„Wenn du liebst, was du tust, wirst Du nie mehr in Deinem Leben arbeiten!“ (Konfuzius). Markus Hill* sprach für FONDSBOUTIQUEN.DE mit Prof. Dr. Demir Bektić, FINVIA, über Themen wie „Family Office & Freude“, Fondsselektion, Real Assets, Geopolitik und Portfolio Management. Themen wie eine Professur für Finance, Networking am Finanzplatz Frankfurt und ein Family Office-Panel beim FundForum International in Monaco wurden ebenso angesprochen wie die aktuelle Positionierung bei ausgewählten Asset-Klassen und der „Platz am Tisch“.
Hill: Welchen Bereich betreuen Sie aktuell, für welche Themen begeistern Sie sich und wie hat dieses Interesse zu einer Tätigkeit im Bereich Family Offices geführt?
Bektić: Ich verantworte bei FINVIA das Portfoliomanagement und bin Mitglied des Investmentkomitees. Bevor ich zu FINVIA kam, hatte ich diverse leitende Positionen im institutionellen Asset Management sowie Hedge Fund Management inne. Dazu bin ich außerplanmäßiger Professor für Finance an der International University of Monaco und unabhängiger Experte im Gremium des Bundesverbandes Alternative Investment e.V. (BAI) zur Vergabe des jährlichen BAI-Wissenschaftspreises. Nach meinem Studium der Wirtschaftsinformatik an der Universität Mannheim habe ich über faktorbasierte Investmentstrategien an der Technischen Universität Darmstadt promoviert. Die Professionalisierung und Institutionalisierung von zum Beispiel Vermögenscontrolling, Reporting, Qualität der Analyse und Beratung hat in den letzten Jahren maßgeblich zur Verschmelzung zwischen dem Asset Management und Wealth Management beigetragen. Diese Entwicklungen sind das Ergebnis der zunehmenden Komplexität von Finanzmärkten und der wachsenden Nachfrage von Kunden nach integrierten Lösungen, die ihre Anlagebedürfnisse und ihre breiteren Finanzziele berücksichtigen. Zudem gibt es mehrere Gründe, warum das Wealth Management schon immer einen besonderen Charme hatte: Im Wealth Management geht es oft darum, persönliche Beziehungen zu Kunden aufzubauen und zu pflegen. Für mich persönlich stellt dies eine sehr befriedigende Art der Arbeit dar, die mehr persönliche Interaktion und Kundenbindung erfordert. Darüber hinaus ist eine ganzheitliche und breitere Palette von Finanzdienstleistungen verfügbar, denn es geht nicht nur um die reine Anlageberatung. Insgesamt bin ich davon überzeugt, dass meine bisherigen Erfahrungen im institutionellen Asset Management sowie Hedge Fund Management eine wertvolle Bereicherung auch in der Wealth Management Welt sind. Gerade durch die angesprochene Verschmelzung wird der Übergang in ein paar Jahren nahtlos sein. Ich muss jedoch gestehen, dass insbesondere das Team, das Start-Up Flair sowie das klare Bekenntnis zu digitalen Technologien für mich am Ende ausschlaggebend waren.
Hill: Was genau macht FINVIA?
Bektić: FINVIA, als Multi Family Office, vereint exzellente Beratung und bewährte Family Office Leistungen mit den Möglichkeiten digitaler Technologien. Gleichzeitig verfolgt FINVIA einen ganzheitlichen Ansatz, der alle Anliegen der Kunden hinsichtlich ihres Vermögens berücksichtigt – und ihnen Zugang zu allen Anlageklassen, auch im Bereich alternativer Assets, ermöglicht. Wir verfolgen einen unabhängigen Ansatz und sind nicht an bestimmte Finanzprodukte oder -anbieter gebunden. Stattdessen legen wir Wert auf eine umfassende Analyse der Kundenbedürfnisse und eine maßgeschneiderte Beratung, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Neben dem traditionellen Leistungsspektrum eines Family Office, bieten wir, parallel zu den Bereichen wie zum Beispiel Real Estate oder Private Equity, auf der liquiden Seite eine eigene Vermögensverwaltung an. Hierbei stellen wir unseren Mandaten drei Lösungen auf der Aktien- sowie eine auf der Anleihen-Seite zur Verfügung. Darüber hinaus bieten wir auch die klassische Selektion von externen Vermögensverwaltern beziehungsweise Fonds an, sowie seit diesem Jahr auch die Möglichkeit in Hedgefonds zu investieren.
Hill: Welche Themen schauen Sie sich derzeit genauer an?
