„Mir ist es eingefallen, während ich Fahrrad fuhr.“ (Albert Einstein). Markus Hill*sprach für FONDSBOUTIQUEN.DE mit Alexander Scholz, Telos Gmbh, über die Investorenbefragung 2023 „Immobilien, Alternative Investments & ESG“. Themen wie Private Debt, Infrastruktur, US-Immobilien und Risikomanagement bei institutionellen Investoren werden hier ebenso angesprochen wie das Thema Podcast, „Funds, Bikes & Espressi“ und der Wiesbadener Investorentag.
Hill: Herr Scholz, Sie hatten Anfang des Jahres zusammen mit artis institutionelle Investoren bezüglich deren Anlageverhalten bei Immobilien und Alternative Investments befragt. Was sind die wesentlichen Erkenntnisse der Umfrage?
Scholz: Zunächst möchte ich mich bei allen Teilnehmenden ganz herzlich bedanken. Je höher die Teilnehmerzahl, umso höher ist die Aussagekraft einer Studie. Mit erneut knapp 60 teilnehmenden deutschen institutionellen Investoren können wir mit Fug und Recht sagen, dass die Studie eine sehr hohe Aussagekraft hat. Betrachtet man die Ergebnisse, so lässt sich eine gewisse Zurückhaltung der institutionellen Investoren feststellen – quasi ein „Verschnaufen“. Gerade im Bereich der Immobilien ist die Euphorie der letzten Jahre zum Stoppen gekommen. Ein deutlicher Ausbau der Immobilienquoten ist nicht zu erwarten – aber auch kein Ausverkauf bestehender Objekte. Bei den Alternative Investments liegen Infrastruktur und erneuerbare Energien weiterhin im Trend. Bei Private Debt ist wie bei Immobilien eine gewisse Zurückhaltung zu spüren.
Hill: Worauf führen Sie die Zurückhaltung der Anleger zurück?
Scholz: Vieles hängt mit der Zinsentwicklung zusammen. Insbesondere regulierte institutionelle Investoren mussten spürbare Verluste auf ihre Anleiheninvestments hinnehmen. Dies hat nicht nur das verfügbare Risikokapital der Anleger reduziert, sondern auch zu einer – passiven – Erhöhung der Alternative-Quoten geführt. Infolge dessen warten institutionelle Investoren zunächst den Abruf ihrer in den Vorjahren gemachten Commitments ab, bevor sie Neuallokationen anstoßen. Ein weiterer Effekt der gestiegenen Renditen ist, dass institutionelle Investoren ihre Verpflichtungen nunmehr auch mit klassischen Anlagen wie Staatsanleihen, Covered Bonds sowie Unternehmensanleihen erfüllen können. Platt gesagt: 2,5% bekommen ich auch locker mit einer Mischung aus 50% Staats- und 50% Unternehmensanleihen hin. Auch wenn dies sicherlich zu kurz gedacht ist. Eine vernünftig diversifizierte Asset Allokation mit liquiden und Alternative Investments ist auch weiterhin der richtige Ansatz.
Hill: Gibt es weitere Trends, die Sie auch der Studie ableiten können?
Scholz: Bei Immobilien und Alternatives können wir eine „Internationalisierung“ feststellen. Anleger schauen sich auch in diesen Segmenten zunehmend nach Anlageopportunitäten außerhalb Deutschlands um – zum Beispiel US Immobilien. Im Prinzip verhalten sich die Investoren bei Immobilien und Alternatives so wie sie es früher auch bei den klassischen liquiden Anlageklassen gemacht haben. Statt wie früher DAX und REX sind heutzutage Aktien und Anleihen aus den Schwellenländern normale Portfoliobestandteile.
Hill: Wie sieht mit dem Thema Nachhaltigkeit aus? Ist dies aufgrund der Marktentwicklungen aus dem Fokus der institutionellen Investoren gerückt?
