„Viel hilft viel“, so die gängige Sales-Philosophie von vielen unabhängigen Asset Managern. Je mehr Anrufe, je mehr Termine, desto mehr Tickets – so lautet oft die unausgesprochen Annahme dieses Ansatzes. Eine hohe Termindichte in Kombination mit einer großen Anzahl von in größter Hoffnung schwelgender Gesprächsprotokolle ist die Folge: „Pensionskasse zeigt großes Interesse an unserem Ansatz. Wiedervorlage in drei Monaten. Neuer Termin im Oktober“ etc. Es stellt sich die Frage, ob diese Philosophie auf alle Fondsboutiquen passt. Vergessen wird häufig, dass eine durchschnittliche Leistung, egal wie „penetrant“ kommuniziert, keineswegs Interesse und Gefallen bei den meisten Investoren findet. Dem Sales-Mitarbeiter kann hier kaum einen Vorwurf gemacht werden, er ist Teil des Systems: Umsatzvorgaben, Terminvorgaben, Reporting, Bedingungen für Bonuszahlung sind verschieden Faktoren, die hier eine Rolle spielen. Was könnte übersehen worden sein bei dieser Vorgehensweise? Gibt es vielleicht Alternativen zu den ausgetretenen Pfaden im Vertrieb?
Asset Manager und Consulting
Die Komplexität in den Bereichen Produkt- und Dienstleistungsangebot unterscheidet sich bei vielen Häusern. Gegen den oben genannte „Masse-Ansatz“ spricht dann oft nichts, wenn man Marktführer im eigenen Segment ist bzw. häufig überragende Performance bieten kann. Wie viele Anbieter sind das im Markt, dauerhaft? Jeder Investor würde sich freuen, ein nahezu konkurrenzlose Dienstleistung (Portfolio Management, Beratung) zu erhalten. Die Frage stellt sich in aller Klarheit: Habe ich als Manager „durchschnittliche“ bis gute Fähigkeiten – wie mache ich auf mich aufmerksam? Üblicherweise – teils Unterstellung, teils Erfahrung aus der Praxis – wird hier oft im Rahmen der üblichen Produktorientierung bei Fondsmanagern gedacht: Je mehr Anrufe ich tätige, je mehr seitenlange Kommentare und Fact Sheets ich an die Investoren versende, desto eher werden diese auf meine Stärken aufmerksam. (Eine Frage am Rande: Wie viele der Investoren bzw. Prospects lesen eigentlich die massenweise versendeten Fact Sheets in Ihrer Mailbox?). Bei Managern, die neben soliden Performance-Ergebnissen noch einen Mehrwert in der Beratung von Investoren bieten, kann dieser Weg zur Visibilität ein sehr langer, steiniger Weg werden.
Fondsboutiquen – unentdeckte Perlen und Formate des Investorendialogs
Viele unabhängige Asset Manager suchen den Dialog mit ihren Investoren. Fairerweise kann Dialog dreierlei bedeuten:
1. „Lieber Investor xyz, ich höre mir mit Interesse an, wo Deine Probleme liegen. Dann schlage ich Dir am Schluss immer mein Produkt als die perfekte Lösung vor“.
2. „Lieber Investor xyz, mich interessiert wirklich inhaltlich gesehen, welche Themenstellungen Dich aktuell bewegen. Lasse uns gemeinsam im Sinne eines Portfoliomanagement-Mandats zusammenarbeiten oder wir kreieren eine andere, maßgeschneiderte Lösung für Dich“.
3. „Lieber Investor xyz, zur Verbesserung meines Dienstleistungsangebotes komme ich gerne in den Dialog mit Dir, wir beide profitieren von einem Gedankenaustausch“.
Ansatz Nr. 1 führt in der Praxis dazu, warum viele Investoren nicht zwingenderweise gerne den „offenen Gedankenaustausch“ (Hidden Agenda) mit dem Vertriebler führen. Es fehlt oft der Mehrwert des Angebots. Zeit ist kostbar.
