Kommentar: Fondsboutiquen und Unternehmertum – Erfolgsrezept versus „Starrsinn“

„Ich weiss nur, dass es anders werden muss, damit es besser wird“ (Thorsten Schröter). Wandel ist Bestandteil und Motor auch in der Asset Management-Industrie. Man sollte meinen, dass im Bereich der eigentümergeführten Vermögensverwalter mit eigenen Fonds (Fondsboutiquen) diese Philosophie mit Dynamik gelebt wird. „Hidden Champions“, „Vermögensverwaltende Ansätze“ und die Vorteile der Spezialisierung werden in diesem Zusammenhang oft angeführt.

Richtig ist, dass es viele exzellente Vermögensverwalter gibt, die im Private-Label-Fonds-Bereich aktiv sind. Vermisst wird in der Diskussion häufig der Aspekt, dass es auch eine große Anzahl von mittelmäßigen bis „unterdurchschnittlich guten“ Managern gibt. In der Wahrnehmung bei Privatkunden und Institutionellen spielen diese Adressen eine untergeordnete Rolle.

Geschäftszyklus und Fondsauflage

Viele klassische Vermögensverwalter durchlaufen oft die Stationen von Einzelwertpapierberatung zur sogenannten standardisierten Vermögensverwaltung. Oft schließt sich gleichzeitig oder kurz darauf folgend die Fondsvermögensverwaltung, der eigene Fonds bzw. der Dachfonds an. Viele Vermögensverwalter haben diese Stufen, unabhängig von der Reihenfolge, durchlaufen. Viele Kapitalanlagegesellschaften wie Universal-Investment, IP Concept, AmpegaGerling und andere haben in der Vergangenheit mit diesem Kundensegment Fonds aufgelegt oder legen diese derzeit auf. Sonderfaktoren wie der Fondsauflage-„Hype“ durch die Einführung der Abgeltungssteuer spielten auch eine Rolle in diesem Geschäftszyklus und haben zusätzlich dazu beigetragen, dass viele Vermögensverwalter heute Fonds betreuen, die diese und ihre Kunden nicht nachhaltig erfreuen.

Stärke kann zu Schwäche werden

Interessant erscheint die Betrachtung einiger Aspekte, die gerade im Bereich der eigentümergeführten Vermögensverwalter bzw. bei Fondsboutiquen allgemein dazu führen könnten, dass sich Misserfolge bei der Fondsauflage ergeben. Ein Grund dafür könnte u.a. sein, dass Fonds von Verwaltern betreut werden, die zwischen zum Beispiel 2-8 Mio. Euro Fondsvolumen liegen. Eine weitere triviale Erklärung kann sein, dass der Vermögensverwalter sich aus rein opportunistischen Gründen (Markzyklus, Aktualität, Verdienstpotential) für die Fondsauflage entschieden hat. Ein anderer Grund kann einfach sein, dass sich die Fondsauflage aus rein administrativen Sachzwängen (effiziente Betreuung von hoher Kundenanzahl) ergeben hat.

Weniger diskutiert wird ein Phänomen bei eigentümergeführten Unternehmen, das ungewollt den einen oder anderen Vermögensverwalter in die Sackgasse (kein überzeugen- der Fonds, schlechte PR durch Transparenz bei Fonds) geführt haben könnte: Konventioneller „Starrsinn“ und Beratungsresistenz. Mit der gleichen Hartnäckigkeit und Ausdauer, mit der man sich seine Existenz in einem hart umkämpften Marktumfeld erobert hat, verfolgt man sein Ziel bei der einmal getroffenen Entscheidung zur Fondsauflage. Kein Zurücktreten, keine Betrachtung aus einer Meta-Perspektive, keine Revision der einmal getroffenen Entscheidung – Faktoren wie Selbstüberschätzung (Portfolio-Management) oder auch die Angst vor Gesichtsverlust können eine Rolle spielen.

Die Kirche bleibt im Dorf

Thematik ist hier nicht ein unreflektiertes „Vermögensverwalter-Bashing“. Die oben beschriebenen Phänomene von unzureichenden Leistungen in der Vermögensverwaltung/Kundenberatung finden sich auf Direktmandatsebene ebenso wie auch auf Fondsebene, als Phänomen genauso im Bereich von Privatbanken, Family Offices, Consultants und konzerngebundenen Asset Managern. Stichwort: Das nicht ganz unumstrittene Gesetz der Normalverteilung. Oder: Es gibt immer nur eine bestimmte Anzahl von Spitzenleistungen. Vergessen wird oft, dass auch konzerngebundene Organisationen mit großem Vertriebsnetz durch wenig-prächtige Produkte nicht auf ewig große Fixkostenapparate finanzieren können. Transparenz und Regulierung werden mittel- bis langfristig einen starken, marktbereinigenden Druck weiter ausbauen.

Ausblick

Die Frage, die sich die Industrie (KAGen, BVI, VuV etc.) vor dem Hintergrund zunehmender Regulierungsdichte im Bereich Vermögensverwaltung und Fondsauflage stellen könnte: Was kann man tun, dass es nicht durch Regulierung und Marktdruck zu einer nachhaltigen Schwächung der Position der unabhängigen Vermögensverwalter als ein wertvoller Teil der Beratungskultur kommt?

Fondspooling, Kooperationen, PR – dies sind alles Versuche, dem seit vielen Jahren angeschlagenen Patienten zu helfen; schade wäre es, wenn man nur auf die Macht des Faktischen („Fondssterben“) setzen würde. Ob es eine endgültige Lösung für das Thema gibt, sollte Teil eines Suchprozesses für die ganze Industrie sein: Welchen Mehrwert kann ein unabhängiger Vermögensverwalter bieten, der möglichweise einen „durchschnittlichen Fonds“ managed? Allein die Tatsache, dass sehr viele dieser Manager lange am Markt existieren, könnte vielleicht ein Indiz dafür sein, dass der Unabhängige auch ohne großen Vertriebsapparat dem Kunden einen Mehrwert bietet!


Quelle: www.institutional-investment.de
Foto: www.pixabay.de

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