„Die Aufsicht sieht solche Advisory-Lösungen kritisch und prüft im Einzelfall sehr genau“

Family Offices, Vermögensverwalter und Stiftungen beobachten derzeit verstärkt die Chancen und Risiken, die sich aufgrund der Einführung des KAGB in Bereichen wie Fondsauflage, Club Deals und Besteuerung ergeben. Um bei Investments die Vorteile von professionellen Netzwerken effizient nutzen zu können, ist Rechtssicherheit gefragt. Markus Hill sprach für IPE Institutional Investment mit den Partnern Dr. Christoph Gringel und Klaus Weinand-Härer von der Wirtschaftskanzlei HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK über den gegenwärtigen Stand der Diskussion.

Hill: Regulierung ist oft kein Lieblingsthema für Akteure in der Asset Management-Industrie. Die ersten Wellen haben sich gelegt in der Finanzindustrie. Die neue Welt des KAGB ist Realität geworden. Was bedeutet dies für Family Offices und Vermögensverwalter?

Gringel: Beide Gruppen mussten durch die Einführung des KAGB überprüfen, ob Sie auch für das neue regulatorische Umfeld passend aufgestellt sind. So sehen wir bei unabhängigen Vermögensverwaltern seit der Einführung des KAGB die Tendenz, lieber als Anlageberater für einen Fonds zu agieren anstatt als dessen Portfoliomanager. Denn im Zusammenhang mit dem Portfoliomanagement von Fonds sind durch das KAGB weitere Pflichten hinzugekommen, die von den Kapitalverwaltungsgesellschaften auf den Portfoliomanager übertragen werden. Allerdings sieht die Aufsicht solche Advisory-Lösungen kritisch und prüft im Einzelfall auch sehr genau, ob nicht die Grenze zum Portfoliomanagement überschritten wird.

Weinand-Härer: Für Family Offices ging es dahingegen um die Frage, ob einzelne Tätigkeiten künftig in den Anwendungsbereich des KAGB fallen und wie man darauf reagiert. Da sind die verschiedenen Family Offices je nach Tätigkeitsfeld zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen und Konsequenzen gekommen. Dies kann bis zum Aufsetzen einer eigenen Kapitalverwaltungsgesellschaft gehen. Für die Family Offices gibt es diesbezüglich sicherlich keinen Ansatz der für alle Family Offices passt.

Hill: Die Themen Know-how, Netzwerke und Club Deals werden intensiv bei Family Offices und Stiftungen diskutiert. Durch die Konzeption und Durchführung von Club Deals ergeben sich große Chancen für Family Offices, Stiftungen und andere Marktteilnehmer. Gibt es auch Risiken, auf die die Beteiligten vor dem Hintergrund vom KAGB achten sollten?

Gringel: Grundsätzlich ist auch bei einem Club-Deal immer zu prüfen, ob nicht das KAGB Anwendung findet, denn eine generelle Ausnahme für Club-Deals sieht das KAGB gerade nicht vor. Allerdings können Club-Deals so strukturiert werden, dass eine Anwendbarkeit des KAGB vermieden wird. Jedoch muss die gewählte Struktur für den Einzelfall passen und auch entsprechend gelebt werden. Sofern die Anwendbarkeit des KAGB auf den spezifischen Club-Deal falsch eingeschätzt wird, können die Folgen für Initiatoren aber auch für Investoren unangenehm sein. So ist die Verwaltung eines Club-Deals in Form eines Investmentvermögens ohne entsprechende Erlaubnis der Aufsicht nicht nur strafbewehrt sondern begründet regelmäßig auch Schadensersatzansprüche der Investoren gegenüber dem Verwalter. Darüber hinaus kann die BaFin die Abwicklung des Club-Deals verlangen. Dementsprechend besteht für die Investoren das Risiko, das die beabsichtigte Rendite mit dem Club-Deal nicht erreicht werden kann.

Hill: Interessant. Angenommen ein Family Office und eine Stiftung würden gemeinsam in ein Immobilienprojekt investieren. Wie könnte in der Praxis ein Fall aussehen, bei dem unter Umständen Schadensersatzansprüche abgeleitet werden könnten?

