„Der Trend in der Industrie zum verstärkten fachlichen Gedankenaustausch hält an“ (Interview – Markus Hill)

Vom 29. Juni bis 2. Juli fand das FundForum International in Monaco statt. Der unabhängige Branchenexperte und IPE-Autor Markus Hill moderierte dort auch in diesem Jahr eine Paneldiskussion. Mit Entscheidern von Family Offices diskutierte er über den Themenkomplex Fondsboutiquen und Due Diligence. Vor der Veranstaltung moderierte er zusätzlich zu dem Themenkomplex „Fondsmanagement – Mensch versus Maschine“ und „Fondsauswahl bei Stiftungen“. Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit ihm über aktuelle Themen, die auch vor dem Hintergrund der vorangegangenen oder zukünftigen Veranstaltungen bei Family Offices und Asset Managern verstärkt diskutiert wurden.

IPE Institutional Investment: Im Juli hatten Sie Ihre Paneldiskussion zum Thema Family Offices und Due Diligence in Monaco. Was fiel Ihnen in diesem Jahr besonders auf bei der Diskussion?

Hill: Neben den Standardthemen wie quantitativer und qualitativer Selektionsprozess empfand ich es in diesem Jahr als spannend zu sehen, wie auch die Bereiche Gruppenentscheidung und Vor-Ort-Besuch bei unabhängigen Asset Managern angesprochen wurden. Einer der Panelisten merkte an, dass man sich natürlich aus dem Fenster lehnen könnte um auch unbekannten, exzellenten Managern möglicherweise eine Chance für ein „Ticket“ zu ermöglichen. Als Mitglied eines Teams, das Selektionsentscheidungen trifft, sollte man sich jedoch bewusst sein, dass man im Ernstfall ein Karriererisiko eingehen könnte: Man muss schon in der Mehrzahl der Fälle bei solchen Aktionen richtig liegen, um sich diesen Luxus für Entscheidungen unter erhöhtem Risiko leisten zu können. Entscheidend erschien auch die Bedeutung der „Hauskultur“: Werden unabhängige Entscheider als Selektoren für unabhängige Manager wirklich geschätzt? Weiss man um den Mehrwert von solchen Mitarbeitern? Ein finaler Besuch des Managers durch das Family Office wurde thematisiert. Nach dem Durchlaufen aller Vorstufen im Selektionsprozess soll es Fälle geben, wo auch eine mehrtägige Beobachtung von Akteuren und Prozessen vor Ort am Ende den Ausschlag geben kann für eine Investitionsentscheidung.

IPE Institutional Investment: Kurz vor Ihrem Monaco-Termin hatten Sie in Frankfurt ein Panel zu dem Themenbereich „Kopf, Bauch oder Maschine?“ mit Produktanbietern moderiert. Wo lag hier der Schwerpunkt der Diskussion?

Hill: Konsens bestand in der Runde aus Produktspezialisten und Dachfondsmanagern, dass man auf absehbare Zeit nicht an den Sieg der Maschinen über den Menschen glaubt. Themen wie „Fintech-Hype“ beziehungsweise Robo Advisory werden von den Fondsmanagern aufmerksam verfolgt. Am Schluss scheint es so zu sein, dass der Mensch finale Entscheidungen im Portfoliomanagement trifft oder die Inhalte für Programmierung und Optimierung vorgibt und die Monitoringfunktion übernimmt. Auch Themen wie Aktives Management versus Passives Management wurden von den Teilnehmern intensiv diskutiert. Wie so häufig bei vielen dieser Diskussion kommt man zu dem Schluss: Man kann nicht passiv Passives Management betreiben. Auch die Entscheidung zur Passivität ist eine aktiv getroffene Entscheidung. Auf die Produktebene bezogen, auch im Dachfondsmanagement, bedeutet dies: Ein Manager trifft irgendwann zu einem oder zu verschiedenen Zeitpunkten die Entscheidung über eine bestimmte Allokation, selbst bei der Auswahl von regelbasierten Systemen bestimmt der Mensch, in welche Richtung solche Systeme eingreifen beziehungsweise wie solche Systeme weiterentwickelt werden.

IPE Institutional Investment: Danke für die kurze Momentaufnahme bezüglich dieser beiden Fondsselektoren-Panels. Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich aktuell? Welche Entwicklungen verfolgen Sie intensiver?

