„Warum brauchen die so lange für Ihre Entscheidung?“, so oft das Lamento von unabhängigen Asset Managern, wenn nach Präsentation des eigenen Fonds scheinbar keine Entscheidung bei Family Offices und Stiftungen fällt. Viele der Gedanken über dieses Thema lassen sich auch auf das Entscheidungsverhalten bei anderen Investoren übertragen. Vergessen wird oft, dass es schon ein Anfangserfolg ist, sich als unabhängige Adresse präsentieren zu dürfen. Insbesondere, wenn zu Beginn das Volumen in den eigenen Produkten noch überschaubar erscheint. Eine erste Hürde ist genommen. Der Entscheidungsprozess, die Prüfphase eingeleitet. Was können Gründe dafür sein, warum Prüfprozesse sehr zeitintensiv ablaufen? Warum kann am Schluss ein Ja oder Nein stehen? Welche einfachen Erkenntnisse werden vielleicht häufig ignoriert?
Zeithorizont bei Entscheidern
Family Offices und Stiftungen sind die Sachwalter der Interessen Dritter. Eine große Verantwortung lastet auf den Fondsselektoren. Beide Kategorien von Selektoren wollen Kapital erhalten, Stiftung insbesondere einen regelmäßigen Zahlungstrom zur Förderung des Stiftungszwecks erwirtschaften. Hektik beim Entscheidungsprozess erscheint kontraproduktiv. Viele Produktanbieter scheinen diese gelassene Haltung auf der Selektorenseite häufig nicht zu verstehen. Zusätzlich vergessen Sie, dass auch Selektoren einem Karriererisiko unterliegen können. Wird der Entschluss gefasst, sich auch einmal für einen weniger bekannten oder volumenträchtigen Fondsanbieter zu entscheiden, dann wird sozusagen eine Risikoposition eingegangen – man hätte sich ja auch für DWS, Union Investment oder Templeton entscheiden können, als Beispiel. Suboptimale Performanceergebnisse bei bekannteren Adressen lassen sich zum Beispiel bei internen Ausschusssitzungen besser rechtfertigen – mit der Masse schief zu liegen, tut weniger weh. Jeder unabhängige, unbekanntere Asset Manager sollte sich vielleicht einmal fragen: Warum soll der Fondsselektor für mich den Kopf hinhalten?
Performance und der Faktor Zeit
Spricht man mit bestimmten Fondsmanagern erstaunt immer, durch welchen Filter die eigenen Leistungen betrachtet werden können. Vieles, bei dem der Fondsmanager grenzenlos überzeugt erscheint vom eigenen Können, lässt sich unter Umständen einfach nur auf einen Mangel an Marktkenntnis zurückführen. Dies ist zumindest die Meinung von verschiedenen Selektoren. Wie viele der Asset Manager betreiben eine intensive Konkurrenzbeobachtung? Vielleicht wäre dies etwas für die Forschung im Asset Management-Bereich. Anders lässt es sich manchmal kaum erklären, wie Manager, als Beispiel, mit einem Glücksjahr und zwei schwachen Jahren mit großer Überzeugung dem Investoren versuchen darzulegen, dass Sie unberechtigterweise nicht in der Spitzengruppe mit erwähnt werden. Übersehen wird zuweilen auch, dass bestimmte Selektoren die vergangene Performance mit großer Vorsicht bewerten.
Lernkurven und „Jugend forscht“
Investmentprozesse sollen stringent erscheinen. Sie sollen berechenbar sein, Verhalten in gewissen Marktsituationen voraussehbar machen. Auch deshalb, weil der Entscheider bei Family Office oder Stiftung selber häufig sich mit dem Thema Porfoliokonstruktion auseinandersetzen muss, Diversifikation betreibt und Korrelationen zu beachten hat. Unberechenbare Ausreißer – im Extremfall jeden Monat Wechsel des Investmentstils (wäre auch ein Fondskonzept) – sind zu vermeiden. Umso interessanter folgendes, nicht nur bei unabhängigen Adressen oft wieder zu findendes Phänomen: Fonds wurde ausgewählt, Fonds hat anhaltend schlecht performt. Folgende stolze Erkenntnis des Portfoliomanagers: „Ab morgen wird alles anders. Wir haben dazu gelernt!“. Menschlich gesehen verständlich und achtenswert – im Portfolio Management aber durchaus ein Sachverhalt, der kontrovers diskutiert werden kann: Ist die Aufgabe von Family Offices und Stiftungen, Testfeld für unausgereifte Fondskonzepte zu sein? Wie viele „Weisheitszyklen“ dieser Art kann der Selektor gegenüber seinem Kunden verkaufen? Schliesslich wird auch der Selektor am Ende des Tages von seinem Kunden beurteilt. Dieses Phänomen soll zusätzlich verdeutlichen, warum die scheinbare Risikoaversität und der scheinbar langsame Entscheidungsprozess bei bestimmten Investoren durchaus in Teilen begründet sein können. Merke: Ein gebranntes Kind scheut Feuer!