Ansatz Nr. 2 kann durchaus attraktiv als Dialogangebot erscheinen, wenn die entsprechende Fondsboutique über exzellentes Know-how verfügt – zum Beispiel in den Bereichen Risikomanagement, Asset Allocation, natürlich neben guten Performanceergebnissen in Mandaten. Wenn diese Fähigkeiten visibel sind für den Investor und zudem ein Know-how-Engpass des Investors vorliegt, hat der Fondsadvisor eine sehr gute Chance, die eigenen Stärken darzustellen. Sei es durch die Akzeptanz zur Annahme eines Vorstellungstermins oder zumindest durch die Erlaubnis, zusätzliche Informationen zur Verfügung zu stellen, mit der Erlaubnis, noch einmal zunächst telefonisch in Kontakt zu treten.
Ansatz Nr. 3 stellt sozusagen die „Königsklasse“ im Vertrieb dar: Als Anbieter bin ich mir meiner Stärken, meines Know-hows bewusst. Ich biete Mehrwert im Dialog. Mein Gegenüber eröffnet mir in einem sehr „unverkrampften“ und entspannten Dialog seine Sichtweise. Man stellt die eigene Expertise dar. Wenn alle Parameter für beide Seiten stimmen, besteht in der Regel auch beim Investor ein verstärktes Interesse, sich detaillierter mit den Stärken und „Problemlöserfähigkeiten“ der Fondsboutique auseinanderzusetzen. Ist dort ohnehin noch ein Fonds mit überzeugender Performance vorhanden, dann besteht hier längerfristig eine verstärkte Chance auf ein Mandat – Fonds oder Advisory etc. – zu erhalten.
Selbstredend garantiert keine der Vorgehensweisen ein sicheres Ergebnis nach Anbietervorstellungen – bei manchen Investoren kommen „kleine“ Fondsboutiquen häufig erst ab einer bestimmten Größe auf das Radar. Diskussionswürdig ist auch der Sachverhalt, welche Akteure im Bereich Vertrieb bzw. Business Development wirklich langfristig denken. NB: Keine Frage von Schuld oder Nicht-Schuld der Akteure, ein mit Produkten überbesetzter Markt baut eine eigene Form von Druck und Kurzfristdenke auf, bei Anbietern und Investoren!
Exkurs: Kernproblem der Branche
Viele „geniale“ Marketingideen in der Asset Management-Branche laufen mittel- bis langfristig oft ins Leere. Der Markt ist überbesetzt. Es gibt einen kleinen Prozentsatz exzellente Portfolio Manager. Einen Mangel an Leistung kann eine Zeit lang durch Marketing-Aktionen kaschiert werden. Die Zahlen sprechen zumindest im institutionellen Geschäft langfristig ihr hartes Urteil über den Manager. Dieser Herausforderung muss sich die Branche stellen. Gute Zahlen stellen einen Hygienefaktor dar. Das ständige, zyklische Bewerben von verschiedensten Investment-Themen kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Branche an einem Scheideweg steht. Klassisches Asset Management erscheint als margenschwaches Geschäft. Jeder Euro, der für Marketing/Vertrieb ausgegeben wird, fällt für die Gesamtprofitabilität ins Gewicht. Das folgende alte Modell ist zu hinterfragen: „Ich lege Fonds auf, da Marktzutrittsschranken für Portfolio Manager gering sind und gebe die heiße Kartoffel an den Sales-Mann weiter“.
Know-how, Komplexität und Visibilität
Performance ist ein Hygienefaktor im Asset Management. Alle Träume vom „Super-Sales-Mann“, der auch das durchschnittlichste Produkt an institutionelle Investoren verkaufen kann, entspringen eher Wunschdenken und dem Unterschätzen der Intelligenz der Fondsselektoren. Richtig, eine gute Sache verkauft sich leichter, aber nicht von selbst. Auch richtig, viele gute Sachen stellen sich so komplex dar, dass sie sich noch nicht einmal leichter verkaufen lassen. Ein Problem, dass gerade Fondsboutiquen haben, die neben Fondsmanagement-Skills auch Consulting-Skills haben, von denen Investoren profitieren könnten. Bestimmte Häuser können kompetent in den verschiedensten Fällen als Sparringpartner für den Institutionellen dienen. Im Unterschied zu klassischen Asset Management-Consultants besteht möglichweise – durchaus kontrovers diskutierbar – ein Vorteil: Neben der Theorie im Consulting haben diese Consulting Asset Managers sozusagen noch „skin in the game“.
