Kommentar: Family Offices und Fondsboutiquen – ESG, Kryptowährung und die Rolle von Kapitalverwaltungsgesellschaften als Inkubatoren (Markus Hill)

„Alles Gescheite ist schon gedacht worden, man muss nur versuchen, es noch einmal zu denken“ (Johann Wolfgang von Goethe). Wie in vielen anderen Branchen wird auch in der Fondsindustrie angeblich auch nur mit Wasser gekocht.

Verfolgt man den derzeitig intensiven Kampf um die Deutungshoheit von Begriffsdefinitionen bei Themengebieten wie ESG, SRI und Impact Investing, so kann man zu einem interessanten Urteil kommen: Wie beim Thema Kryptowährung (Libra & Facebook) erscheinen dieser als ein fruchtbarer Auftakt zum „Wettbewerb als Entdeckungsverfahren“ (Friedrich August von Hayek). Solange durch die Regulierung noch nicht alle Aspekte in Stein gemeißelt sind, können sich noch sehr interessante Aspekte in der offenen Diskussion entwickeln. Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang Family Offices, Fondsboutiquen und Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen)? Wie ist die Rolle von Verbänden zu beurteilen?

ESG – Mittelstand und Langfristdenke

Ohne an dieser Stelle eine umfängliche Diskussion um Begrifflichkeiten zu starten: Nachhaltigkeitsdenke korrespondiert sehr stark mit der Denkweise von Mittelstand, Family Office und Fondsboutiquen. Eigentümergeführte Strukturen wie die genannten sind ein wichtiger Faktor für eine Volkswirtschaft – Stichworte: Offenheit gegenüber Wettbewerb, Flexibilität, Schnelligkeit. ESG, SRI, SDG und Impact Investing – auf Produktauswahl und Produktangebotsseite (unabhängige Asset Manager, Eigenprodukte bei Family Offices) möchten alle „Mittelständler“ langfristig überleben, ohne Druck von Quartalsberichterstattung und üblicher Hektik. Die Voraussetzung, als inhaltlich „Getriebene“ in diesem Themenfeld einen konstruktiven Wettbewerb der Ideen zu betreiben, erscheint als geradezu ideal.

Krypowährung – Innovation und Transparenz

Fintech, Blockchain, Künstliche Intelligenz und die Thematik Kryptowährung – hier diskutiert gerade viel Industrie mit Industrie oder Industrie mit Presse. Eine ganz andere Sache ist es, ob diese Diskussion am Schluss wirklich intensiv auf der Investorenseite (!) wahrgenommen wird – häufig auch Kritikpunkt von Produktanbietern bezüglich der Medienreichweite, nicht nur bei komplexen Themen. Zu bedenken ist, dass viele Player in der „Digitalindustrie“ als überdurchschnittlich aktiv im Bereich Social Media erscheinen, der Bedeutung der Themen dort müssen nicht korrelieren mit der realen Bedeutung für die Investorenseite. Information Overflow, Ökonomie der Aufmerksamkeit, oder in diesem Falle einfach der Komplexitätsgrad dieser Themen können hier eine Rolle spielen.

Der positive Aspekt dieses Phänomens besteht Umständen darin, wie auch bei Nachhaltigkeitshemen, dass hier die Industrie dem Aspekt „Investor-Education“ schon fast vorbildlich gerecht wird. Fachliche Information kann als auf Investorenseite als „Holschuld“ betrachtet werden, kann aber auch konstruktiv durch hochwertige Inhalte von Anbietern, Presse und Multiplikatoren (Consultants, Verbände, KVGen etc.) durch den Aspekt der „Bringschuld“ ergänzt werden. ergänzt werden. Volkswirtschaftlich gesehen ein willkommener Treiber hinsichtlich Diffusion von Wissen auf gesamtgesellschaftlicher Ebene!

Kapitalverwaltungsgesellschaften und Verbände

Verbände wie BVI (Deutschland), ALFI (Luxemburg), LFAV (Liechtenstein), aber auch Verbände wie der VuV (Verband unabhängiger Vermögensverwalter) in Frankfurt begleiten das Thema Nachhaltigkeit intensiv als etablierte Multiplikatoren. Kapitalverwaltungsgesellschaften wie Universal-Investment, Ampega, Hansainvest, LRI Group etc. erfüllen auch hier eine wertvolle Funktion. Man kann Sie als „Wissens-Hub“ im Bereich unabhängiger Investmentexpertise betrachten. Viele Fondsinitiatoren in diesem Segment betreuen interessante Fondskonzepte. Jeder Investor kann hier bei der Suche nach Investmentideen fündig werden. Vielleicht werden die KVGen neben der Funktion als Produktanbieter und Multiplikator in Zukunft auch einmal stärker im Bereich des Seedings von Fondskonzepten aktiver. Hier könnte sich in den nächsten Jahren etwas Neues ergeben. Family Offices und andere unabhängige Vermögensverwalter sind bei den oben genannten Themen schon sehr kreativ und aktiv, nach dem Motto: Wir brauchen keinen Wettbewerb der Lobbyisten, sondern einen Wettbewerb der Ideen. (Helmut Glaßl).


Quelle: www.institutional-investment.de
Foto: www.pixabay.de

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