„Wie viele andere Family Offices finden auch wir, dass es in Deutschland eine ganze Menge wirklich guter Fondsboutiquen mit interessanten Strategien und sehr talentierten Fondsmanagern gibt“ (Interview – Reiner Konrad)

Bei der Auswahl von Asset Managern zeigen gerade Family Offices seit Jahren ein verstärktes Interesse an Fondsboutiquen. Ownership Approach, „Skin in the Game“ und Spezialisierung in diesem Managersegment stoßen gerade bei dieser Investorengruppe oft auf große Resonanz. Markus Hill* sprach für FONDSBOUTIQUEN.DE mit dem Senior Portfolio Manager Reiner Konrad vom Multi Family Office FOCAM AG in Frankfurt über Managerselektion und die Auswahl von besonderen Talenten. Angesprochen wurden Themen wie quantitative und qualitative Kriterien bei der Auswahl von Portfolio-Managern im Boutiquenbereich. Viele dieser Punkte werden auch im Vortrag „Family Offices, Fondsboutiquen & Managerselektion“ von Rainer Konrad am 27.November 2018 in Frankfurt bei einem Gedankenaustausch vertieft dargestellt und diskutiert werden.

Hill: Wie sieht der Prozess für die Auswahl von Asset Managern in Ihrem Hause aus?

Konrad: Zuerst kurz zu unserer Philosophie. Unserer Ansicht nach ist es so, dass es für viele Segmente Fondsmanager gibt, die einen Mehrwert bieten und auch deshalb mögen wir gerne Manager von spezialisierten Fondsboutiquen. Wir investieren nur in Strategien die wir nachvollziehen können und die ihrem Stil treu bleiben. Bei der Auswahl von Managern haben wir keine spezifischen Mindestvorgaben für das Fondsvolumen. In bestimmten Ausnahmefällen investieren wir auch in Strategien, die zum Beispiel einen kürzeren Track Record als drei Jahre haben. Grundsätzlich starten wir auf Basis einer quantitativen Vorauswahl. Basis ist hierfür die richtige Vergleichsgruppe und die passende Benchmark. Darauf basierend folgt dann der qualitative Prozess, dem wir eine sehr große Bedeutung einräumen.

Hill: Welche quantitativen Faktoren sind für Sie von Bedeutung bei der Auswahl?

Konrad: Wir schauen uns verschiedene Kriterien an. Historische Renditen über verschieden Zeiträume, bevorzugt hier Zeiträume über ein, drei und fünf Jahre. Bei dieser Systematik gewichten wir kürzere Zeiträume stärker. Wichtig erscheint uns hier auch die Performance im Vergleich zur Peergroup und der Benchmark. Die Konsistenz der Performance ist ebenfalls ein wichtiger Faktor bei der Auswahl der Manager. Interessant und wichtig beim Fonds ist auch das Verhalten in unterschiedlichen Marktphasen, sowie das Upside- und Downside-Capture. Als Risikokennzahlen verwenden wir zum Beispiel Active Share, Tracking Error, Sharpe- und Information Ratio.

Hill: Welche qualitativen Faktoren sind für Sie wichtig bei der Beurteilung von Asset Managern?

Konrad: Die Investmentphilosophie und der tatsächliche Ablauf des Investmentprozesses. Wer entscheidet letztendlich? Wie ist die Reputation der Gesellschaft? Wer sind die führenden Köpfe in der Gesellschaft, Eigentümer und auch Manager? Wie sind die Abwicklungsprozesse und die Gebührenstruktur? Wie sieht das Verhältnis bei Volumen und Vergütungsstruktur aus? Besteht ein hoher Grad an Stiltreue beim Management des Fonds über den Zeitablauf? Von elementarer Bedeutung sind für uns die handelnden Personen, sprich das Fondsmanagement. Diese Personen sind letztendlich für die Performance der Strategie verantwortlich. Bei unserer Analyse geht es uns auch darum, ein „ Wohlgefühl“ aufzubauen. Dieses positive Gefühl ist ganz wichtig, da wir ja einen Teil unserer Verantwortung delegieren. Punkte, die wir diesbezüglich deshalb genauer betrachten sind die Ausbildung, Werdegang und Berufserfahrung von Fondsmanager und Team. Wie lange wird schon zusammen gearbeitet? Wie setzt sich das Team zusammen? Wie ist die Rollenverteilung? Wer bringt seine Stärken wie ein?

Hill: Machen Sie einen Unterschied zwischen großen etablierten Häusern und Fondsboutiquen?

Konrad: Grundsätzlich machen wir erst einmal bei der quantitativen Vorauswahl keinen endgültigen, harten Ausschluss. Wir mögen allerdings Boutiquen, da diese meistens auf gewisse Segmente spezialisiert sind und der Zugang und Service sehr gut ist. Wir möchten ja gerne die Köpfe hinter den Strategien verstehen. Der persönliche Kontakt zum Manager ist uns hier sehr wichtig. Oft stehen hinter den Boutiquen Fondsmanager, die schon eine erfolgreiche Karriere bei einem größeren Haus hinter sich haben und daher über eine langjährige Erfahrung verfügen. Allerdings finden wir auch bei größeren Häusern immer wieder interessante Manager und Managerteams. Ich glaube die Mischung macht es aus. Wie viele andere Family Offices finden auch wir, dass es in Deutschland eine ganze Menge wirklich guter Fondsboutiquen mit interessanten Strategien und sehr talentierten Fondsmanagern gibt.

Hill: Wie setzen Sie ETFs in Ihrem Hause ein? Bedeuten diese eine Konkurrenz für aktive Asset Manager?

Konrad: Als taktische Steuerung von Aktienquoten nutzen wir gerne ETFs in Bereichen, wo keine geeigneten Manager auf dem Radar erscheinen. Alternativ setzen wir diese in der Übergangsphase ein, bis wir einen aktiven Manager für das Segment gefunden haben, der einen Mehrwert durch aktives Management bietet. Teilweise kann man es schon als Konkurrenz ansehen. Vor allem in den großen und effizienten Märkten. Dazu kommen noch die aktuell immer noch fallenden Kosten und der Preiskampf bei den ETFs. In ineffizienteren Segmenten sollten ETFs weniger Konkurrenz sein. Auch das Segment der „Smart Beta ETFs“ beobachten wir aufmerksam. Hier gibt es teilweise interessante Ansätze.

Hill: Mit welchen Themenfeldern beschäftigen Sie sich aktuell intensiver?

Konrad: Wir suchen nach guten Rentenmanagern im Umfeld von steigenden Zinsen. Auch interessante Strategien im Bereich Liquid Alternatives finden unser Interesse. Ein spezielles Segment, wo wir Talente suchen, sind Manager im Bereich Wandelanleihen. Da mich der Bereich Fondsboutiquen sehr interessiert, werde ich hier noch Ihre Veranstaltung am 27. November in Frankfurt am Main mit einem kleinen Vortrag zu diesem Thema begleiten. Vorab noch vielen Dank für Ihre Einladung und den intensiven Gedankenaustausch zu diesem Themengebiet im Vorfeld.



*Markus Hill ist unabhängiger Asset Management Consultant in Frankfurt am Main. Kontakt: info(at)markus-hill.com ; Website: www.markus-hill.com

Quelle: www.institutional-investment.de
Foto: www.pixabay.de

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