Kommentar: Fondsboutiquen, Private Label Fonds und KVGen – Investoren und die Kunst des harmonischen Dialogs

„Es gibt keine Freiheit ohne gegenseitiges Verständnis“ (Albert Camus). In Abwandlung dieses Gedankens könnte man auch sagen, dass die Freiheit zu guten Investmententscheidungen mit dem Verständnis von Personen und Konzepten einhergehen sollte.

Viele bankunabhängige Asset Manager (Fondsboutiquen) bedienen sich seit Jahren verschiedener Veranstaltungsformate, um darzustellen, was sie und Ihre Konzepte ausmacht. Diese Events variieren in Größe, Umfang, Zeit und Ausrichtung. Welche Formate gibt es? Welche Zielgruppen sollen angesprochen werden? Welche Ansätze lassen sich mehr in Richtung der Steigerung von Brand Awareness (Visibilität, Markenbildung) betrachten, welche kommen dem Bereich Business Development näher?

Fondsindustrie und Branchenevents

Formate wie der Institutional Money Congress und die BVI Asset Management Konferenz, auch die BAI Alternative Investment Konferenz, stellen oft eine Plattform für den Dialog in der Fondsindustrie dar. Kennzeichen solcher Formate sind oft die starke mediale Präsenz (Fachpublikationen) und die unterschiedlichen Schwerpunkte und Zielsetzung. Ohne Wertung – es gibt hier Formate, die stärker auf Brand Awareness bei etablierten Asset Managern legen und es gibt eine unterschiedliche Gewichtung in den Teilnehmergruppen. Ähnliche Veranstaltungen wie die oben genannten gibt es in einer Vielzahl bundesweit.

Die einen haben stärker den Charakter von „Industrie spricht mit Industrie“, andere gehen stärker in die Richtung „Industrie spricht mit Investoren“. Für Fondsboutiquen, die bereits eine „nennenswerte“ Größe (AuM) erreicht haben, können diese Events zur verstärkten Bildung von Brand Awareness bei institutionellen Investoren oder zur Erhöhung der Visibilität bei den Fachmedien genutzt werden. Ein interessanter Effekt für die Fondsindustrie durch Asset Manager mit „nennenswerter“ Größe (Fondsboutiquen und konzerngebundene Asset Manager) besteht darin, dass durch deren Sponsorings solcher Formate volkswirtschaftlich gesehen noch positive Spill-Over-Effekte entstehen: Der Dialog in der Industrie wird gefördert, es kommt sozusagen zu einer zusätzlichen Diffusion von Wissen in und außerhalb der Industrie (Investor Education etc.).

Kapitalverwaltungsgesellschaften, Fondsboutiquen und Investorendialog

Verschiedene Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) haben sich spezialisiert auf die Auflage von Private Label Fonds für bankunabhängige Asset Manager (Fondsboutiquen). Zu nennen (Beispiele) wären hier Unternehmen wie Universal-Investment, Ampega, Hansainvest, Axxion, IPConcept, LRI Group und Hauck & Aufhäuser. Viele dieser Gesellschaften bieten in verschiedener Ausprägung Marketing- und Vertriebsunterstützung für Ihre Fondsinitiatoren an. Dieser Support kann stark in Erhöhung der Brand Awareness erfolgen (Public Relations) oder zunehmend in Richtung Business Development („Vertriebskomponente“) gehen. Formate im Veranstaltungsbereich können hier verschieden gestaltet sein:

1. Die KVG kann eigene Veranstaltungen anbieten. Unter Nutzung des eigenen Verteilers (Investorenkontakte) und in Kombination mit verstärkten PR-Aktivitäten).
2. Die KVG beziehungsweise Fondsinitiatoren selber können mit anderen KVGen gemeinsam Investoren einladen.
3. Die KVG kann externe Dienstleister einsetzen bzw. vermitteln an Fondsinitiatoren (Sponsoring, Teil-Sponsoring etc.).

Fondsboutiquen und der Dialog mit Investoren

Im Bereich der Fondsboutiquen gibt es viele kleine Häuser, manche Fonds starten mit Fondsvolumen von fünf bis zehn Millionen Euro, deren „Fondsmanager“ (Fondsadvisor) zu Beginn oft nicht sehr bekannt sind und die sich aus betriebswirtschaftlichen Gründen zu Beginn noch keinen eigenen Vertrieb aufbauen können. Hier sind neben der Public Relation (Medien) auch die direkten Kontakte zu Investoren hilfreich. Hat die KVG einen eigenen Vertrieb (Beispiele: Universal-Investment, Ampega etc.) so kann hier das Netzwerk für die Boutiquen sehr wertvoll sein.