Bektić: Aktuell beschäftigen wir uns mit etlichen Fragestellungen. Hier alles konkret zu beleuchten, würde definitiv den Rahmen sprengen. Daher würde ich hier in Stichpunkten die wichtigsten Themen nennen. Wenn es um die liquide Seite geht, ist bei uns aktuell das Thema Gold im Fokus. Auch Aktien sind nach wie vor interessant, obwohl wir hier vor kurzem eine defensivere Ausrichtung implementiert haben und uns derzeit insb. auf die Sektoren Gesundheit und Basiskonsum konzentrieren. Bei der regionalen Ausrichtung präferieren wir Europa sowie Japan im Gegensatz zu den USA. Bei Anleihen bevorzugen wir nach wie vor inflationsgeschützte Papiere. Durch die gestiegenen Zinsen, in Kombination mit einer inversen Zinsstrukturkurve, sind auch Termingelder wieder attraktiv geworden. Von Themenprodukten halten wir zurzeit eher wenig. Bei den übergeordneten Themen schauen wir derzeit sehr genau auf Hedgefonds sowie Faktor-Investing im Allgemeinen. Gerade mit Hinblick auf Faktoren (häufig auch Stile oder Risikoprämien genannt) versprechen wir uns viel. Es ist von entscheidender Bedeutung, eine umfassende und detaillierte Kenntnis der verschiedenen Faktoren zu haben, die die Märkte antreiben. Durch eine sorgfältige Analyse der verschiedenen Faktoren können wir Portfolios noch besser optimieren und nach Ihren individuellen Zielen ausrichten. Dies führt einerseits dazu, die Kosten zu senken und die Effizienz des Anlageprozesses zu steigern sowie diesen zu rationalisieren. Wir sind zuversichtlich, dass die Identifizierung von Faktoren ein wesentlicher Bestandteil unserer Anlagestrategie sein wird und uns dabei helfen wird, die Ertragserwartungen aber auch Risiken noch besser zu steuern. Über diese aber auch andere interessante Themen spreche ich regelmäßig bei diversen Veranstaltungen. Gerne würde ich hier insbesondere zwei Event-Formate hervorheben: Zum einen bei „Platz am Tisch“, die eine gemeinnützige Organisation ist, welche sich für Diversität und Chancengleichheit bei Jugendlichen einsetzt und nicht nur aufgrund meiner persönlichen Herkunft eine Herzensangelegenheit ist. Zum anderen beim Fund Forum in meiner zweiten Heimat Monaco, welches eine exklusive Opportunität bietet die weltweit führenden Investmenthäuser an einem Ort zu treffen und sich mit den Leadern der Branche auszutauschen. Ich freue mich auf unseren gemeinsamen Gedankenaustausch am 27. Juni bei unserem Family Office-Panel zum Themenfeld „Herausforderungen für Family Offices 2023“ und bin auf Ihre Fragen gespannt. Es hat mich übrigens besonders gefreut, dass ich meine beiden anderen Gesprächspartner des Panels, Martin Friedrich (Lansdowne Partners Austria GmbH) und Florian Schmitt (VBG Invest AG), schon im Vorfeld schon einmal persönlich kennengelernt habe.
Hill: Welche Themen stehen außerdem bei Ihnen auf der Agenda für 2023?
Bektić: Die Themen, die uns im Jahr 2023 aber auch darüber hinaus beschäftigen sind vielfältig. Als Family Office investieren wir langfristig und denken daher in Dekaden. Grundsätzlich klassifizieren wir säkulare Trends in fünf Themengebiete: Geopolitik, Gesellschaft, Wirtschaft, Technologie und Kapitalmarkt. So sind beim Thema Geopolitik zum Beispiel eine multipolare Welt oder die Deglobalisierung im Fokus. Beim Thema Gesellschaft geht es zum Beispiel um Themen wie Nachhaltigkeit oder die Demographie-Wende. Wenn es um die Wirtschaft geht, werden uns nach wie vor die Inflation und Fiskalpolitik beschäftigen. Beim Thema Technologie achten wir zum Beispiel auf die letzten Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz. Zu guter Letzt, beim Thema Kapitalmarkt, analysieren wir unter anderem Alternative Risikoprämien und die zugrundeliegenden Faktoren wie zum Beispiel Value oder Quality, die potenzielle Entkopplung des US-Dollars sowie die daraus resultierende relative Schwäche der USA, oder auch globale Rohstoffengpässe und deren Auswirkung auf die Märkte. Alle fünf Themengebiete sind eng miteinander verknüpft und greifen wie Zahnräder ineinander. Um nur ein konkretes und aktuelles Beispiel zu nennen: Der Krieg in der Ukraine hatte und hat weiterhin Auswirkungen auf die Finanzmärkte. Im vergangenen Jahr hat er zu einer erhöhten Volatilität und Unsicherheit auf den Märkten geführt, insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen auf die globalen Energiepreise und die geopolitischen Spannungen. Aufgrund der politischen Spannungen und Sanktionen gegen Russland kam es zu Kapitalabflüssen aus der Region und zu Turbulenzen auf den Währungsmärkten. Darüber hinaus hat der Konflikt die europäischen Gaslieferungen beeinträchtigt und zu einem Anstieg der Energiepreise geführt, was wiederum zur Inflation beigetragen hat. Insgesamt hat der Ukraine-Konflikt gezeigt, wie eng geopolitische Ereignisse mit den Finanzmärkten verknüpft sind und wie wichtig es ist, politische und wirtschaftliche Risiken in die Anlagestrategie einzubeziehen.
