Kommentar: Der Einsatz von Publikumsfonds als „Türöffner“ bei institutionellen Investoren

O-Ton vor einigen Jahren: „IFRS im Vormarsch”, „Tod des Spezialfonds”, „Publikumsfonds werden auch bei Institutionellen populärer” – gegenwärtig zeichnen sich zumindest auf der Medienseite eine breite Akzeptanz für dieses Produkthülle ab, auch bei den Institutionellen hat sich dieser Trend durchgesetzt.

Begonnen hat die verstärkte Diskussion auch vor dem Hintergrund der damaligen Diskussion der Investmentrichtlinie. Schon in den Jahren 2003, 2004 und 2005 hatten sich verschiedene Beratungsgesellschaften im Rahmen der damals anstehenden Investmentrichtlinie in Studien mit einzelnen Punkten dieser Thematik beschäftigt. Verschiedene aktuelle Studien, Publikationen und auch die ETF-Popularität unterstreichen diese Tendenz. Ist der Spezialfonds ein Auslaufmodell? Um die Antwort vorweg zu nehmen: Natürlich wird der Spezialfonds als eine zielgruppenspezifische Problemlösung weiterhin Bestand haben. Ein Grund: Viele Kunden wollen Entscheidungen mit beeinflussen, verantwortliche Portfoliomanager in „greifbarer Nähe” haben. Auch die Entwicklung im Bereich der Master KAG-Lösung bestätigt diesen Sachverhalt.

Ein Produkt – zwei „Vertriebskulturen“?

In der Vergangenheit hat es eine strenge Trennung zwischen dem sogenannten Retail- und dem Institutional-Kunden gegeben. Dazwischen lag und liegt noch der Semi-Institutionelle Bereich, z.B. die Betreuung von “Wiederverkäufern” wie der Bereich Vermögensverwaltung bei Banken. Die Trennlinie der Bereiche konnte man am Produkt Spezialfonds festmachen: ein maßgeschneidertes Produkt und eine hochprofessionelle, intensive Kundenbetreuung, Bilanz- und Steuerthemen, wie auch die bekannte Anlageausschusssitzung waren eindeutig diesem Bereich zuzuordnen. Der Publikumsfonds hat in diesem Zusammenhang oft ein stiefmütterliches Dasein geführt – Randprodukt, Überbleibsel, die Vorstufe zum eigentlichen institutionellen Geschäft. „Nun wächst zusammen, was zusammen gehört”.

Seit Jahren beobachtet man verstärkt, dass beide Produktgattungen adäquate Problemlösungen für Institutionelle Kunden darstellen. Zum einen ergeben sich durch Investmentrichtlinien interessante Ansatzpunkte für die Optimierung der Asset Allokation, zum anderen stehen die sogenannten IFRS (Rechnungslegungsvorschriften) bei bestimmten Kunden im Fokus. Ohne Detaildiskussion an dieser Stelle: Durch den möglichen Zwang zum Ausweis aller Einzelpositionen eines Spezialfonds in der Bilanz relativieren sich einige bisherige Vorteile, wie zum Beispiel die Möglichkeit zur Bildung stiller Reserven. Ein Grund, der die Attraktivität des Publikumsfonds seit vielen Jahren steigert. Im angelsächsischen Bereich ist der deutsche Spezialfonds „quasi“ unbekannt. Publikumsfonds (I-Shares) machen einen bedeutenden Anteil von institutionellen Anlagen aus.

Wo liegen die Vorteile von Publikumsfonds? Ohne an dieser Stelle auch die oft angeführten Nachteile von Publikumsfonds (Kostenstruktur, „Massenprodukt versus Speziallösung“ etc.) zu diskutieren, kann man sagen, dass der Publikumsfonds nun auch im institutionellen Bereich ein Erfolgsmodell ist. Vor einigen Jahren waren etablierte Consultant diesbezüglich eher skeptisch, nun hat mein sozusagen seinen Frieden mit dieser Produkthülle gemacht. Der Investor schätzt das Produkt, auch der Trend im ETF- und UCITS-Bereich („Hedgefonds light“, Newcits) brachte Rückenwind. Mögliche Entwicklungslinien (Auswahl): Marketing- Mix bei Produktanbietern, Produktpolitik. Anbieter stehen unter dem Druck, „maßgeschneiderte“ Publikumsfonds zeitnah für die entsprechenden Zielgruppen aufzulegen. Viele der großen inländischen Asset Manager bieten zum Beispiel spezielle Publikumsfonds für Depot-A-Manager bei Volks- und Raiffeisenbanken an. Kommunikationspolitik Die Anbieter müssen klar kommunizieren, bei welcher Zielgruppe unter Umständen die Publikumsfondslösung der Spezialfondslösung vorzuziehen ist. Beispiel: Bei Versorgungswerken kann der Kauf von verschiedenen Publikumsfonds unter Asset-Allokation-Gesichtspunkten unter Umständen der Spezialfondslösung vorzuziehen sein.

