolpersteine darstellen können. An dieser Stelle sollen diese kurz und „ungefiltert“ angerissen werden. Als Fresh-up hatte ich die letzten Wochen noch viele Feedbacks zu diesem Thema von Branchenkennern erhalten. Die meisten wollten bei den angeführten, Punkten ungern zitiert werden, was ich in diesem Kommentar auch berücksichtigt habe.

Marktanalyse – führt zu viel Analyse zur Paralyse?
Viele Ausländer benutzen oft diverse Marktforschungsquellen als Analysegrundlage. Zum einen Firmen, die von Deutschland aus Research betreiben, zum anderen aber auch ausländische Informationsquellen oder öffentlich zugängliches Material. Die besten Zahlenquellen und Fragebögen ersetzen meiner Ansicht oft nicht das direkte Gespräch mit Investoren. Auffällig ist, dass oft die Entscheidung zum Markteintritt auf Grund quantitativen Daten gefällt wird. Man möchte einen bestimmten Teil vom Kuchen, ohne bestimmte Stolpersteine bzw. gedankliche Fehlschlüsse zu berücksichtigen. Die reine Marketingdenke gerät hier oft in Konflikt mit praktischer, „Hands-on-Vertriebsdenke“.

Ziele – “the sky is the limit” in Kombination mit “wishful thinking”?
Im Austausch mit vielen Sales-Verantwortlichen sind die Zielvorgaben der Unternehmen Wunschzahlen und sind weit von der Realität entfernt. Bekanntheit im Heimatmarkt des ausländischen Anbieters sagt wenig über die Erfolgsaussichten des deutschen Marktes aus. Deutsche Mitbewerber sind stark, es gibt viel „captive business“ für die Branchenführer in Deutschland. Eine ausländische Gesellschaft bzw. Fondsboutique sollte vorab gründlich die Hausaufgaben gemacht haben, da bei einem Fehlversuch neben dem Geld- auch ein Reputationsverlust bei den Investoren entstehen kann. Wenn die unrealistischen Sales-Vorgaben noch kombiniert werden mit einem „fußkranken“ Produkt, ist die Frustration bei der Fondsgesellschaft und auch beim Vertriebsverantwortlichen für Deutschland vorprogrammiert. Ein Beispiel wäre hier der 333. global anlegende Fonds, der im 3. Quartil der so genannten Hitlisten zu finden ist. Interessant sind auch Anbieter, die erst nach Markteintritt feststellen, dass rechtliche Regularien das eigene Zielpotenzial einschränken, da man nicht viel investieren möchte. Das führt dann zu großen Mail- und Telefonverkehr zwischen dem Vertriebsverantwortlichen für Deutschland und der Zentrale des ausländischen Anbieters. Sinngemäß: Country Head Germany: „Ich brauche für den erfolgreichen Vertrieb in Deutschland x und y“, Antwort der Zentrale: „Du bekommst x und y erst, wenn Du a und b erreicht hast“. Oft spricht man von strategischen Zielen, meint jedoch nur das „schnelle Ticket“.

