Am 16. November findet erstmalig die Konferenz „Global Impact Investments“ von ESOFON in Genf statt. Der unabhängige Branchenexperte Markus Hill wird dort an einer Paneldiskussion teilnehmen. Mit Entscheidern von Family Offices und anderen Marktteilnehmern diskutiert er gemeinsam den Themenkomplex Produktauswahl, Due Diligence und Markttrends im Bereich von Impact Investments. IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit ihm über aktuelle Themen.
IPE Institutional Investment: Welche Themenfelder werden auf der Konferenz „Global Impact Investments“ in angesprochen?
Hill: Auf der der Konferenz werden bei Impact Investments über Trends, Wachstumsaussichten und Portfolio Management diskutiert. Insbesondere wird die Perspektive von Investoren aus dem Family-Office-Bereich berücksichtigt. Auch die Themen SRI und Impact Investing werden intensiv diskutiert werden. In diesem Zusammenhang werden auch die Bereich Real Assets, Agrar-Investments betrachtet sowie auch über Produktstrukturen gesprochen. Interessant erscheint mir, dass ein Thema sich stark mit dem Spannungsfeld Private Equity, dem Gegensatz von liquiden und nicht liquiden Investmentstrukturen, beschäftigt. Asset Allocation in den angesprochenen Bereichen wie auch Risikomanagement, Reporting und Messbarkeitskriterien für Impact Investments werden ebenso dort erörtert.
IPE Institutional Investment: Welche Punkte werden konkret bei Ihrem Panel aufgegriffen und diskutiert?
Hill: Auf dem Panel wird über Produktauswahl bei Impact Investments gesprochen. Das Thema ist insofern interessant, weil schon im Vorfeld der Diskussion immer noch engagiert über Definition und die Messbarkeit solcher Konzepte debattiert wird. SRI, ESG, Philanthropie, Social Impact Investing, Infrastrukturinvestments und mehr – viele Themen laufen hier oft ineinander. Zumindest besteht hier der Versuch, Sachverhalte aus der konventionellen Asset Management-Welt in diesem Bereich stärker berücksichtigen zu wollen. Welche Bedeutung hat der Track Record? Wie ist dieser zu messen, welche Kriterien sind hier anzulegen? Wie können Produkte strukturiert werden? Marktaussichten und Vertriebsaussichten in diesem Feld werden in einer größeren Runde diskutiert.
IPE Institutional Investment: Gibt es spezielle Punkte im Rahmen der Konferenz bzw. des Panels, die zusätzlich von Interesse sein könnten?
Hill: Wie oben beschrieben, der Kampf um die Deutungshoheit der Definitionen im Bereich Impact Investing hat ja begonnen. Verschiedene Gruppen, völlig wertfrei ausgedrückt, versuchen ihre Rolle, Funktion und Identität in diesem Themenfeld festzuschreiben. Diese Diskussionsrunden erinnern oft an andere Begriffe wie Family Offices und auch an den Bereich Fondsboutiquen. Bei Impact Investments gibt es zugegebenermaßen aufgrund des Engagements von großen Organisationen schön greifbarer Kriterien für Inklusion und Exklusion bestimmter Produkte. Im letzten Jahr hatte ich die Gelegenheit auf Einladung von Karen Wendt – Autorin von „Responsible Investment Banking“ – an einem Panel zu dem Themenkreis Impact Investing an der Goethe Universität in Frankfurt teilzunehmen. Zurzeit begleite ich auch ein Projekt mit ihr in diesem Bereich. Der Gedankenaustausch mit ihr bereitet mir große Freude. Sie hat mir auch ein paar gute gedankliche Anregungen für Genf mit auf den Weg gegeben. In den damaligen und aktuellen Gesprächen mit ihr und mit Family Offices und Stiftungen in diesem Feld ist mir aufgefallen, dass oft vergessen wird, dass es immer noch eine Form von Marktspaltung in gewissen Bereichen gibt. Es gibt liquide und nicht-liquide Investments, es gibt „kommunikativ-komplexe“ und „kommunikativ-simple“ Produktansätze