„Aufgrund der Vernetzung der Fondsindustrie ist Frankfurt ein idealer Ort, um sich dem Thema Institutionelle Investoren in Deutschland zu nähern“ (Interview – Markus Hill)

Am 9. November findet in Frankfurt am Main die Konferenz „Germany Institutional Forum“ statt. Der unabhängige Branchenexperte Markus Hill wird dort ein Panel moderieren. Mit Entscheidern der Fondsindustrie und institutionellen Investoren diskutiert er gemeinsam über Trends und Tendenzen in diesem Marktsegment. IPE Institutional Investment-Chefredakteur Frank Schnattinger sprach mit ihm über das Panel, weitere Konferenzinhalte, über Frankfurt am Main und über dem Bereich Seed Money-Suche bei neuen Fondskonzepten.

IPE Institutional Investment: Welche Themenfelder werden auf der Konferenz „Germany Institutional Forum“ angesprochen?

Hill: Die Konferenz richtet sich stark an dem Bereich Institutionelles Asset Management aus. Anbieterseite und Investoren werden hier einige kontroverse Diskussionen erleben. Die Formate sind Panel-Diskussionen, Roundtables und Präsentationen. Vergleichen kann man es mit dem „Private Wealth Forum“ aus München, bei dem ich im September ein Panel zum Thema „Zukunft der Family Offices“ von dem gleichen Veranstalter begleiten konnte. Das Format bietet viel Raum und Zeit für Gedankenaustausch und Networking. Es werden in Frankfurt klassische Produktthemen diskutiert – Smart Beta, Alternative Investments, Aktives versus Passives Management und mehr. Auch die Bereich Makroökonomie, globale Asset Allocation Real Assets, Fixed Income, ESG und andere Themen stehen im Fokus. Produktanbieter und Investoren tauschen sich über Trends und Tendenzen in der Industrie aus.

IPE Institutional Investment: Welche Punkte werden konkret bei Ihrem Panel aufgegriffen und diskutiert?

Hill: Inhaltlich möchte ich meiner Diskussion und den Interessen meiner Panelisten nicht vorgreifen. Mein Panel trägt den Namen: „Passives contra Aktives Management, die Auflage einer alten Debatte“. Teilnehmen werden Nizam Hamid von WisdomTree, Dr. Peter König von delta management consulting GmbH und Michael Fuß von XTP AG. Man kann bei dem Thema davon ausgehen, dass hier die Welt nicht neu erfunden wird. Jedoch habe ich im Laufe der Zeit bei ähnlichen Panels – gerade bei vergangenen Diskussionen mit Family Offices in München, Berlin, Zürich und Monaco – festgestellt, dass bei einem Gedankenaustausch immer wieder doch einige neue Aspekte auftreten. Auf die Diskussion am Donnerstag freue ich mich.

IPE Institutional Investment: Wie betrachten Sie als Moderator dieses Panel-Thema?

Hill: Ich finde das Thema spannend. Oft weiß ich nicht, ob alle Parteien über die gleichen Sachverhalte sprechen. Was genau bedeutet „Passives Investieren“? Welchen aktiven Part übernimmt ein Investor, wenn er beispielsweise ETFs einsetzt? Wie messe ich die Leistung von jemandem, der rein passiv investiert? Dies sind einige Fragen, die ich ab und an mit Institutionellen diskutiert habe. Genauso interessant lassen sich Themenbereiche wie Vergütung und Auswahl von aktiven Fondsmanagern diskutieren. Mein Eindruck ist, dass hier manchmal aneinander vorbeigeredet wird. Eine These, in Ablehnung an Gedanken von Paul Watzlawick, könnte sein: Man kann nicht nicht-aktiv investieren!

IPE Institutional Investment: Gibt es andere Punkte im Rahmen der Konferenz bzw. des Panels, die zusätzlich von allgemeinem Interesse sein könnten?

