FONDSBOUTIQUEN & PRIVATE LABEL FONDS: US-Immobilien, Due Diligence, „Immobilien, Alternative Investments & ESG“ & Basketball (INTERVIEW – Martin Stoss, BVT Holding)

Immobilien, USA, Internationalisierung und der die Bedeutung einer professionellen Due Diligence von Zielinvestments werden aktuell bei institutionellen Investoren verstärkt diskutiert. Markus Hill sprach für FONDSBOUTIQUEN.DE mit Martin Stoss, BVT Holding, über seine Leidenschaft für das Segment US-Immobilien, Due Diligence-Faktoren bei der Auswahl von Objekten, die Besonderheiten des US-Marktes und über die Bedeutung der verschiedenen Marktsegmente vor Ort. Unterstrichen wurden diese Ausführungen auch bei der im Mai dieses Jahres durchgeführten Panel-Diskussion im Rahmen der Studie „Immobilien, Alternative Investments & ESG“.

Martin Stoss, BVT Holding

Hill: Welchen Bereich betreuen Sie in Ihrem Unternehmen?

Stoss: Ich bin seit rund zweieinhalb Jahren bei der BVT als Geschäftsführer für den US-Bereich tätig. Davor war ich bei einer Tochter der Deutsche Bank sowie PGIM, einem der globalen Top-Ten Manger, mit einem verwalteten Vermögen von rd. 1,5 Billionen USD, als Executive Director (Portfolio- Management) für die Regionen Asien, Australien und USA tätig. Bei der BVT umfasst mein Tätigkeitsbereich die Fondskonzeption von geschlossenen Immobilienfonds nach deutschem Recht sowie für institutionelle Investoren nach luxemburger Recht. Daneben fällt u.a. das Portfoliomanagement, der An- und Verkauf sowie das Investorenreporting in meinen Fachbereich. Als studierter Bauingenieur mit Schwerpunkt Baubetriebswirtschaftslehre habe ich schon seit langem eine Affinität für Immobilien. Rd. 20 Jahre lang habe ich bei der Deutschen Bank (5 Jahre) und später PGIM (15 Jahre) Immobilienfonds verantwortet, die in allen großen Wirtschaftsräumen bzw. Volkswirtschaften der Welt investiert haben und konnte dadurch umfassende Kenntnis der Immobilienmärkte und Volkswirtschaften in Asien, Australien, USA und Europa gewinnen. Dies führt dazu, dass ich wirtschaftliche Entwicklungen im globalen Kontext einwerten kann und die möglichen Auswirkungen und Chancen auf den Immobiliensektor eines spezifischen Wirtschaftsraums früh erkennen und strategisch umsetzen kann.

Hill: Warum beschäftigen Sie sich intensiv mit dem US-amerikanischen Immobilienmarkt?

Stoss: Der US-Markt ist aus meiner Sicht auch weiterhin aufgrund der nachstehenden Punkte sehr interessant. Die USA sind die weltgrößte Volkswirtschaft mit einem Bruttoinlandsprodukt in Höhe von 21 Billionen US-Dollar (2021) und dem zehnthöchsten Pro-Kopf-Einkommen (2020). Mit über 330 Millionen Einwohnern ist es damit das Land mit der drittgrößten Bevölkerung der Welt, nach China und Indien. In den USA finden sie den größten gewerblichen Immobilienmarkt der Welt mit einer sehr hohen Transparenz (JLL Transparency Index: Platz 2), ohne Berücksichtigung von Eigentumswohnungen als Kategorie. Das Land verfügt über ein Steuersystem und über eine Währung, die Leitwährung der Welt ist. Gemäß Global Firepower Index verfügt es über die stärkste Armee der Welt. Die Bevölkerung wächst dort mit einer Rate von einem Prozent pro Jahr. Hervorzuheben ist auch die exzellente Aufstellung der USA in Sachen Demographie, das Land zeichnet sich durch eine junge Bevölkerungsstruktur aus. Wir sind hier nicht so gut aufgestellt. Deutschland hat mit 47,8 Jahre nach Japan mit 48,6 Jahre die im Durchschnitt älteste Bevölkerung. 18,5% der Bevölkerung in Deutschland sind jünger als 20 Jahre. Die Bevölkerung der USA ist durchschnittlich 38,5 Jahre alt, also fast 10 Jahre jünger als in Deutschland. Ebenfalls sind 24,8% der Bevölkerung jünger als 20 Jahre.  

