Die Meinungen von Investoren und anderen Investmentexperten zu Investorenbefragungen schwanken: Belästigung, hoher Zeitaufwand gegen Erkenntnisgewinn – was überwiegt? Wobei können Befragungen Orientierung geben? Zwischen Initiatoren, Teilnehmern und Medien eröffnet sich ein „window of communication“, dass trotz aller Kritikpunkte mal mehr, mal weniger genutzt wird. Welche Gründe könnte es dafür geben?
Man kann, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, verschiedene Initiatoren von Befragungen identifizieren. Durchdringungsgrad der Zielgruppe, Umfang der Befragungen und Zielsetzung unterscheiden sich hier häufig von Fall zu Fall.
a) Kapitalanlagegesellschaften
In der Asset Management-Industrie sind Umfragen ein beliebtes Mittel für den Zielgruppendialog – eigene Standortbestimmung, ein attraktives Kommunikationsmittel (Investoren, Medien etc.) sowie das Aufzeigen von Branchentendenzen sind einige Stichworte in diesem Zusammenhang. Die Fondsgesellschaft Universal Investment veröffentlichte letzten Monat eine Fondsmanager- umfrage mit unabhängigen Asset Managern (Asset Allocation, „Real Assets“ etc.). Im Vorjahr gab es hier, wie auch von Union Investment, DWS u. a. diverse Investorenbefragungen. Ob Real Asset im Zusammenhang mit Erneuerbare Energien als Zielinvestment oder ob Real Asset in Form von Aktien – generell scheint der Trend zu Sachwertinvestments im Vordergrund zu stehen.
b) Consultants
Befragungen von Asset Management-Consultants (Feri, Mercer etc.) konzentrieren sich häufig auf Investoren als unmittelbare „Prospects“ für ihre Dienstleistungen und dienen ebenso dem Dialog und der Kontaktpflege mit bestehenden Kunden.
Investmentklima, Asset Allocation-Präferenzen und viele andere Themen sind typische Fragestellungen. Oft sind Studien frei verfügbar, manchmal nur gegen Bezahlung zu erhalten. Über die Qualität der Befragung sagt die Kostenfrage meistens wenig aus; „Datenfriedhöfe“ mit Kuchendiagrammen findet man in den verschiedensten Ausprägungen, erstklassige Befragungen ebenso.
c) Medien & Verbände
Mitgliederbefragungen, Leserbefragungen – die Bandbreite der möglichen Themen ist groß, vielleicht manchmal vom Potential her etwas breiter. „Ein Mitgliedsunternehmen befragt Mitglieder“ kann zum Beispiel heißen, dass nicht der Investor befragt wird, sondern lediglich Produktanbieter. Kritik an der allgemeinen Aussagefähigkeit könnte unter Umständen geäußert werden.
Medien z.B. mit starkem Investorenbezug produzieren häufig interessante Studien bzw. Kurzbefragungen, die Branchentendenzen aufzeigen können. Diskussionspunkt ist häufig, inwiefern man sauber „öffentliche Meinung“ zu einem Thema mit „veröffentlichter Meinung“ zu einem Thema trennen kann. Verbände wie Bundesverband deutscher Investment-Gesellschaften (BVI) oder der Verband der unabhängigen Vermögensverwalter Deutschland e.V. (VuV) produzieren oft Befragungen, die mit Interesse in den Medien verfolgt werden.
Befragungen – Kommunikation und Weiterentwicklung von Branchen
Unabhängig davon, ob die oben genannten möglichen Initiatoren in ihrer Befragungs- qualität große Spannbreiten aufweisen – der Diffusion von Wissen, Meinungen, Trends dient dieses Kommunikationsinstrument auf jeden Fall. Die allerwenigsten Befragungen erfüllen den Anspruch der Repräsentativität. Vielleicht stellt man weniger hohe Ansprüche an dieses Dialoginstrument. Man kann es als Momentaufnahme sehen, als Diskussionsauslöser.
Manche Befragungsergebnisse mögen reine Trendfortschreibung sein oder im Grunde nur Trivialitäten in Kuchendiagramme pressen. Im Vergleich zu einer „reinen Meinung“ ergibt sich zusätzliches Material für Fachdiskussionen. Und Fortschritt in Branchen entsteht nun einmal in der Regel durch freien Meinungsaustausch, egal, was der Auslöser ist (Ereignis, Artikel, Befragung etc.) Panels – eine mehr oder weniger feste Gruppenzusammensetzung bei Befragungen – bieten fast eine ideale Möglichkeit, um Stimmungsentwicklungen längerfristig zu skizzieren und zu diskutieren.
Kritik und weitere Potentiale bei Branchendialog
Übliche Kritikpunkte bei Befragungen betreffen Punkte wie Anzahl der Befragten, Zusammensetzung der befragten Gruppe, Fragestellung (offen, geschlossen); die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Spricht man mit in- und ausländischen Investoren, erscheinen aber andere Punkte ebenso gewichtig: Welchen Vorteil hat man von der Teilnahme an Befragungen? Wie ist die Qualität der Aufbereitung der Ergebnisse? Wieviel Aufwand hat man bei der Bearbeitung des Fragebogens?
Viele Befragungen, unabhängig vom Format (Kurzbefragung oder umfangreiche Studie), werden zum Beispiel deshalb kritisiert, weil außer dem Darstellen von Kuchendia- grammen und „..x Prozent haben gesagt, …y % haben gesagt“ von den Initiatoren wenig zusätzlicher Aufwand in die Aufbereitung und Diskussion der Ergebnisse gesteckt wird.
Diskutiert wird zusätzlich häufig die Thematik, dass Ergebnisse oft zu wenig „erklärt“ werden, und zwar nicht im Sinne einer allumfassenden, zufriedenstellenden wissenschaftlichen Begründung sondern mehr im Sinne einer fortlaufenden „Hypothesenbildung“: Warum denken die Teilnehmer der Befragung so und nicht anders? Was mögen Gründe dafür sein? Zugegebenermaßen hochspekulative Fragestellungen, aber auch Fragestellungen deren Bearbeitung durch die jeweiligen Befragungsinitiatoren oder durch unabhängige Experten einen großen Mehrwert bieten könnten.
Ausblick: Unabhängige Asset Manager – Indikator und Contra-Indikator
Unabhängige Asset Manager, sogenannte Fondsboutiquen, profitieren stark von den Bemühungen mit den oben angeführten KAG-Befragungsformaten bzw. von Consultant-Befragungen. Da diese oft selber keinen schlagkräftigen PR-Apparat besitzen, ist jede Hilfe von Industrieseite oder von Verbänden (VuV etc.) hilfreich. Befragungen, die immer wieder die Motive, Leistungen und Trends in diesem Bereich thematisieren, erscheinen konstruktiv. Zum einen können die Unabhängigen sozusagen ein produktiver „Stachel im Fleisch“ der Industrie sein, wenn sie gesondert Trends in der Industrie hervorheben oder sogar bilden.
Kritisch kann man auch sagen, dass eine eindeutige Meinung (Befragungsergebnisse) in einem abgegrenzten Segment zumindest als Kontraindikator bei Anlageent- scheidungen genutzt werden kann. Dieser zusätzliche positive Nebeneffekt von Befragungen wird oft übersehen: Die „Masse“ liegt keineswegs immer richtig!
Quelle: www.institutional-investment.de
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