Hill: Frankfurt ist aktuell nicht nur „Brexit-Profiteur“. Mittlerweile wird das Pro und Contra diesbezüglich lokal besonnen und sachlich diskutiert, der Hype scheint langsam abzuklingen. Viele In- und Ausländer verbinden die Stadt häufig stark mit dem klassischen Bankgeschäft. Viele der Spezialgeschäfte und Nischen, die in der Stadt besetzt werden, sind häufig nicht bekannt. Aufgrund des Flughafens ist es der zentrale Hub auch für viele Vertreter der internationalen Fondsindustrie. Spricht man mit ausländischen Freunden und Geschäftspartner, so sind diese oft verwundert, wenn man über den industriellen Mix im Rhein-Main-Gebiet spricht. Auf der Meta-Ebene gesprochen – im Ausland ist oft der föderale Charakter Deutschlands nicht so geläufig. Die gute dezentrale Versorgung des Landes mit Infrastruktur und der breite Mix von produzierender Industrie und Dienstleistungen stoßen oft auf Verwunderung und Bewunderung beim Gegenüber. Deutscher Mittelstand und Hidden Champions sind oft bekannt, die Fragmentierung erscheint hier oft Anlass zum Staunen zu geben. Auch die Finanzindustrie wird auf diese Weise abgebildet. Zwar ist Frankfurt der zentrale Hub, viele der großen institutionellen Investoren findet man jedoch breit gestreut in Deutschland. Gerade viele der ausländischen Asset Manager täuschen sich zu Beginn beim Markteintritt. Paris, London, Wien stoßen hier plötzlich auf Berlin, Köln, Stuttgart und mehr scheinbar „Provinzielles“. Aufgrund der Vernetzung der Fondsindustrie ist Frankfurt ein idealer Ort, um sich dem Thema Institutionelle Investoren in Deutschland zu nähern. Es geht nichts über einen guten Gedankenaustausch. Vor kurzem fand wieder die BVI Asset Management Konferenz in Frankfurt statt, die ganze Fondsindustrie kam hier zusammen. Ein Event, dass weniger kommerzielle geprägt ist. Anfang nächsten Jahres steht auch wieder der Institutional Money Congress statt.

IPE Institutional Investment: Jenseits der Veranstaltung vom 9. November – mit welchen Themen beschäftigen Sie sich derzeit intensiver?

Hill: Zum einen steht der Check von Fondskonzepten bei potenziellen Fonds-Neuauflagen im Fokus. Die Diskussion mit potenziellen Investoren bezüglich der Tragbarkeit von Konzepten ist fachlich immer wieder interessant. Zum einen erscheinen die Anforderungen der Investoren an neue Fondsmanager als sehr streng, zum anderen erscheinen häufig die Erwartungen der möglichen Fondsinitiatoren als zu „unrealistisch“ – Selbst- und Fremdbild erscheinen nicht unbedingt deckungsgleich. Oft sind Faktoren für eine potenzielle Zusage für Seed Money für den Fondsinitiator oder für eine Qualifikation für die Watchlist für ein späteres Investment nicht im vornherein abzuschätzen. Interessant ist es hier, dass man viele Konzepte von Fondsinitiatoren kennengelernt. Insofern ist der Gedankenaustausch bei Ansprache immer für beide Seiten interessant. Auf Investorenseite werden mir oft auch ungewöhnliche Konzepte präsentiert, oft „Hausprodukte“, die nur dem eigenen Kundenkreis präsentiert werden und die nur ausgewählten Investoren präsentiert werden. Häufig besteht hier noch nicht einmal ein Vertriebsinteresse – alles „off the market“. Seriöserweise muss man sagen, dass es potenzielle Initiatoren gibt, die schon – wenn Zustimmung für einen Kennlerntermin gegeben wird – beim ersten Termin überzeugen. Meistens sind es die, die vorher schon erfolgreich praktisch Porfolios nachweisbar betreut haben, die also einen Track Record haben. Zum anderen sind auch Personen und Teams interessant, die über ein sehr spezielles Know-how verfügen. Beispiele können hier speziellen Zugang zu bestimmten Datenpools, Hochschulverbindung oder auch ein tiefes Knowhow in einer bestimmten Branche sein. Die magische Formel für eine Zusage ist meiner Ansicht noch nicht gefunden worden, Garantien lassen sich hier schwer darstellen.

IPE Institutional Investment: Gibt es derzeit bestimmte Produkte oder Konzepte, die Sie sich mit besonderem Interesse ansehen?