Bekanntheit und Performance
Spitzenperformance (risikoadjustiert) hilft, verkauft sich aber nicht von allein. Und sie ist auch nur ein Teil des Due Diligence-Prozess. Quantitative Faktoren verschaffen oft ein, vielleicht trügerisches, Gefühl von Sicherheit. Qualitative Faktoren wie Managerpersönlichkeit etc. besitzen gerade im Fondsboutiquen-Bereich eine große Bedeutung. Wenn die kollektive Überzeugung herrscht, dass aktives Management einen Mehrwert bringt, dann müssen Evaluierungsprozesse vorhanden sein, die über das reine Verwalten von Datenbanken hinausgehen. Die Tatsache, dass es noch viele Entscheider auf Investorenseite gibt, zeigt den Bedarf an qualitativer Expertise. Und dieser Faktor kann unabhängigen Managern helfen, langsam auf das Radar von diesen Entscheidern zu kommen. Ein unabhängiges, nicht produktorientiertes White Paper über ein investorenrelevantes Thema kann oft einen größeren Aufmerksamkeit erzeugen als das fortwährende „Bombardement“ mit Fact Sheets und Follow-up-Anrufen. So zumindest die Erfahrung von einigen erfolgreichen Fondsboutiquen – solide Ergebnisse, die mit langem Atem kommuniziert werden. Und mit Ergebnissen ist keineswegs nur die monatliche Performance gemeint.
Know-how – Kapitalanlagegesellschaften machen es vor
Hygienefaktor für den Erfolg bei Institutionellen sind solide bis überragende Performanceergebnisse, zumindest als Türöffner. Spezialisierte Kapitalanlagegesellschaften machen es vor – Universal-Investment, Hauck & Aufhäuser, Axxion und Hansainvest – Kommunikation zählt. Gerade bei komplexen Dienstleistungen mit hartem Preiskampf muss ich mit den Themen Know-how, Dienstleistungsorientierung und Netzwerk punkten. Umfragen, Pressarbeit, in Einzelfällen auch Sponsoring oder Vertriebsunterstützung – Differenzierung und Kommunikationsanlass zählt. Einfach um in Kundenkontakt zu kommen oder zu bleiben. Viele der Fondsboutiquen könnten etwas lernen, wenn Sie sich die Strategien dieser „großen Häuser“ ansehen. Beispielsweise auch davon, wie diese Kapitalanlagegesellschaften ihre unabhängigen Vermögensverwalter vermarkten. Am Schluss läuft es darauf hinaus: Über Themen im Dialog mit dem Kunden bleiben!
Ausblick
Vielen unabhängigen Asset Managern ist vielleicht der Entscheidungsprozess bei treuhänderisch-orientierten Selektoren wie Family Offices und Stiftungen zu langwierig. Zu fragen ist, ob man vielleicht an den falschen Türen klopft oder mit Produkten vorstößt, die nicht direkt im Fokus dieser Selektoren liegen. Solange Produktanbieter sich in erster Linie als Produktanbieter betrachten und wenig Bedarf verspüren, im intensiven Dialog mit den Investoren Produkte zu entwickeln, läuft das Rad des Vertriebs wie so oft „schlecht geölt“ den üblichen Weg. Sollten sich neue Konstellationen am Markt ergeben, Investor spricht mit Investor über neue Produktlösungen und man kreiert die maßgeschneiderte Lösung im eigenen Netzwerk, dann würde vielleicht ein neues Kapitel im Bereich Produktentwicklung im klassischen Fondsbereich aufgeschlagen. Warum soll etwas, was in komplexen Feldern wie Infrastrukturinvestments, Real Assets etc. im Rahmen von Club Deals anzutreffen ist, nicht einen positiven Eingang in die klassische Fondsindustrie finden? Investoren mit langem Atem, die zugleich Produktinnovation, vielleicht grenzübergreifend, vorantreiben – eine Innovatorengruppe mit dem „Arbeitsmotto“: In der Ruhe liegt die Kraft!
Quelle: www.institutional-investment.de
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