Natürlich können die KVGen hier nur punktuell Unterstützung leisten. Allein die Vielzahl der Fondsboutiquen in den einzelnen Häusern führt dazu, dass hier Schwerpunkte erfolgen müssen. Auch die KVG und deren Vertrieb können sich nur verstärkt auf die Fondsinitiatoren konzentrieren, die zum Beispiel eine sehr interessante „Story“ (Thema, Track Record, Persönlichkeit und Historie des Fondsinitiators, Bekanntheitsgrad etc.). Zudem haben viele der Fondsboutiquen früher oder später eigene Vertriebsleute, auch werden in Einzelfällen Placement Agents eingesetzt („Third Party Distribution“). Sollten interne Modelle, existierende oder sich in Planung befindliche, bei den KVGen mit Preismodellen für Support versehen sein, dann beginnt zusätzlich der Prozess von Kundenschutz, „Ticketzuordnung“ etc.

Kernpunkt bei der Kommunikation mit Investoren ist hier: Durch die Vielfalt an Boutiquen bieten die KVGen in diesem Fall Plattformen, die aufgrund der breiten Auswahl bei den Einladungen zu Events auf erhöhtes Interesse bei Investoren stoßen – seien es eigene Formate oder Formate in Verbindung mit externen Dienstleistern (Beispiele: Auf.Den.Punkt. als Ampega-Format, UI-ChampionsTour bei Universal-Investment, Asset Management-Tage bei Häusern wie Hauck & Aufhäuser, Hansainvest etc.). Zu nennen wären an dieser Stelle auch einzelne Formate bei Fondsboutiquen selber (DJE, Flossbach von Storch etc.), bei denen sich verschiedene Initiatoren gemeinsam, Fondsauflagen oft bei verschiedenen KVGen, auftreten. Daneben gibt es eine Vielzahl von Veranstaltungen, die von den Fondsinitiatoren selber organisiert werden und bei denen man sich zusätzlich häufig anderer externer Veranstalter bedient.

Fondsboutiquen und „Hidden Agenda“: Public Relations versus Business Development?

Üblicherweise bieten die meisten KVGen einen aktiven PR-Support für Ihre Fondsinitiatoren an. Dieser steigert die Visibilität von Köpfen und Konzepten. In der Industrie gibt es zusätzlich eine Vielzahl von Plattformen und externen Dienstleistern in diesem Bereich, auf welche die KVGen zusätzlich direkt zugreifen beziehungsweise die gerne an die Fondsinitiatoren weiterempfohlen werden.

Zu beobachten ist ein sehr interessanter Sachverhalt in der Branche: Viele Fondsboutiquen sprechen von PR und Visibilität, meinen jedoch oft eigentlich eher den Bereich Business Development im Sinne von Vertrieb, dem direkten Kontakt zum Investor. Hintergrund: Die Erfahrung mit dem klassischen Bereich PR ist, dass natürlich das reine Schreiben und Publizieren von Artikeln in den Medien im Vergleich zu direkten Vertriebsanstrengungen (Point-of-Sale-Kontakt) einen großen Streuverlust aufweist.

Fairerweise muss man hier sagen, dass dies in der Natur der Sache Public Relations liegt und das die Kette „Publikation-gleich-sofortiges-Ticket-vom-Kunden“ so nicht gegeben ist. Jedoch gibt es viele kleine Häuser, bei denen die Bereiche Langfristdenke im Bereich Kommunikation und der direkte Vertrieb noch Konflikte aufweisen können (Optimierungspotenziale). Warum? Auch jeder Vertriebler hat es schwer, nicht oder wenig bekannte Produkte beziehungsweise Köpfe – der Vertrieb von Fondsboutiquen ähnelt häufig dem Bereich „Künstlerpromotion“ – bei Investoren zu präsentieren. Der eine Bereich greift in den anderen Bereich, nicht umsonst spricht man vom Marketing-Mix.

Ausblick

Die KVGen, die es glaubhaft schaffen, den Fondsinitiatoren einen Mehrwert über die reine Fondsadministration hinaus zu bieten, haben exzellente Chancen bei Private Label-Fondsinitiatoren (Fondsboutiquen). Präziser ausgedrückt: Bei einer ganz bestimmen Kategorie von Fondsboutiquen. Dieser Mehrwert kann das aktive Offerieren von internen und externen Dienstleistern für die Marketing-Unterstützung sein – von PR zu Vertrieb, zu diversen anderen Service-Partnern im Netzwerk der KVG. Er kann bestehen im punktuell direkten Vertreiben der Fonds, er kann in der Vermittlung von Seed Money bestehen, in der Unterstützung oder beim Sponsoring von Investoren-Events oder auch in der Ausrichtung besonderer „Mehrwert-Gedankenaustausch-Formate“ für die eigenen Fondsinitiatoren und Prospects in diesem Segment. Man vergisst häufig, dass jede der KVGen ebenso ein eigenes „Gesicht“ hat: Ausrichtung, Größe, Spezialisierung auf bestimmte Zielgruppen, aber eben auch die Qualität der Mitarbeiter. Auch für den direkten, fruchtbaren Dialog zwischen Fondsboutiquen, KVGen und Investoren gilt das ständige Streben im Dialog: „Die Harmonie zwischen zwei Menschen ist niemals gegeben. Sie muss immer wieder neu erobert werden“ (Simone de Beauvoir).


Quelle: www.institutional-investment.de
Foto: www.pixabay.com

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