So schön dies alles klingen mag, viele der besagten Häuser mit diesen Fähigkeiten sind im Markt nicht bekannt. Manchmal kann es einfach nur daran liegen, dass die eigene Botschaft in die falschen Kanäle gelenkt wird oder für viele Investoren bzw. Prospects einfach etwas unverdaulich, im Sinne von unverständlich, zu technisch, kommuniziert wird. Die Lösung ist einfach, vielleicht erscheint sie vielen dieser Häuser als zu einfach, obwohl praxiserprobt: Unabhängige Kommunikationskanäle, konsequentes Nutzen von Investoreninput, ehrliche direkte Ansprache der Investoren mit Dialogangebot.
Kapitalanlagegesellschaften (neu: KVGen) – Komplexität als Dialogvorteil bei Kunden
Viele der Anbieter von komplexen Dienstleistungen im Kapitalanlagegesellschafts-Bereich beweisen, dass erklärungsbedürftigere Dienstleistungen vielfach die Möglichkeit zur Kontaktanbahnung und Dialog bieten. Man muss an dieser Stelle vielleicht anmerken: Wenn häufig Fondsmanager von PR und Visibilität sprechen, dann meinen Sie nicht unbedingt eine langjährige Branding-Kampagne. In der Regel wird eigentlich häufiger Business Development gemeint und PR gesagt.
Kapitalanlagegesellschaften (neu: KVGen) wie Universal-Investment, Axxion, Ampega oder Union Investment etc. betreiben natürlicherweise Pressearbeit – langfristig ausgerichtet. Dies ist hilfreich als ein Kanal im Dialog mit Kunden und Öffentlichkeit. Fokussierter wird dort die Kommunikation im Bereich Kunden durch den Ausweis von Expertise in Themenfeldern wie Fondsauflage, Reporting, Risikomanagement betrieben. Reporting-Tools mit direkter Anbindung an Investor, White Papers, Studien, Kundenzeitschriften etc. mit adäquater fachlicher Ausrichtung – im Kontrast oder in willkommener Ergänzung zu vielen Standard-PR-Maßnahmen – sind beliebte „Schaufenster“ zum Beleg für fachliche Expertise. Da B2B-Feld die Gegenseite darstellt, versucht man auf diese Weise, auch einen inhaltlichen Mehrwert zu bieten. Zumal dort viele Dienstleistungen mittlerweile einem harten Preiswettbewerb unterliegen – obwohl der Preis nicht immer der ausschlaggebende Faktor bei der Auswahl einer Kapitalanlagegesellschaft (bzw. KVG) darstellen sollte.
Fazit
Der Markt für durchschnittliche Fondsboutiquen, natürlich auch für konzerngebundene Manager, wird in Zeiten von zunehmender Markttransparenz und dem Siegeszug viele passiver Investmentformaten enger. Als bequem und profitabel kann der Markt für die Häuser in Zukunft erscheinen, die ihre außerordentlichen Fähigkeiten, auch die über reines Portfolio Management hinausgehen, für Investoren visibel machen. Risikomanagement, der Umgang mit passiven Investments in der Asset Allocation, das Einbinden der verschiedensten Formen von Anlageprodukten (ETFs, Hedgefonds, Private Equity etc.), systematische Ertrags- und Risikoeinschätzung – alles dies könnten Mehrwerte sein, die den Investor sozusagen neugierig auf einen unbelasteten Dialog machen können. Meine persönliche, unabhängige Erfahrung ist häufig: Die für beide Seiten fruchtbaren Beziehungen entstehen häufig durch einen ersten Gedankenaustausch über die Themen, die für beide Seiten interessant sind. Welche Asset Manager im Markt verfolgen diesen Ansatz in den nächsten Jahren konsequent weiter? Inhalte schlagen reine Produktdenke, wo Produkte wirklich passen, erhöht sich durch fruchtbaren Gedankenaustausch häufig auch die Chance auf ein Mandat!
*) Markus Hill ist unabhängiger Asset Management Consultant in Frankfurt am Main.
Kontakt: info@markus-hill.com; Website: www.markus-hill.com
Quelle: www.institutional-investment.de
Foto: www.pixabay.com