beziehungsweise Herangehensweisen an Themenstellungen für Investoren. Was bedeutet das für den Bereich der Impact Investments in der aktuellen Diskussion? Bei nicht-liquiden Ansätzen komme ich bei der Due Diligence sehr schnell in den Bereich Produktprüfung bei Private Equity, Venture Capital, Startups und Direktinvestments. Reines „Number Crunching“ hilft mir an dieser Stelle nur noch bis zu einem bestimmten Grad weiter. Warum kann ich hier möglicherweise an eine Grenze als Selektor gelangen? Eine Erklärung kann sein, dass man sich hier aufgrund der mangelnden Marktransparenz eben nicht einfach auf Vergleichswerte zurückgreifen kann. Als Selektor muss man hier zwangsweise auch inhaltlich bei den Investments mehr in die Tiefe gehen: Die Bedeutung von inoffiziellen Netzwerken steigt hier – der klassische Bereich von Family Offices, HNWIs, Unternehmern mit Spezialwissen etc. Diesen Sachverhalt trifft man oft in Abwandlung selbst in scheinbar eher liquiden Bereichen, dem Bereich der Fondsboutiquen: Bei allen diesen Prozessen steht im Vordergrund die Qualität der handelnden Akteure: Es geht um Köpfe!
IPE Institutional Investment: „Number Crunching“, inoffizielle Netzwerke und Köpfe – welche Bedeutung kann das für den Impact Investing-Bereich haben?
Hill: Hier wird das Themenfeld Skalierbarkeit von Industrien angesprochen, ähnlich wie im Bereich FinTech. Skalierbarkeit im Sinne von Prozessoptimierung und Wachstumspotenzial stößt in bestimmten Gebieten manchmal zwangsweise an ihre Grenzen. Konkret bei Impact Investments: Wenn das Nadelöhr gute Investmentopportunitäten sind und sich die Vergleichbarkeit von diesen sich als nicht zu leicht darstellt, so hat dies Einfluss auf Art und Qualität des Selektionsprozesses auf der Investorenseite. Falls sich dieses Nadelöhr nicht beseitigen lässt, dann baut sich eine Zeit lang eine interessante Educational-, Berater- und Produktanbieter-Landschaft auf, die – auf lange Sicht gesehen – durch Subvention und Produktanbieter-Sponsoring schwer aufrecht zu erhalten ist. Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Ich habe mein Volkswirtschafsstudium immer eher als ein fundiertes Politikstudium, als klassische Sozialwissenschaft, betrachtet. Dinge wie Gemeinwohlorientierung, Philanthropie und Sinnökonomie empfinde ich als bereichernde Aspekte bei der Diskussion auch wirtschaftlicher Sachverhalte. Ich weise nur auf diesen einen möglichen Entwicklungspfad hin – Meine Worte sind ja nicht in Stein gemeißelt. Es machen sich weit klügere Köpfe als ich viel tiefgehender, vielleicht gegenteilige Gedanken darüber. Gerne lasse ich mich da belehren. Die Gefahr, dass am Schluss der Berg kreiste und eine Maus gebar, ist nicht zu übersehen. Fonds brauchen Zielinvestments – noch so viel Beratung, Literatur und Konferenz können am Schluss nicht Ersatz hierfür erschaffen. Auch bei Projekten im Real Estate- und Renewables-Bereich, die ich begleiten durfte, war oft eine zentrale Erkenntnis: Die guten Sachen sind eigentlich schon weg, woher bekommen wir noch akzeptable Investmentalternativen aus der zweiten Reihe? Die Kernfrage bleibt bestehen: Bleibt Impact Investment eine Nische oder wird hieraus mittel- bis langfristig eine skalierbare Industrie? Boutiquen werden wie Family Offices, HNWIs etc. immer ihre Rolle in diesem Feld spielen. Das ganze Feld Club Deals und Co-Investments stehen in engen Zusammenhang mit den Begriffen Reputationsmanagement und Langfristdenke. Meine Erfahrung: In diesen Netzwerken, ich charakterisiere sie oft als „Inseln von Knowhow und aufrichtigem inhaltlichen Interesse mit Langfristdenke“, liegt zumindest der Schlüssel für wirksame Impulse für die Inpact Investing-Industrie.