Gringel: Denkbar wäre zum Beispiel der Fall, in dem ein Family Office ein Immobilienprojekt realisieren möchte, es allerdings nicht über genügend eigene finanzielle Mittel verfügt und deswegen ein Co-Investor sucht. Hierbei spricht das Family Office verschiedene Investoren an, wie zum Beispiel Stiftungen. Sofern das Family Office und die Stiftung ihre Mittel in einer Projektgesellschaft bündeln, die dann in das Immobilienprojekt investiert und vom Family Office verwaltet wird, spricht einiges dafür, dass diese Projektgesellschaft als Investmentvermögen im Sinne des KAGB qualifiziert. Wenn das Family Office über keine Erlaubnis als Kapitalverwaltungsgesellschaft verfügt, darf es die Projektgesellschaft nicht verwalten. Macht es dies trotzdem, so verstößt es gegen die Vorschriften des KAGB und der Stiftung als Co-Investor können gegenüber dem Family Office bei negativer Wertentwicklung des Immobilienprojekts Schadensersatzansprüche aufgrund dieses Verstoßes gegen das KAGB zustehen.

Hill: Der Bereich Strukturierung von Investments wird im KAGB beschrieben und definiert. Wie sehen vor der neuen Rechtslage das Zusammenspiel von KAGB und Steuergesetzgebung? Besteht noch Diskussionsbedarf?

Weinand-Härer: Es bestehen Unsicherheiten bei Anwendung des Investmentsteuergesetzes im Zusammenhang mit den Neuregelungen des KAGB. .Im Zusammenspiel zwischen KAGB und steuerlichen Vorschriften werden immer wieder Fragen aufgeworfen. Die Bund-/Länderarbeitsgruppe sowie das Bundesfinanzministerium halten immer noch aus europarechtlichen Gründen eine grundlegende Reform des Investmentsteuergesetzes für geboten. Mit Urteil vom 9. Oktober 2014 hat der EuGH entschieden, dass die Pauschalbesteuerung gemäß §6 Investmentsteuergesetz gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoße und folglich europarechtswidrig sei. Derzeit ist noch unklar, wie diese Überarbeitung ausfallen wird und ob es gegebenenfalls zu einer verschärften Besteuerung kommt, wie in einem früheren Entwurf angekündigt. Dies beeinflusst die Rendite derzeitiger und künftiger Anlagen und führt unter Umständen dazu, dass viele Anleger verunsichert werden. Das Halten von liquiden Mitteln kann aber auch riskant sein, wenn hier zum Beispiel Steuern erhoben werden. Die Auswirkungen europarechtlicher Vorgaben auf den Vermögensbestand sind m.E. nicht zu unterschätzen.

Hill: Diese Situation hört sich für Investoren in steuerlicher Hinsicht nicht befriedigend an. Was sollte getan werden? Gibt es Lösungsansätze?

Weinand-Härer: Aus meiner Sicht ist für den Standort Deutschland wichtig, dass eine gesicherte Basis geschaffen wird, auf der Investments besteuert werden. Hier sollte durch die Reform des Steuerrechts gerade im Hinblick auf den Mittelstand eine rechtsformneutrale Besteuerung angestrebt werden. Sollten die Reformen, insbesondere des Investmentsteuerrechts, sich steuerlich nachteilig auswirken, bleibt institutionellen Investoren, Vermögensinhabern und Family Offices nur die Möglichkeit der Diversifizierung ihres Vermögens, nicht nur im Hinblick auf Assetklassen, in die investiert wird, sondern gegebenenfalls auch Streuung auf verschiedene Länder.

Hill: Viele Investoren streuen Ihr Vermögen auf verschiedene Investments. Verschiedene Gewichtungen bei Asset Allokation, Anlageinstrumenten bzw. in Direktinvestments auch überregional sind die Praxis. Wenn man diese „faktische“ Investmentpolitik in Anlageinstrumente betrachtet – welche andere Kategorie des Risikomanagements betrachten Sie bei Ihrem Streuungsbegriff?

Weinand-Härer: Neben der Investition in verschiedene Märkte und Währungen kommt es auf die Stabilität des jeweiligen Landes, insbesondere seiner Steuergesetze an. Investoren sollten hier die EU sowie Länder außerhalb der EU betrachten. Daneben spielt regelmäßig auch die Reduzierung der Quellensteuern auf Investmenterträge eine Rolle und kann letztlich zu einer Renditesteigerung führen. Letztlich sind Investmentalternativen immer nach Steuern zu betrachten und unter Berücksichtigung möglicher Änderungen über die Investmentperiode.

Hill: Vielen Dank für das Gespräch.


Quelle: www.institutional-investment.de
Foto: www.pixabay.de

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