Kommentar: „Frankfurter Herbst“ für Family Offices, Vermögensverwalter und Stiftungen

„Sprich, damit ich Dich sehe“ (Sokrates). So oder ähnlich könnte man das Motto beschreiben, unter dem sich Asset Management-Industrie und Investorenseite häufig in Frankfurt treffen. Dieser Herbst erscheint vielversprechend. Interessanterweise wird verstärkt die Stimme der Unabhängigen mehr Gehör finden: Family Offices, Vermögensverwalter und Stiftungen treten in einen fruchtbaren Dialog, drei Beispiele von vielen: „Managementforum Vermögensverwaltung“ (Frankfurt School of Finance & Management), „Frankfurter Dialog für Family Offices und Vermögensverwalter“ (Heuking Kühn Lüer Wojtek) und „trendforum vermögensmanagement“ (portfolio Verlagsgesellschaft). Fairerweise könnte man zusätzlich auf das von Frankfurt aus organisierte Düsseldorfer Event „Deutscher Vermögensverwaltertag“ (VuV – Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland e.V.) verweisen, das auch im November stattfindet. Welche interessanten Themen werden beispielsweise in Frankfurt engagiert diskutiert? Was sind interessante Stichworte für die Dialogpartner?

Niedrigzinsphase

Anlagennotstand – ob explizit im Veranstaltungsprogramm genannt oder durch Vortrag und Diskussion zu erwarten: Unter diesen Stichworten kann man viele der Veranstaltungselemente zusammenfassen, die sich mit dem Bereich Kapitalanlage und Produkte beschäftigen. Ob institutionelle bzw. semi-institutionelle Anleger oder Privatanleger – Lösungen sind gesucht. Prozyklik versus Risikomanagement – Flucht aus Anleihen in risikoreiche Investments? Wird jetzt die nächste Grundlage für eine Finanzblase gelegt oder ergibt sich eine konstruktive, Know-how-basierte Anpassung im Investmentverhalten der Investoren?

Family Offices und Vermögensverwalter

Nicht nur diesen Herbst werden diese Zielgruppen stark umworben von der Produktanbieterseite. Interessant erscheint, dass auch Family Offices – vergessen wird oft der „pseudo-wissenschaftliche“ Gebrauch der Definition von Family Office – verstärkt eigene Produkte promoten möchten. Wenn der Kunde damit gut gefahren ist in der Vergangenheit und Transparenz für eigene Kunden bezüglich möglicher Interessenkonflikte besteht, erscheint das Anliegen als legitim. Solange es noch vielfältige Formen und Zwischenformen von Family Offices gibt und nicht Klarheit über Begrifflichkeiten herrschen, bleibt der fließende Übergang zwischen Vermögensverwaltung und Beratung, Controlling, Reporting ein interessantes Diskussionsfeld. Family Offices bieten Vermögensverwaltung an, Vermögensverwalter bieten Family Office-Dienstleistung an – mögen die zielgruppengerechten Lösungen im Wettbewerb als Entdeckungsverfahren (F. A. von Hayek) aufgedeckt werden. Unberührt davon werden neutrale, ebenso unabhängige, Family Offices „ohne“ Produkte Ihre Kunden weiterhin betreuen.

Stiftungen

Anlagenotstand und Produktlösungen bewegen Stiftungsentscheider. Eine Relativierung mag erlaubt sein: Vielleicht gibt es keinen Mangel an Produktangeboten, sondern vielleicht einen Mangel an Zeit und Know-how bei einigen Stiftungen? Due Diligence braucht Zeit. Stiftungsgröße und Volumen im Anlagebereich können einen Engpass bilden bezüglich Personalausstattung für die die Prüfung der vielfältigen Angebote im Markt. Die Finanzbranche überschätzt sich vielleicht oder aber sie hat dazugelernt: Die Welt besteht nicht nur aus Kapitalanlage für Stiftungsentscheider. Mission Investing – der fließende Übergang zwischen Erfüllung des Stiftungszwecks, Fundraising und Nachhaltigkeit im ganzheitlichen Sinne der Stiftungsaufstellung sind ebenso Punkte, die intensiv diskutiert werden auf Frankfurter Veranstaltungen. Ein positiver Trend: Stiftungen werden nach und nach entdecken, welche Produktanbieter nicht nur kurze Absatzinteressen verfolgen, sondern eine längerfristige Partnerschaft unter Zugrundelegung eines wettbewerbsfähigen Produktangebots haben.

Regulierung

AIFM, MIFID, KAGB und diverse andere Kürzel der weiten Welt der Regulierung werden in Frankfurt bei vielen Events Diskussionsraum besitzen. Viele der KVGen wie Universal-Investment, Hansainvest, Ampega und andere namhafte Adressen besitzen einen hohen Bekanntheitsgrad bei unabhängigen Vermögensverwaltern, Family Offices und Stiftungen. Für unabhängige Vermögensverwalter können Beratungshaftungsfragen im Vordergrund stehen. Fondsadvisory, Fondsmanagement und Club Deals (z. B. Immobilien) sind Diskussionsthemen, die auf Resonanz stoßen bei allen drei Zielgruppen. Der VuV und auch viele Kanzleien in Frankfurt besitzen hier einen Expertise-Vorteil aufgrund der „Regulierungsdynamik“ (Auslegung etc.) in diesen Feldern.

Unabhängigkeit und Vertrauen

Natürlich wird es immer auch die konzerngebundene Welt der Produktanbieter geben. Banken und Kapitalanlagegesellschaften der verschiedensten Größen bieten anerkannte Lösungen für die angesprochenen Zielgruppen an. Diese Anbieterklasse wird in Teilen durch die Veranstaltungen angesprochen. Die nicht konzern-gebundenen, unabhängigen Produktanbieter stehen aber eindeutig im Vordergrund des „Frankfurter Herbst“. Der Autor dieser Zeilen hat im Rahmen vom „1. Fondsboutiquen-Panel“ eine eigene Befragung dieser Investorengruppe durchgeführt (neben Dachfondsmanagement, Family Office und Private Banking) – interessanterweise kaufen Unabhängige oft gerne Unabhängige. Eine eindeutige Interpretation sei hier zurückgestellt – neben dem Element Leistung kann auch das Element Vertrauen in den Bereichen Spezialisierung und Langfristdenke eine Rolle spielen. Eine wettbewerbsfähige Performance wird hier natürlich vorausgesetzt.

Fazit

Frankfurt ist ein exzellenter Standort für den fachlichen Gedankenaustausch auf hohem Niveau. Nationale und internationale Anbieter und Investoren treffen hier aufeinander. Die Vernetzung verschiedener Anbieter und Zielgruppen nimmt zu – Produktverpackungen, Assetklassen und Kundensegmente verlieren ihre Trennschärfe in der Diskussion. Die Bankenkrise hat zu kontroversen Diskussionen geführt, jedoch entwickelt sich vielleicht neben der etablierten Produkt- und Event-Ebene eine zweite, „ganzheitliche“ Ebene in der Diskussionskultur – das Auflösen der starren Zielgruppen-Philosophie auf der Anbieterseite: Vielleicht vom „Wem kann ich mein Produkt verkaufen?“ hin zu „Mit wem möchte ich langfristig eine gute Geschäftsbeziehung aufbauen?“. Etablierte Industrie und die „Unabhängigen“ würden Standortmarketing auf nachhaltige Weise betreiben!


Quelle: www.institutional-investment.de
Foto: www.pixabay.com

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