„Zu unseren treuesten Kunden zählen häufig Family Offices, dies ist uns über die Jahre immer stärker aufgefallen“ (Interview – Prof. Dr. J. Carlos Jarillo)

Spezialisierung im Asset Management, „Skin in the Game“ und Unabhängigkeit bei Anlageentscheidungen sind Faktoren, die Fondsboutiquen für viele institutionelle Investoren interessant erscheinen lassen. Family Offices, Versicherungen und Versorgungswerke schauen sich oft verschiedene Talente in verschiedenen Asset-Klassen an. Markus Hill sprach für FONDSBOUTIQUEN.DE mit dem Autor des Buches „Strategische Logik – Die Quellen der langfristigen Unternehmensrentabilität“ Prof. Dr. J. Carlos Jarillo über Value Investing, liquide Fondskonzepte versus Private Equity, Investments in Rohstoffe sowie über Investorendialog und den Faktor SRI bei Investments. Einige dieser Punkte werden von Prof. Dr. Jarillo am 16. Oktober 2018 in München bei seinem Vortrag „Strategic Investing“ intensiver diskutiert.

Hill: Sie sind der Autor des Buches „Strategische Logik – Die Quellen der langfristigen Unternehmensrentabilität“. Mit welchen Themen haben Sie sich dort eingehender beschäftigt?

Jarillo: Ich betrachte die Welt der Unternehmen und des Fondsmanagements durch die Augen eines Lehrenden und Praktikers mit Eigentümerblick (Ownership Approach). Strategie und Langfristdenke sind Faktoren, denen ich bei der Bewertung von Unternehmenskonzepten immer eine besondere Bedeutung beigemessen habe. In dem Buch stecken meine gesammelten Erfahrungen als ehemaliger Professor und Inhaber des Lehrstuhls für Unternehmensstrategie an der Universität Genf. Zusätzlich habe ich am IMD in Lausanne, an der IESE Business School, der Universität von Navarra und Instituto de Epressa in Spanien unterrichtet. Die prägenden Jahre für meine Denke finden sich in meiner Zeit als Senior Research Associate an der Harvard Business School bei Michael Porter. Viele meiner Gedanken zur Beurteilung von Businesskonzepten, Konkurrenzanalyse und auch zum Thema „Economic Moat“ und Value Investing findet man in komprimierter Form in meinem Buch. Mir war es wichtig, viele Praxisbeispiele zu benutzen, zumal ich über lange Jahre auch in der Unternehmensberatung tätig war.

Hill: Was waren Ihre nächsten Schritte nach Ihrer Tätigkeit als Professor und Buchautor?

Jarillo: Der Schritt aus der Theorie in die Praxis entstand, als ich Gründer und Managing Partner meines Unternehmens „Strategic Investment Advisors“ wurde. Meine Überzeugung war immer, dass sich eine gute Unternehmensstrategie langfristig auf die Profitabilität einer Firma auswirkt. Im Jahr 2002 habe ich den „Long Term Investment Fund Classic“ aufgelegt. Im Schnitt haben wir seitdem mit dem Fonds eine Performance von 9,2% p. a. erwirtschaftet. Ein Grund für die Auflage war zugegebenermaßen auch, dass ich etwas frustriert war über das Verhalten vieler meiner Studenten, die nach meinen Vorlesungen ein gutes Grundgerüst für den Aufbau einer erfolgreichen Unternehmensstrategie erhalten haben, aber oft nach Eintritt in die Praxis viele der theoretischen Dinge wieder „vergessen“ haben. Mit meinem Fonds wollte ich beweisen, dass meine Überlegungen auch für die Praxis relevant und umsetzbar sind. Zwei Jahre später ist auch der Co-Manager Alex Rauchenstein, ein ehemaliger Teilnehmer meiner MBA-Executive-Studiengänge, mit zu meinem Team gestoßen. Gerade bei solchen Projekten ist es wichtig, die richtigen Leute an das Unternehmen zu binden. Für mich war es über die Jahre sehr interessant zu sehen, wie sich meine Gedanken und Schlussfolgerungen aus dem Buch ins Portfolio Management übertragen lassen.

Hill: Wie würden Sie Ihren Investmentansatz beschreiben?

Jarillo: Wir würden unseren Ansatz als Strategic Value Investing bezeichnen. Wir sind klare „Bottom-up-Stockpickers“. Die aktuellen Börsenstände sind für uns nicht von großer Bedeutung. Wir denken langfristig, wir bewerten Unternehmenskonzepte, Strategien und suchen nach speziellen Aktien mit zu erwartenden hohen Renditen bei moderatem beziehungsweise tiefem Risiko. Hierfür haben wir eine eigene Systematik mit Risikostufen. Über lange Zeit beabsichtigen wir, eine Performance zwischen neun bis zehn Prozent im Jahr zu erwirtschaften. Wenn man es langfristig schafft, die richtigen Unternehmen herauszufiltern und man, wie bei Private Equity-Investoren, den täglichen, oft irritierenden „Noise“ der Börsen zu ignorieren, dann sind diese Ergebnisse im Durchschnitt realistisch zu erreichen. Wir leben sozusagen den Ownership Approach im Fonds. Im Unterschied zu klassischen Private Equity-Fonds profitieren wir einerseits von der täglichen Liquidität in unserem Publikumsfonds, obwohl wir die Investments in Unternehmen auf ähnliche Weise wie ein Private Equity-Investor betrachten. Im Gegensatz zu klassischen Private Equity-Fondsmanagern spüren wir andererseits hier aber zeitnah die „Peitsche der Transparenz“.