Scholz: In Teilen ja. Die hohe Inflation mit all ihren Folgen (steigende Zinsen, Rezession etc.) gepaart mit geopolitischen Ereignissen hat das Thema ESG etwas in den Hintergrund rücken lassen. Dennoch muss man klar sagen, das Asset Manager, die das Thema nicht ernsthaft angehen, zukünftig einen schweren Stand bei der Gewinnung neuer Mandate haben werden. Hier wird alleine die Aufsicht durch ihre Vorgaben sorgen – wie z.B. mit dem 8. Änderungsgesetz für SGB IV Anleger. An dieser Stelle möchte ich auch noch auf einen Video-Cast hinweisen, in dem detaillierter auf die Ergebnisse der Studie eingegangen wird. Danke noch für die Moderation der Runde, über den interessanten Gedankenaustausch zu den Ergebnissen der Studie mit Sebastian Thürmer sowie über das Thema „USA & Immobilien“ mit Martin Krause und Martin Stoß von der BVT Holding habe ich mich sehr gefreut. Investoren, die Interesse an der Studie haben, können sich gerne unter info@telos-rating.de bei uns melden. Über einige Ergebnisse der Studie werden wir bestimmt auch noch bei unserem gemeinsamen Panel in Frankfurt am Main am 7. Juli sprechen. Ich freue mich auf die Diskussion mit Dr. Dominik Benner (Benner Holding GmbH), Florian Schmitt (VBG Invest AG) und Jan-Paul Becker (Jan Paul Becker Institut GmbH). Dort können wir dann auch vertieft über andere Themen wie Due Diligence, Performance, Rendite und die aktuellen Herausforderungen von Family Offices beim Investment in liquide und nicht-liquide Assets sprechen.
Hill: Welche Strömungen nehmen Sie noch bei institutionellen Investoren wahr?
Scholz: Das Jahr 2022 hat tiefe Spuren in den Portfolien hinterlassen. Insofern gewinnt das Thema Risikomanagement klar an Bedeutung. Auf die Frage, worauf institutionelle Investoren bei Managerauswahl Wert legen, wurde das Kriterium Risikomanagement am häufigsten genannt, noch vor Performance. Weitere wichtige Faktoren sind Transparenz, Kommunikation und Kundenbetreuung. Der Faktor Kosten spielt eine deutlich geringere Rolle als noch in den Vorjahren.
Hill: Das ist interessant. Kann man sagen, dass Qualität vor Preis geht?
Scholz: Letztendlich ja, auch wenn dies sicherlich nicht bedeutet, dass die Investoren nun jeden Preis akzeptieren. Auf jeden Fall lohnt es sich, die Qualität der Prozesse und des Risikomanagements genau zu analysieren, wenn man einer Asset Manager auswählt.
Hill: Sie haben das sehr herausfordernde Umfeld für die Investoren angesprochen. Was schlagen Sie den Anlegern konkret vor?
Scholz: Konkrete Anlageempfehlungen sprechen wir bei TELOS nicht aus. Aber vielleicht finden Investoren ja ein paar Anregungen und Ideen beim Wiesbadener Investorentag am 22. Juni. Weitere Informationen stehen auf unserer Homepage (www.telos-rating.de) unter der Rubrik „Veranstaltungen“.
Hill: Verlassen wir die Welt der Kapitalmärkte. Wie lief das Frühjahr in sportlicher Hinsicht?
Scholz: Bei dem Wetter in diesem Frühjahr hätte ich auf Wassersport umsatteln können. Der Regen und die niedrigen Temperaturen haben mir in meinen Planungen gehörig einen Strich durch die Rechnung gemacht. Selbst ein geplantes „Trainingslager“ mit unserem kleinen Team „Funds, Bikes & Espressi“ (an dieser Stelle grüße ich Stephan Jacobs von Active Fundplacement, Peter Kerger von MBMs/GreenVesting und Olaf Struckmeier von Bike Union) Mitte Mai am Gardasee ist ins Wasser gefallen. Insofern war der Saisonauftakt bescheiden, aber ich hoffe einen schönen Sommer mit netten Touren.
Hill: Vielen Dank für das Gespräch.
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Markus Hill ist unabhängiger Asset Management Consultant in Frankfurt am Main.
Kontakt: info(at)markus-hill.de; Website: www.markus-hill.de
Veranstaltungshinweis „14. Wiesbadener Investorentag“ (22.6.2023)