Oft wird hier der Publikumsfonds für kleinere Volumina oder zu Testzwecken eingesetzt. Aufgrund der Transparenz kann man von der Aushängeschild-Funktion des Publikumsfonds für den Vertrieb sprechen. Gerade Fondsadvisor und Vermögensverwalter, die eine Vielzahl von Private Label Fonds bei Alceda, LBB Invest, Universal Investment und anderen Kapitalanalagegesellschaften auflegen, profitieren von dieser Marketingfunktion. Die aktuelle Zusammenarbeit des Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland e.V. (VuV) mit der Firma Fondsweb (Stichwort: Fondstransparenz bei Publikumsfonds) unterstreicht diese Entwicklung.

Intelligenter Marketing-Mix ist gefragt

Wie zu oben bereits angedeutet: Spezialfondsvertrieb und Publikumsfondsvertrieb arbeiten seit Jahren verstärkt zusammen, früher waren hier noch Tendenzen zur Abgrenzung wahrnehmbar. Schon heute wird der Publikumsfondsvertreter oft bei Gesprächen bei Depot A (Volksbanken) bzw. Pensionskassen hinzugezogen. Aufgrund der Transparenz im Sinne von Öffentlichkeit wird Wettbewerbs- Know-how immer wichtiger: Was genau unterscheidet mein Produkt vom Mitbewerber? Im Publikumsfondsbereich ist diese Vorgehensweise bei Dachfondsmanagern altbekannt. Die weichen Faktoren treten hier stärker in den Hintergrund. Nicht der Kunde verlangt eine maßgeschneiderte Lösung, sondern der Anbieter muss sich dem harten Wettbewerb aufgrund der oben angeführten Publizität stellen. Preispolitik Die Gebührenstaffelungen müssen optimiert werden. Langfristig gesehen wird der Kunde bei gleichem Volumen für Publikumsfonds nicht mehr bezahlen wollen als für Spezialfonds. Vielleicht hat das auch die Konsequenz, dass hierdurch Druck auf die Höhe von Management Fees von Publikumsfonds für Privatkunden entsteht. Mittlerweile haben die Investoren in diesem Bereich eine starke Verhandlungsmacht erlangt.

Fondsbranche – Spannungsfeld zwischen Opportunismus und soliden Trends

Alter Wein in neuen Schläuchen – ähnlich wie man den vieldiskutierten Begriff Absolute-Return unter anderem mit dem altmodischen Begriff Kapitalerhalt in Zusammenhang bringen kann, sind Publikumsfonds seit jeher eine Produktgattung für Institutionelle gewesen. Eine Tendenzaussage lässt sich machen: Der Publikumsfonds hat unbestritten an Bedeutung gewonnen, durch die langjährigen Diskussionen können sich neue Lösungen für den Kunden ergeben. Für die Anbieter bieten optimierte Publikumsfondslösungen einen Ansatz für Neugeschäft. Vergessen wird oft, dass gerade kommunikationsintensive, angeblich trendgetriebene Themen wie zum Beispiel Nachhaltigkeit / SRI über dieses Instrument leichter vermarktet werden können. Beispiel: SICAV-Strukturen im Photovoltaik-Bereich, Klimaeffizienz, Mikrokredite etc.. Anbieter wie Sarasin oder Swisscanto und SAM beschreiten diesen Weg seit Jahren. Mode kann man dies wohl kaum nennen – dicke Bretter werden kontinuierlich gebohrt. Die ersten Erfolge lassen nicht auf sich warten.

Unter anderem für Zielgruppen, die wegen der Anlagevolumina von Spezialfonds nicht angesprochen werden, bietet der Publikumsfonds eine vielversprechende Alternative. Gerade „kleine“ Vermögensverwalter, Fondsboutiquen und Family Offices wird der Markteintritt im klassischen institutionellen Kundensegment erleichtert. Dies unterstreicht die generelle Linie bei der Produktkonzeption von Publikumsfonds und einen soliden Trend in der Branche: Unterschiedliche Anteilsklassen, Benchmarkkonzeption, Reporting-Qualität – „Konvergenz statt Konfrontation“- und das seit Jahren!


Quelle: www.institutional-investment.de
Foto: www.pixabay.com

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