Hill: Warum sollte man in das Segment Wohnen in den USA investieren?

Stoss: In den USA fehlen derzeit rund 2,5 Mio. Wohnungen. Die jährliche Neubautätigkeit reicht nicht aus, um diese Lücke zu schließen. Wir bauen Wohnungen in dem hochwertigen Segment Multifamily Class A. Hier fehlten in Q1/2023 rund 500.000 Wohnungen. Die Nachfrage nach Mietwohnungen steigt in den USA kontinuierlich an und das insbesondere in den Märkten Ostküste und Sunbelt. Gründe dafür sind unter anderem das stetige Bevölkerungswachstum, der gesellschaftliche Wandel sowie der signifikante Preisanstieg bei Haus- bzw. Wohneigentum. Aufgrund der stark gestiegenen Zinsen ist der Erwerb von Wohneigentum für sehr viele potenzielle Käufer unerschwinglich geworden. Dies verstärkt die Nachfrage nach Mietwohnungen. Man sollte zudem nicht vergessen, dass es hier im Jahr im Durchschnitt zu rund einer Millionen neuen Haushaltsgründungen kommt. Interessant erscheint uns auch die sehr hohe Liquidität im Markt mit einem Transaktionsvolumen im Bereich Multi-Family von rund 350 Mrd. US-Dollar (02/2021–02/2022). Man findet zudem eine Form von „Inflationssicherheit“ durch Mietvertragslaufzeiten von rund einem Jahr im Bereich Wohnen dort. Die Returns liegen hier im Bereich von11% bis 13% p.a. Multi-Family outperformed seit mehr als 15 Jahren alle anderen gewerblichen Immobilienklassen (Hotel, Industrie, Büro und Einzelhandel). gemäß NAREIT Stand Q2/2023 liegen Apartments mit einem Total Return von +6,27% weit vor den gängigen Asset-Klassen Büro mit -18,1% und Retail -2,0%. (Bei Büro und Retail ist der Return negativ!). Hierbei handelt es sich um REITs.

Bei der Prüfung von potenziellen neuen Investitionen sind wir stark Research-getrieben und prüfen das mögliche Investment auf Herz und Nieren. Welche Punkte sind hier für uns wesentlich bei dieser Vorgehensweise? Wir konzentrieren uns auf Märkte, in denen wir eine hohe Expertise haben (Ostküste: Großräume Boston., Washington, Orlando, Atlanta). Der Faktor „Supply vs. Demand“ in diesen Märkten. Wir prüfen hier genau, wie viele neue Projekte im Umfeld geplant und im Bau sind. Wichtig ist es zu wissen, wie viele Wohnungen pro Jahr historisch gebaut und vermietet wurden (absorption rate). Wir wollen dadurch sicherstellen, dass sich für die erstellten Wohnungen dann auch in ausreichender Anzahl Mieter finden lassen. Die Bevölkerungsentwicklung beobachten wir sehr aufmerksam. Wir beobachten ebenso die Bereiche Arbeitgeber (Anzahl von Arbeitsplätzen und Branchen) und die Entfernung zu den größten Arbeitgebern. Am attraktivsten erscheinen uns hier die Segmente High Tech, Med and Ed (Medizin und Education), Luftfahrt, öffentliche Verwaltung und große Militäreinrichtungen (Forschung, Medizin).  Welche weiteren Faktoren sind für uns wichtig bei der Analyse? Die Qualität des Wohnungsbestandes und der geplanten Wohnbauten, Analyse der IST-Mieten der Konkurrenzobjekte, die Überprüfung der erzielbaren Mieten nach Fertigstellung, die verkehrstechnische Anbindung und ein attraktives Umfeld für die potenziellen Mieter (Gastronomie, Sportmöglichkeiten, Freizeit). Wichtig erscheinen uns bei der Analyse auch Punkte wie das Schulwesen und die Universitäten vor Ort und der „Komfort“ für Mieter, Stichwort: Güter des täglichen Bedarfs (proximity to retail). Natürlich schauen wir uns auch durchschnittliches Haushaltseinkommen und die Altersstruktur im Einzugsgebiet an. Um das Bild bezüglich meiner Anmerkungen von zuvor an dieser Stelle abzurunden, verweise ich hier auch noch auf unsere gemeinsame Paneldiskussion vom Mai dieses Jahres. Wir hatten hier ja hier die Gelegenheit zusammen mit Alexander Scholz (TELOS), Sebastian Thürmer (ARTISICM) und meinem Kollegen Martin Krause intensiver auf die Besonderheiten, Herausforderungen und Chancen des US-Marktes hinzuweisen. (Vielen Dank nochmals für die Moderation). Die Studie hatte ja noch zusätzlich als interessantes Ergebnis, neben der Diskussion von anderen Asset-Klassen: Ein sehr hoher Anteil von institutionellen Investoren beschäftigt sich derzeit intensiv mit dem Thema US-Immobilien.