Hill: Aktuell beschäftige ich mich stärker mit Absolute Return-Konzepten und Value Investing-Ansätzen. Auch der Small- und Mid Cap-Bereich ist hier sehr interessant, da mittlerweile Bereiche zusammen wachsen – in Teilen lässt sich dieser Sachverhalt auch auf verschiedene Themenfonds-Konzepte übertragen. Ich schaue mir sehr häufig Konzepte an, die in Richtung „Value Investment Protection“ gehen. Ein derzeit nicht so eindeutig definierter Bereich. Was macht ein Long Only-Manager, wenn die Märkte nachgeben? Aktiv investieren und eins zu eins mit dem Markt „abschmieren“ und stillhalten ist eine Option. Natürlich, Buy-and-hold kann eine mögliche Strategie sein. Gerade im Bereich Value Investing kann man diese Betrachtungsweise nachvollziehen, im Idealfall erhält der Portfoliomanager hier auch die Klasse von Investoren, die diese Langfristdenke verstehen und keinerlei Probleme hiermit haben. Überzeugte Value-Fans behalten ja gerade oft die Ruhe, wenn die Kanonen donnern, im Zweifelsfalle wird nachgekauft. Es gibt aber auch andere Investoren, die vielleicht auch eine Value-light-Variante zum Kennenlernen schätzen oder schätzen würden. Hier lohnt es sich, die Augen offen zu halten. Der Übergang zum Thema Absolute Return und Mischfonds erscheint hier fließen. Der Value Investing-Bereich selber ist ein „klassisches“ Thema für mich. Nähe zum Thema Fondsboutiquen, Family Offices, Mittelstand, Nachhaltigkeit und Langristdenke. Anknüpfend an mein Paneldiskussionsthema bei der anstehenden Konferenz in Frankfurt werde ich in diesem Zusammenhang dieses Mal zum siebten Mal in Kooperation mit Prof. Dr. J. Carlos Jarillo von Strategic Investment Advisors Group (SIA) eine Investoren-Veranstaltung in Hamburg am 29.11.2017 zum Thema kurz inhaltlich und moderierend zum Thema «Strategic Investing – Investieren wie ein Unternehmer» begleiten. Ein Gedankenaustausch in „kleiner“ Fondsselektoren-Runde steht wieder an. Natürlich wird auch hier kurz über Mitbewerberansätze gesprochen und ich spreche in zugegebenermaßen befangener Weise darüber, warum ich Fondsboutiquen als so faszinierend empfinde. Übrigens völlig losgelöst von der Produktverpackung oder Kategorie.

IPE Institutional Investment: Haben Sie den Eindruck, dass allgemein gesehen der fachliche Gedankenaustausch auf Events und auch das direkte Gespräch bei Investoren auf starkes Interesse stoßen?

Hill: Viele der Erfahrungen und Gedanken von oben lassen sich problemlos auf geschlossene Ansätze und auch auf Bereiche wie Private Equity, Venture Capital und Direktinvestments übertragen. Am Schluss sind es die Köpfe und das Knowhow, die Erfahrung, die hier zählen. Nebenbei gesagt gibt es durch aus Schnittmengen im Auswahlverfahren und Denkweise bezüglich Private Equity-Fonds und liquiden Value-Fonds. Diese Investoren-Veranstaltungen, aber auch verschiedene Panels, erlauben mir häufig, durch die persönliche Einladung von Investoren in einem guten fachlichen Dialog zu bleiben. Bei den Einladungen teile ich häufig kurz mit, womit ich mich thematisch gerade intensiver beschäftigte. Im Gegenzug informieren mich häufig die „Eingeladenen“, was für Sie gerade fachlich interessant sein kann. Welche Produkte oder welche Fondsmanager sind interessant? Was sieht man kritisch in der Branche? Was bewegt die Investorenseite? Dieser Gedankenaustausch wird von mir sehr geschätzt, völlig unabhängig davon, ob jemand zufällig genau an dem Termin Interesse an einem Event-Besuch hat – man bleibt auf eine angenehme Weise in Kontakt. Umgekehrt ergibt sich häufig die Konstellation im Gespräch, dass beide Seiten sich über die „Red Flags“ bei Konzepten und Produkten austauschen, sozusagen ein Gegen-Check der eigenen „Due Diligence“-Brille, durch die man das Investment-Universum betrachtet. Wenn man ein Thema hat, können beide Seiten zum Hörer greifen. Sie sehen, dass ich auch die Themenfelder Aktives Management im Fondsbereich und fachlicher Gedankenaustausch mit einer gewissen Offenheit und Interesse betrachte. Mein zentraler Eindruck aus dem fachlichen Gedankenaustausch in vielen Jahren lässt sich vielleicht so skizzieren: Investoren sind oft – zu Recht oder Unrecht – nicht grenzenlos begeistert, wenn Sie vom Bereich Sales kontaktiert werden. Keiner mag es, als reines Mittel zum Zweck betrachtet zu werden. Wenn sich aber für beide Seiten eine Gesprächssituation ergibt, wo man sich gegenseitig fachlich sozusagen fachlich „befruchten“ kann, ergibt sich eine Win-Win-Situtation. Wenn Investoren merken, dass beim Gegenüber ein echtes inhaltliches Interesse gegeben ist, verschließen sich die wenigsten einem interessanten Gedankenaustausch!

IPE Institutional Investment: Vielen Dank für das Gespräch.



Quelle: www.institutional-investment.de
Foto: www.pixabay.com

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