Unabhängigkeit, Ownership Approach und ein hoher Spezialisierungsgrad sind zentrale Merkmale von Fondsboutiquen. Markus Hill sprach für FONDSBOUTIQUEN.DE mit Berndt Maisch, Partner bei Tresides Asset Management GmbH, über Dividendenfonds & Historie, Value versus Growth und Investoreninteressen. Zusätzlich wurden in dem Gespräch die persönlichen Erfahrungen beim Themenkomplex „Konzern versus Boutique“, die Rolle von Sport und die Erweiterung des persönlichen Horizonts („Asia 2030“) diskutiert.
Hill: Wie lange beschäftigen Sie sich schon mit dem Themenkreis Dividendenfonds? Was sind in diesem Bereich Ihre Erfahrungen?
Maisch: Mit mehr als 20 Jahren Erfahrung auf dem Gebiet dividendenbasierter Investmentstrategien kann ich mich sicherlich zu den Pionieren in Deutschland auf diesem ursprünglich angelsächsisch geprägten Terrain zählen. Bereits 1999 war ich in die Auflegung eines Publikumsfonds mit Dividendenfokus bei meinem ehemaligen Arbeitgeber LBBW involviert. Große Asset Manager wie DWS, AGI oder Fondsboutiquen wie DJE, die aktuell mit ihren Dividendenfonds in aller Munde sind, hatten das Thema damals noch lange nicht im Fokus und spielten zumeist eher Wachstumsstorys aus der kurzlebigen TMT-Hausse. Mit dem LBBW-Fonds, den ich 14 Jahre lang alleinverantwortlich managte, konnte ich nicht nur zahlreiche Auszeichnungen für die erzielte Performance und ein Fondsvolumen von über 2 Mrd. € erreichen, sondern vor allem wichtige Erkenntnisse zum Thema „dividend investing“ gewinnen, von denen nun unser Fonds TRESIDES Dividend & Growth profitiert. Die Jahre 1999 bis 2006 markierten eine Phase der klaren Outperformance für Dividendenfonds. Sie waren weniger stark von der platzenden Technologieblase betroffen und profitierten ab 2003 dann sogar teilweise überdurchschnittlich von der Erholung am Aktienmarkt. Dagegen hatte die folgende Finanzkrise für viele Dividendenfonds und vor allem für Dividenden-ETFs erhebliche negative Konsequenzen. Dies war insbesondere auf den viel zu hohen Anteil von Finanztiteln in den damals noch jungen Dividendenfonds und Dividendenindizes zurückzuführen. Die Jahre 2009 bis 2013 zeigten dann ein gemischtes Bild. So lieferten in dieser Phase der Konjunkturerholung klassische defensive Dividendenbranchen wie Telekommunikation und Versorger auch aufgrund eines oft hohen Verschuldungsgrades der Unternehmen keine gute Performance ab. Dividendenfondsmanager mit einer zu hohen Gewichtung in diesen Sektoren partizipierten daher nur unterdurchschnittlich an der sehr positiven Aktienmarktentwicklung. Die Erfahrungen aus dieser langjährigen Lernkurve fließen in den TRESIDES Dividend & Growth ein. Wir fokussieren ganz klar auf europäische Aktien mit zuverlässigen Dividenden, sehr solider Bilanzqualität sowie aussichtsreichen Wachstumschancen und haben ständig einen Blick auf einen ausgewogenen Branchenmix im Portfolio.
Hill: Dividendenfonds wurden ja pressetechnisch gesehen in den letzten Jahren sehr in den Vordergrund gestellt, es gibt eine große Anzahl von Fonds in diesem Bereich. Sie haben ja gerade die lange Historie der scheinbar etwas „langweiligen“ Dividendenfonds beschrieben. Was machen Sie anders beim Portfolio-Management?
Maisch: Die Basis für unsere Aktienselektion bildet unser Research-Knowhow, was schon seit Jahren bei den renommierten Extel Awards als in Deutschland qualitativ führend ausgezeichnet wird. Die von uns ausgewählten Titel werden dann nicht etwa in Form von Über- oder Untergewichtungen in das Portfolio aufgenommen, sondern nach unserem Überzeugungsgrad und der Marktliquidität des Einzeltitels gewichtet. Dies führt zu einem im Vergleich mit unseren Wettbewerbern klar überdurchschnittlichen Active Share im Fonds. Wir suchen laufend aktiv nach neuen Investmentideen und setzen diese im Portfolio um, sodass auch der Portfolio-Turnover im Vergleich zu anderen Dividendenfonds höher ausfällt. Die häufig anzutreffende dauerhafte Fokussierung vieler Dividendenfonds auf hochkapitalisierte defensive Standardtitel wie Nestle, Novartis, Unilever & Co. entspricht dagegen nicht unserem Investmentstil. Solche Investments kann sich der Privatanleger als klassische Buy & Hold-Titel ins Depot legen, dafür braucht er kein aktives Fondsmanagement. Dagegen ermöglicht unser zusätzlicher „Growth-Aspekt“ auch die Berücksichtigung interessanter struktureller Wachstumsthemen. Als reinrassiger europäischer Aktienfonds gilt die Devise „100% Aktien ohne Hedging“, d.h. mit Marktschwankungen muss der Investor leben können.