Hill: Was machen Sie, wenn Sie gerade nicht mit dem Thema Finanzmärkte beschäftigt sind?
Bektić: Insgesamt ist es ein wichtiger Teil meines Lebens, ein Gleichgewicht zwischen meiner Arbeit und meinem Privatleben zu finden. Eines meiner „Hobbies“ ist das Unterrichten von jungen Menschen an Universitäten weltweit. Ich finde es unglaublich erfüllend, meine Erfahrungen und mein Wissen mit der nächsten Generation zu teilen und sie dabei zu unterstützen, ihre Ziele zu erreichen. Diese Tätigkeit gibt mir auch die Möglichkeit viel zu reisen, mich mit aufstrebenden Talenten auszutauschen und von ihnen zu lernen. Etwas, das ich sehr schätze, ist Zeit mit meinem Sohn zu verbringen. Abseits der Finanzmärkte hilft es mir, meine Batterien aufzuladen und mich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Einfach mal abzuschalten und gemeinsam die Natur zu genießen oder gemeinsam zu spielen, gibt mir die Möglichkeit, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten und meine Gedanken zu sortieren. Schließlich bin ich auch leidenschaftlicher Motorradfahrer. Das Fahren auf der Straße gibt mir ein Gefühl von Freiheit, das mich begeistert. Es hilft mir, meinen Kopf freizumachen und klare Gedanken zu bekommen. Während der Fahrt kann ich mich vollständig auf meine Umgebung und das Fahren konzentrieren und mich vollkommen entspannen.
Hill: Sie arbeiten bei FINVIA in Frankfurt und leben auch hier. Wo Sie gerade von Entspannung sprechen – warum ist Frankfurt beruflich und privat ein interessanter Standort? Oft wird ja behauptet, dass die Stadt sich zu schlecht verkauft.
Bektić: In Frankfurt lässt es sich gut leben. Als einzige deutsche Metropole hat es Frankfurt im letztjährigen Ranking der britischen „Economist“-Gruppe unter die Top Ten der lebenswertesten Städte der Welt geschafft. Für mich persönlich bietet Frankfurt eine enorme Vielfalt, sowohl beruflich als auch privat. Zum einen ist Frankfurt das wichtigste Finanzzentrum Deutschlands und eines der bedeutendsten weltweit. Das breite Angebot an Bildungseinrichtungen sowie die internationalen Messen ziehen regelmäßig Fachleute aus aller Welt an und bietet eine Plattform für den Austausch von Ideen, Geschäftskontakten und Innovationen. Die Stadt ist zudem ein wichtiger Bahnknotenpunkt und Autobahnkreuzungspunkt, was eine gute Erreichbarkeit sowohl innerhalb Deutschlands als auch international gewährleistet. Da ich selbst nicht in Deutschland geboren wurde, empfinde ich Frankfurt als eine eine kosmopolitische Stadt mit einer reichen kulturellen Vielfalt. Apropos Entspannung: Die Stadt hat zudem eine grüne Seite mit vielen Parks und dem Mainufer, die zum Erholen und Entspannen einladen.
Hill: Vielen Dank für das Gespräch. Ich freue mich auf das Panel mit Ihnen in Monaco.
Markus Hill ist unabhängiger Asset Management Consultant in Frankfurt am Main.
Kontakt: info(at)markus-hill.de; Website: www.markus-hill.de
Prof. Dr. Demir Bektić verantwortet bei FINVIA das Portfoliomanagement und ist Mitglied des Investmentkomitees. Dazu ist er außerplanmäßiger Professor für Finance an der International University of Monaco und unabhängiger Experte im Gremium des Bundesverbandes Alternative Investment e.V. (BAI) zur Vergabe des jährlichen BAI-Wissenschaftspreises.
VERANSTALTUNGSHINWEIS FundForum International 2023 (27.6. – 28.6.2023): https://informaconnect.com/impower-fundforum/
Quelle: www.institutional-investment.de
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