Hill: Im Rahmen eines Projektes befasse ich mich schon längere Zeit intensiver mit dem Thema „Value Investing und Fondsboutiquen“. Auch die gegenwärtige Runde beim 2. Frankfurter Fondsboutiquen-Panel unterstützt in Teilen die Meinungsbildung in diesem Bereich. Im Rahmen einer Vortragsreihe mit Prof. Dr. J. Carlos Jarillo wird in diesem September erneut der Gedankenaustausch zu diesen Themen und zum Thema Unternehmensstrategie und Wettbewerbsvorteil geführt. Es wird sich, wie bereits in diesem Mai in Frankfurt, erneut die Gelegenheit bieten, eine kritische Diskussion mit Fondsselektoren zu führen. Der Themenkreis ist keineswegs nur ein Thema für den Investmentprozess bei liquiden Produkten. Bei verschiedenen fachlichen Diskussionen über die angesprochenen Themen erschien interessant, dass viele Investoren – unabhängig von der Produktverpackung – sich oft mit ähnlichen Fragestellungen beschäftigen: Stimmt das „Unternehmenskonzept“ vom Investment in Unternehmen, Aktien oder Fonds? Wie angreifbar sind Konzepte durch Mitbewerber? Was sind wirkliche Barrieren, um langfristig Wettbewerber vom Markteintritt abzuhalten? Bemerkenswerterweise finden sich bestimmte dieser Aspekte oft auch bei der Fondsmanager-Selektion: Wie schnell lässt sich ein Fondskonzept kopieren? Was macht den elementaren, einzigartigen Wettbewerbsvorteil eines unabhängigen Asset Managers aus? Wo liegen die Risiken bei Konzepten und Akteuren? Offene Fonds, Private Equity und Direktinvestments – alles Bereiche, wo sich ähnliche Ansätze zu einer vertieften Diskussion dieser Felder anbieten.

IPE Institutional Investment: Neben dem Thema Fondsboutiquen und Managerauswahl beschäftigen Sie sich mit Themen wie Real Assets, Direktinvestments und Nachhaltigkeit. Family Offices, Stiftungen und viele andere, klassische Investoren beobachten diese Marktsegmente intensiv. Wie sehen Sie die Entwicklung in diesem Bereich?Hill: Diese Bereiche umspannen ein sehr weites Feld. Ich beschäftige mich vor dem Hintergrund eines Panels an der Goethe Universität in Frankfurt im Oktober dieses Jahres zusätzlich verstärkt mit dem Thema Impact Investing und Nachhaltigkeitskonzepten bei Investments. Die Veranstaltung wird organisiert von Professor Dr. Rainer Klump und Dr. Manuel Wörsdörfer, in Kooperation mit Karen Wendt (Responsible Investmentbanking). Interessant erscheint mir, dass im Rahmen der Investorengespräche zunehmend Offenheit für Konzepte herrscht, zumindest erscheint das Thema Nachhaltigkeit sich in großen Schritten aus der reinen „Mode-Ecke“ – viele reden darüber, noch weniger investieren konkret – zu bewegen. Trends im Markt, auch Regulierung und Anlagenotstand, scheinen einen produktiven Druck in die Diskussion zu bringen. Man kann nur hoffen, dass dieser begrüßenswerte Trend anhält. Losgelöst von den angesprochenen Themenfeldern erscheint für die Asset Management-Industrie eine Sache in 2015 erfreulich – die starken Mittelzuflüsse sind erfreulich und auch die derzeitige Börsenkrise erscheint zumindest gegenwärtig nicht als bedrohlich. Der Trend in der Industrie zum verstärkten inhaltlichen Gedankenaustausch – wie oben schon angeführt, hält an. Vor diesem Hintergrund kann man sich nur freuen auf neue Diskussionsmöglichkeiten mit Branchenkollegen. Frankfurt liegt mir am Herzen. Deshalb freue ich mich auch wieder auf die anstehende BVI Asset Managementkonferenz am 1. Oktober in Frankfurt, einen Tag vor der angeführten Veranstaltung an der Goethe Universität. Allesamt Gelegenheiten zum fachlichen Gedankenaustausch, wo weniger Produkte sondern Entwicklungen in Branchen übergreifend diskutiert werden.

IPE Institutional Investment: Herr Hill, vielen Dank für das Gespräch.


Quelle: www.institutional-investment.de
Foto: www.pixabay.com

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