Hill: Was machen sich, wenn Sie sich gerade nicht mit dem US-Immobilienmarkt beschäftigen?

Stoss: In meiner Freizeit verbringe ich möglichst viel Zeit mit der Familie – Radfahren, Wandern mit den Kindern oder Sportveranstaltungen, beide Kinder spielen Basketball in Leistungskadern. Darüber hinaus bin ich ein leidenschaftlicher Rennradfahrer, ich genieße einfach die Natur und die Ruhe als Ausgleich zur Bürotätigkeit.  

Hill: Vielen Dank für das Gespräch.

Martin Stoß verantwortet als Geschäftsführer der BVT Holding Verwaltungs GmbH den Bereich Immobilien USA der BVT in München. Herr Stoß verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Konzeption von geschlossenen Immobiliernfonds nach deutschem und luxemburger Recht sowie auch als Portfoliomanager im internationalen Immobiliengeschäft mit Investitionen in Australien, Asien, USA und Europa.


QUELLE: www.institutionell-investment.de

IMMOBILIEN, ALTERNATIVE INVESTMENTS & ESG. Markus Hill sprach im Mai dieses Jahres mit Alexander Scholz (Telos GmbH), Sebastian Thürmer (artis Institutional Capital Management GmbH), Martin Krause (BVT Holding) und Martin Stoß (BVT Holding) über die Ergebnisse der Studie „Präferenzen institutioneller Anleger bei Immobilien und Alternative Investments“. Zum einen wurden die allgemeinen Inhalte und Ergebnisse der Studie zu Immobilien, Alternative Investments und ESG erläutert (Immobilien, Infrastruktur, Erneuerbare Energien etc.), zum anderen wurde intensiv über das Thema Internationalisierung & Asset Allocation diskutiert (Beispiel: US-Immobilien). INSTITUTIONELLE INVESTOREN wurden auch in diesem Jahr bei dieser Befragung wieder zu folgenden Entwicklungen (Bereiche & Stichworte) befragt: Planung zum Ausbau der Immobilienquote, Nutzungsarten, Allokation, Regionen, Alternative Investments (AI)-Quoten, AI-Segmente, Private Debt, Erneuerbare Energien, Infrastructure Equity, Private Equity, Attraktivität der Asset-Klassen, Bedeutung & Strategie „Nachhaltigkeit“, ESG – Leitfaden & Analyse, Impact Investing, energetische Sanierungsmaßnahmen bei Immobilien. LINK ZUM VIDEO „IMMOBILIEN, ALTERNATIVE INVESTMENTS & ESG“: LINK

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