Maßnahmen – viel hilft viel?
Grundmuster: Manchmal oder sogar häufiger anzutreffen – unzureichende Ergebnisse einer Marktforschung in Kombination mit mangelndem Commitment des Unternehmens zur Bearbeitung des deutschen Marktes. Es genügt nicht aus dem Ausland einzufliegen, um in Deutschland das große Geschäft zu vereinnahmen. Produktanbieter, die immer im ersten Quartil zu finden sind, zu allen bekannten Consultants Kontakt pflegen und auf der Empfehlungsliste auftauchen, können hiermit sicher Erfolg verbuchen, obwohl Sie sich in Ihrem Potenzial dadurch beschneiden. Viele andere Anbieter haben hiermit schlechte Erfahrung gemacht. Selbst Spitzenprodukte verkaufen sich nicht von selbst. Auch Institutionelle bzw. semi-institutionelle Kunden (Dachfondsmanager etc.) schätzen in Ergänzung zur Fachpresse und Datenbank den persönlichen Kontakt zum Anbieter. Roadshows können erfolgreich sein – wenn Produktqualität, Infrastruktur (Abwicklung) und fachliche Aufbereitung stimmen. Aufgrund von häufigen Einladungen zu solchen Veranstaltungen (Produktauswahl) habe ich hier eine große Spannbreite im Bereich Qualität wahrnehmen können. Erwartungsmanagement: Den schnellen Euro gibt es selten; in der Regel gilt die Maxime des „dicke-Bretter-bohrens“. Der Eintritt in den Retailmarkt ist oft sehr personalintensiv. Die Markttransparenz bei Asset-Management-Produkten ist hoch (Publikumsfonds, aber auch bei der Managerauswahl bei Institutionellen, Stichwort: Consultants). Es gibt auch in Deutschland genügend ausländische Anbieter, die zusätzlich andere ausländische Anbieter in der Produktleistung übertreffen -„Performance, Performance, Performance“. Eine hohe Kontaktfrequenz beim Investor können langfristig nicht eine durchschnittliche bis unterdurchschnittliche Performance kompensieren. Auch für Marketing und Public Relations gilt: „Ein Schwein bleibt ein Schwein, auch wenn man ihm ein goldenes Halsband umhängt“.

Chancen und Potential für ausländische Asset Manager
Auffällig bei den vielen Gesprächen mit Investoren und Sales-Verantwortlichen war die häufige Betonung des Themas Personalsuche. Wie finde ich einen guten Sales? Wie finde ich gute Dienstleister für Marketing, Vertrieb, Vertriebsunterstützung und Public Relations? Viele Ausländer haben sehr viel Lehrgeld bezahlt. Der „reine“ Sales-Mann ist häufig kein großer „Konzeptionist“; gesucht werden oft Schnittstellenfähigkeiten. Die eierlegende Wollmilchsau: Vertriebserfahrung, Marketing- und Public-Relations-Denke in Kombination mit sehr guter Produktkenntnis. Auch die institutionellen Kunden in Deutschland schätzen den so genannten „Solution-Provider“. Der Country Head oder gegebenenfalls auch übergangsweise der externe Dienstleister, der vielleicht auch nur temporär unterstützt, soll der ideale Business Developer sein. Mit der eindeutigen Zielsetzung verbunden, mittel- bis langfristige Profitabilität zu erreichen – das heißt „Tickets“ schreiben. Unterstellt man einmal, dass diese Personalbesetzung stimmt, eine realistische, praxisorientierte Markforschung stattgefunden hat und ein exzellentes Produkt gegeben ist, hat man vielleicht die halbe Miete eingefahren. Die andere Hälfte sollte auch immer wieder hervorgehoben werden. Die Anlage in Asset Management-Produkten ist oft langfristiger Natur. Schon alleine das Denken in Bestandsprovisionen, Basispunkten spricht für diese Haltung. Optimal wäre es, wenn auch bei der Marktbearbeitung dieser Gedanke öfters berücksichtigt würde. Hit-and-run-Markteintritte sind kontraproduktiv. Ausländische Fondsboutiquen, das heißt eigentümergeführte Häuser, leben diesen Gedanken oft erfolgreich. Vielleicht können sich viele ausländische Anbieter mit dem Gedanken anfreunden, der auch für die viele langfristig erfolgreiche inländischen Asset Manager gilt. Eine Kombination von qualifiziertem Personal, exzellenten Produkten bzw. Investmentansätzen und der gelebten Vertriebspraxis im Sinne der deutschen Redewendung: „Steter Tropfen höhlt den Stein!“


*Markus Hill ist unabhängiger Asset-Management-Berater.

Quelle: www.institutional-investment.de
Foto: www.pixabay.com

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