Hill: Welchen Investmentstil verfolgen Sie – Value oder Growth?
Maisch: Das kommt immer auf die jeweilige „Value“-Definition an. Gemäß der Morningstar-Klassifizierung haben wir einen geringeren Value-Bias als die Wettbewerber unter den Dividendenfonds. Wenn die Definition „Value“ auf niedrige KGV- und KBW-Branchen abzielt, dann sind wir hier auch eindeutig unterrepräsentiert, da Sektoren wie Banken, Energiewerte oder Airlines eine geringere Rolle in unserem Portfolio spielen. Unser Fokus liegt dagegen stärker auf sogenannten „Quality Industrials“. Hierunter verstehen wir durchaus konjunktursensitive Sektoren, die aber über gute strukturelle Wachstumsperspektiven verfügen. Deren Repräsentanten müssen zudem bilanziell erstklassig ausgestattet sein, hohe Free Cash-Flows generieren und fundamental gut positioniert sein. Auch Titel aus defensiven Sektoren mit Wachstumscharakter innerhalb des Branchenumfelds wie beispielsweise die Deutsche Telekom mit ihrem Wachstumstreiber T-Mobile US sind unser Ding.
Hill: Bei welchen Investoren stoßen Sie mit Ihrem Ansatz auf das stärkste Interesse?
Maisch: Der Fokus liegt bei TRESIDES überwiegend auf institutionellen Investoren. Die hohen laufenden Erträge unserer Dividendenfonds sind vor allem für Stiftungen interessant, die diese zur Finanzierung ihrer Stiftungsprojekte nutzen können. Wir sehen aber auch starkes Interesse bei Pensionskassen und Versicherungen. Einige Adressen aus diesen Segmenten betreuen wir bereits seit Jahren als Investoren.
Hill: Sie haben ursprünglich im Bereich Banken gearbeitet. Warum haben Sie sich für eine Fondsboutique als Arbeitgeber entschieden? Wie waren hier Ihre bisherigen Erfahrungen?
Maisch: Zur Diskussion des Themas „Konzern versus Boutique“ fallen mir natürlich viele Punkte ein. Der Wegfall starrer Hierarchien und einer Vielzahl von internen organisatorischen Meetings erleichtert flexibles und effizientes Arbeiten im Fondsmanagement erheblich. Kurze Wege zum Informationsaustausch mit den Kollegen aus den Bereichen Fixed Income und Rohstoffe empfinde ich ebenfalls als sehr effizient. Zudem ist bei inhabergeführten Asset Managern wie TRESIDES Unternehmergeist gefragt. Die Fondsmanager können aktiv an der strategischen Positionierung der Firma mitwirken. Mit unserer finanziellen Beteiligung am Firmenkapital und dem direkten Investment in unsere eigenen Fondsprodukte unterstreichen wir unsere Überzeugung von dieser Strategie. Was Firmenkultur, Bekanntheitsgrad, Assets under Management und Performance angeht, sehen wir TRESIDES auf einem guten Weg.
Hill: Welche Themen beschäftigen Sie neben dem Portfoliomanagement? Hobbies? Gibt es ein interessantes Buch, dass Sie aktuell lesen?
Maisch: Ich persönlich schätze viel sportliches Engagement als Ausgleich zum zahlengetriebenen und nervenaufreibenden Kapitalmarktalltag. Radmarathons wie „Alb Extrem“ stärken die Kondition, Fußball die Teamfähigkeit und Reaktionsschnelligkeit, während beim Skifahren neben dem Sport auch der Genussfaktor nicht zu kurz kommt. Derzeit lese ich „ASIA 2030“ von Karl Pilny, da dessen Einschätzung zur politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung des Kontinents, der die Welt entscheidend prägen wird, hochinteressant sind.
Hill: Vielen Dank für das Gespräch.
FONDSBOUTIQUEN, DIVIDENDEN & STUTTGART (TRESIDES ASSET MANAGEMENT GMBH)
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