Hill: Ihr Team managt auch einen Rohstofffonds. Value Investing und Rohstoffe – wie kommt es zu dieser ungewöhnlichen Expertise?

Jarillo: Wir betrachten auf Dauer angelegte Geschäftsmodelle. In unserem Value-Fonds haben wir nach Berücksichtigung durch unser Risikomanagement-System zum Beispiel seit einiger Zeit auch Ölförder-Werte. Vor einiger Zeit ist Urs Marti vom Vermögensverwalter Felix Zulauf mit seiner Rohstoffexpertise zu uns gestoßen. Unsere spezielle Expertise in Rohstoffwerten, die auch im Value-Fonds in kleinen Quoten Berücksichtigung finden, können wir mit unserem Team noch stärker zur Geltung bringen. Unterstützt werde ich hier zusätzlich von Alex Rauchenstein und Marcos Hernandez. Mit gutem Erfolg, der Fonds (Long Term Investment Fund Natural Ressources) befindet sich aktuell übrigens für den Zeitraum von 5 Jahren bei Citywire auf Platz 4 von 139 Rohstofffonds, er besitzt 5 Sterne bei Morningstar. Wir suchen bei SIA Funds immer nach Möglichkeiten, unser Know-how und unsere Netzwerke zu poolen. Mit Urs Marti waren wir schon lange Jahre in gutem Kontakt und in einem fruchtbaren Gedankenaustausch, manchmal fügen sich dann bestimmte Dinge. Langfristdenke steht im Vordergrund. Wir sind ja mit eigenem Geld in unseren Fonds investiert.

Hill: Gibt es Investoren, die diesen eher geduldigen Anlagestil besonders schätzen?

Jarillo: Wir haben Investoren in den verschiedensten Gruppen. Pensionskassen, Banken, Stiftungen, Versicherungen wären die mit einer eher institutionellen Sichtweise. Auch hier gibt es Value Investing-Fans. Zu unseren treuesten Kunden zählen häufig Family Offices, dies ist uns über die Jahre immer stärker aufgefallen. Vielleicht hängt dies mit der Langfristdenke und der Affinität zum Unternehmerischen zusammen. Hier schließt sich auch der Kreis zu unserem Unternehmen. Wir sind ebenso geprägt vom Ownership Approach: Persönliche Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen, oft verbunden mit kurzen Entscheidungswegen und eigenem Geld im Fonds. Hier entsteht oft eine Gleichrichtung der Interessen von Fondsmanagement und Investoren. Wie so viele andere unabhängige Fondsboutiquen im Value-Bereich, schaut man uns auch deshalb oft etwas genauer an. Da wir viel Research betreiben, viele fachliche Diskussionen mit Unternehmen aber auch Fachkollegen aus dem Fondsmanagement führen, schätzen uns auch viele unserer Investoren als Sparringpartner bei Investmententscheidungen. Gerade in unserem Segment wird uns immer wieder mitgeteilt, wie sehr man Fondsmanager schätzt, die bei konzentrierten Portfolios ihre Unternehmen gut kennen. Natürlich gilt dies auch bei vielen unabhängigen Vermögensverwaltern und bei HNWIs ebenso. Viele Investoren kombinieren gerne unsere Fonds mit Fonds von kleineren, unabhängigen Asset Managern. Unabhängigkeit, Spezialisierung und der Skin-in-the-Game-Faktor werden hier sehr geschätzt.

Hill: Womit beschäftigen Sie sich derzeit intensiver?

Jarillo: Natürlich konzentrieren wir uns auf das Portfoliomanagement. Wie gesagt, wir schätzen den Dialog mit Investoren. Aktuell haben wir deshalb aufgrund eines bereits bestehenden Mandats, das wir seit sechs Jahren betreuen, für Investoren aus dessen Umfeld auch einen Value-Fonds aufgelegt. Das Spezielle an diesem Publikumsfonds ist, dass wir hier unsere klassischen Stärken aus dem Value-Bereich mit SRI-Aspekten bei der Auswahl von Werten ergänzen. Seit sechs Jahren veranstalten wir zweimal im Jahr kurze Veranstaltungen mit Investoren, die Fondsboutiquen und Value Investing interessant finden. Im April dieses Jahres waren wir in Frankfurt, am 16. Oktober.2018 werden wir wieder einen Vortrag mit Mittagessen und Gedankenaustausch in München haben. Es ist eine Investorenveranstaltung, bei Interesse kann man sich gerne an uns wenden.



*) Markus Hill ist unabhängiger Asset Management Consultant in Frankfurt am Main. Kontakt: info(at)markus-hill.com ; Website: www.markus-hill.com

Quelle: www.institutional-investment.de
Foto: www.pixabay.de

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