IPE Institutional Investment: Einmal abgesehen vom Themenfeld Impact Investing – Sie beschäftigen sich seit Jahren intensiv mit dem Thema Fondsboutiquen und Family Offices. Welche Themen sind aktuell von besonderem Interesse für Sie?
Hill: In den letzten zwei Jahren habe ich mich im Boutiquenbereich viel mit den Themen Value Investing und Family Offices beschäftigt. Warum? Ich bin überzeugter Anhänger von langfristigen Ansätzen, vom „Dicke-Bretter-bohren“ in bestimmten Fällen. Das hat weniger mit Masochismus zu tun – mehr mit Interesse an Substanz. Diese Denke trifft man eher bei eigentümergeführten Unternehmen. Wenn ich einmal Revue passieren lasse: Ich durfte in mir in dieser Zeit einmal intensiver das Buch von Jose-Carlos Jarillo -„Strategische Logik – Die Quellen der langfristigen Unternehmensrentabilität“ – ansehen, viele Gedanken von Michael Porter finden sich hier wieder. Ich hatte auch die Gelegenheit, ihn bei mehreren Veranstaltungen als Moderator zu begleiten. Die Themenkreise Value Investing, liquide versus illiquide Ansätze – wie bei Impact Investments – liefen hier in der Diskussion zusammen. Wie investiert ein Unternehmer? Was bringt ein Unternehmer ein? Nur Leverage oder auch operatives Knowhow? Zusätzlich hatte ich die Gelegenheit, neben anderen interessanten Persönlichkeiten Mitglied in der Fachjury bei den DividendenAdel Awards 2016 von Christian Röhl, Werner Heussinger und Deutsche Börse Cash Markets zu sein. Im Rahmen eines anderen Projekts habe ich mich sehr stark mit Dividenden-orientierten Ansätzen im Fondsbereich beschäftigt, mit speziellem Fokus in Richtung Fondsboutiquen. Deshalb, auf den Punkt gebracht: Den weiten Bereich der Unternehmerfonds und die Produktpalette von Family Offices – zugegeben eine kommunikationsintensive Nische, wie Impact Investments – findet gegenwärtig mein verstärktes Interesse. Auch das Thema Digitalisierung und Family Office stellt ein interessantes Spannungsfeld für Diskussionen dar. Bezüglich dieser Themen führe ich derzeit auch viele Gespräche mit Investoren, in Teilen hilft mir dieser Dialog auch dabei, den Blick für die Produktauswahl für Dritte zu schärfen. Dieser Dialog wird oft beidseitig als interessant empfunden, da ein breites Spektrum von Produktansätzen diskutiert werden kann hinsichtlich eines Marktüberblicks. Eine Anmerkung zum Schluß: Oft kann neben kommerziellen Interessen auch die intellektuelle Freude die Treiber bei der Bearbeitung von Themen sein. Gerade bei Themen wie Stiftungen und Impact Investing hatte ich einige Marktteilnehmer kennengelernt, die immer wieder monierten, dass sich in solchen Themenfeldern kaum Geld verdienen lässt. Themen wie Kunst, Kultur oder Gemeinwohlorientierung sind schwer zu monetarisieren. Vielleicht bietet diese Barriere einen wirkungsvollen Schutz davor, dass die Anbieterindustrie aufgrund von Marktmacht zu großen Einfluss auf die weitergehende Diskussion im Bereich Impact Investments ausüben kann. Im Sinne von: „Können stark-kommerzialisierte, skalierbare Strukturen in diese Bereich von Vorteil sein oder schaden sie der Sache?“ Gesinnungsethik versus Handlungsethik: Ein abschliessendes Urteil diesbezüglich würde mir derzeit schwer fallen!
IPE Institutional Investment: Vielen Dank für das Gespräch.
Quelle: www.institutional-investment.de
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